53. Biennale Arte Venedig 2009 (10) – Haegue Yang: Transparenz und Intimität
Von Erhard Metz
Gleich zweimal begegnen wir Haegue Yang auf der diesjährigen Biennale in Venedig – wir kennen die Künstlerin von ihrer Ausstellung im Frankfurter Portikus: Sie repräsentiert ihr Land Korea in dessen nationalem Pavillon in den Giardini Pubblici. Ausserdem zeigt sie weitere Arbeiten in einer eigenen Ausstellung in den Arsenale.
Der nationale Pavillon Koreas in den Giardini Pubblici
Haegue Yang – in Deutschland tritt sie auch unter dem Namen Heike Jung auf – wurde 1971 in Seoul als Tochter einer Schriftstellerin und eines Journalisten geboren. Sie studierte an der Seoul National University, Fine Arts College, und schloss 1999 ihre künstlerische Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste – Städelschule – in Frankfurt am Main als Meisterschülerin bei Professor Georg Herold ab. Haegue Yang lebt und arbeitet in Seoul und in Berlin.
Die Konzeptkünstlerin bewegt sich zwischen zwei Welten: zwischen der asiatischen und der europäischen, zwischen Korea und Deutschland. Am liebsten jedoch ist sie rund um den Globus unterwegs. Ihre zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen führten sie in fast alle Erdteile. Im vergangenen Jahr zeigte sie Arbeiten ausser in Frankfurt am Main und in Hamburg in Bilbao, London und Los Angeles. Neben der Biennale Venedig steht in diesem Jahr das Walker Art Center in Minneapolis / Minnesota auf dem Plan. Für 2010 bereitet sie Ausstellungen in Seoul, Singapur und Wien vor.
Transparenz und Intimität, Öffentlichkeit und Privatheit: Lamellen im koreanischen Pavillon
Mitteilung, Wahrnehmung, Kommunikationsstrukturen: Installation im koreanischen Pavillon
Haegue Yang befasst sich mit den Unterschieden in den Kulturen, mit der Sprache und dem Verstehen der Menschen untereinander, mit sichtbaren und unsichtbaren Räumen, den Themen Privatheit und Öffentlichkeit, mit den Gegenständen des Alltagslebens, mit Klassifizierungen und Systemen, mit Standardisierung und Massenproduktion. Sie untersucht, wie Aussagen von deren Empfängern vor dem Hintergrund unterschiedlicher kultureller und individueller Sozialisation empfunden und verstanden, vor allem auch missverstanden werden. Ähnlich wie seinerzeit Marcel Duchamp löst Yang industriell gefertigte, banale Gegenstände aus ihrem funktionalen Zusammenhang heraus und verbringt sie in einem transformationsähnlichen Prozess in einen institutionellen Kunstraum.
Elektrokabel und Glühbirnen, Kleiderständer, Gestricktes, Küchen- und Alltagsgegenstände, und immer wieder Jalousien: Haegue Yangs Installationsobjekte in den Arsenale
Wir fühlen diesen eigenartigen Zustand zwischen dem Innen und dem Aussen, zwischen räumlicher Geborgenheit und voyeuristischem Durchblick, wenn wir uns in der Lamellenlandschaft der Künstlerin bewegen. Wir folgen den Kabeln ihrer Installationen, die Glühbirne um Glühbirne zum Leuchten bringen, erfahren den bislang nicht wahrgenommenen Formenreichtum mancher Küchengerätschaften, streichen, wenn kein Aufseher hinschaut, mit der Hand über das bunt Gestrickte, empfinden angenehm den kühlenden Luftstrom der Ventilatoren. Und wir werden uns erst spät gewiss, wieviel an Zeit wir mit Haegue Yang verbracht haben.
(Installationen © Haegue Yang; Fotos: Erhard Metz)
→ 53. Biennale Arte Venedig 2009 (11) – Hans-Peter Feldmann und Nathalie Djurberg