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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

53. Biennale Arte Venedig 2009 (5) – Die Komoren und Monsieur Pinault

Von Erhard Metz

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Einen nationalen Pavillon zur Biennale hat sie nicht: die Union der Komoren im Indischen Ozean. Kein Wunder bei einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von gut 800 US-Dollar (Deutschland rund 45.000). Und dennoch ist der föderale Inselstaat bei all seiner Armut zum ersten Mal bei einer Biennale in Venedig vertreten.

Kuratiert von Wahidat Hassane verankerten der italienische Künstler Paolo W. Tamburella und fünf komorische Dockarbeiter am Ufer der Bacino di San Marco, am Eingang zu dem Pavillon-Park der Giardini Pubblici, ein im Hafen der Komoren-Hauptstadt Moroni verlassenes Djahazi-Boot. Beladen ist es mit einem braun angestrichenen Container. Dieser trägt zu beiden Seiten die Aufschrift „CAPITAL FORWARDING SOLUTIONS“.

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Das erbärmliche Boot – einst tatsächlich zum Transport von Lasten bis hin zu Containern im Hafen von Moroni eingesetzt – dümpelt im an dieser Stelle brackigen, veralgten Uferwasser, umgeben von manchem Plastikunrat. Am Kai wurde ein Lattengerüst aus rohem Holz installiert, zur Lagunenseite hin geneigt. Es signalisiert Abwehr.

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Der 1973 in Rom geborene Paolo W. Tamburella lebt und arbeitet dortselbst und in New York. Er befasst sich mit Fragen der Globalisierung und postkolonialer Verhältnisse. Tamburella wurde für seine weltweit gezeigten Installationen bekannt. Wahidat Hassane versieht das Amt des Direktors für Kultur, Jugend und Sport in der Union der Komoren.

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Szenenwechsel:

Schräg über den Bacino di San Marco hinweg, durchaus noch in Sichtweite zum Djahazi-Boot, vor der mächtigen Kulisse der Votivkirche Santa Maria della Salute die blendend weisse Fassade der Punta della Dogana. Der französische Luxusmarken-Unternehmer, Kunstsammler und Milliardär François Pinault liess jüngst das ehemalige venezianische Zolllager zu seinem zweiten Privatmuseum (neben dem ebenfalls am Canal Grande gelegenen, 2006 renoviert eröffneten Palazzo Grassi) ausbauen, eigene Yacht-Ankerplätze inklusive. Rund 20 Millionen Euro liess er sich den neuen „Palazzo Prozzo“ (Silke Müller, stern 25/2009) kosten. Was Pinault an weltweit Teuerstem erwarb und beherbergt, übersteigt den Geldwert der Baumassnahmen um ein Vielfaches: Andy Warhol und Mark Rothko, Maurizio Cattelan und Takashi Murakami, Jeff Koons und Damien Hirst, um nur einige Namen zu nennen.

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Standesgemässe Wasserfahrzeuge, wenn auch der bescheideneren Art gegenüber dem, was man sonst so alles in Venedig ankern sehen kann: zu Besuch bei François Pinault. Oder sind es lediglich seine Wassertaxen, mit denen er seine Freunde abholen lässt?

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Ach ja, CAPITAL FORWARDING SOLUTIONS.

(Fotos: Erhard Metz)

→ 53. Biennale Arte Venedig 2009 (6) – Aleksandra Mir bringt “Venezia” in die ganze Welt

 

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