home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Auf- und Umbruch im Frankfurter MMK

abraeumen1

Ramma damma – für Nicht-Bayern: Räumen tun wir …

Von Erhard Metz

Nein, das sagte Susanne Gaensheimer, in München geborene, vom Münchner Lenbachhaus kommende neue Direktorin des Frankfurter Museums für Moderne Kunst MMK nicht bei ihrer Präsentation des Jahresprogramms 2009. Aber es ist schon schweres Gerät im Einsatz, wie die Abbildung unzweifelhaft erkennen lässt. Und Neues steht wahrlich auf dem Tapet im Chefinnenzimmer an der hiesigen Domstrasse.

Vorbei ist es mit den spektakulären Ausstellungs-Events eines Udo Kittelmann. Oft räumte er schon mal das Haus zur Hälfte oder zu Dreivierteln und zwei Mal sogar in toto für Solcherlei – das brachte auf nationaler wie internationaler Ebene durchaus Glanz und Gloria, verschreckte aber manchen Heimischen und wohl die heimische Kulturpolitik am Main, aus welchen Gründen auch immer. Ein Museum kann keine Ausstellungshalle sein, sicher – aber kaum ein Museum kann heutzutage auf Ausstellungsevents gänzlich verzichten – auch das Städel Museum folgt diesem Trend und bietet mehrmals jährlich Spektakuläres.

Im MMK soll es künftig ohne Kesselpauke und Wagnertuba und gänzlich anders zugehen als bisher: Susanne Gaensheimer will sich – so verkündete sie in ihrer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag – auf das Haus konzentrieren, also auf dessen Sammlung. Diese ist wirklich von Rang und Qualität, nur wissen das offenkundig viel zu wenige des Event-verwöhnten Publikums, denn der Prophet gilt ja bekanntlich wenig im eigenen Land. Allzu oft waren die Schätze des Hauses sozusagen im Magazin-Gefängnis eingesperrt. Das soll sich ändern. Ob dieses Konzept auf Dauer trägt und welche Auswirkungen es auf die bisherige europa- und weltweite Position des MMK hat, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen.

mmk-pressekonferenz

Andreas Bee, Sophie von Olfers, Susanne Gaensheimer, Klaus Görner und Mario Kramer (v.l.)

Und wieder fragen wir, wer kennt schon diese Zahl: 4.358 Werke – so sagte Gaensheimer – beherberge das MMK: deutsche und internationale Kunst beginnend etwa mit den sechziger Jahren. Kein anderes Museum dieses Genres in Deutschland könne einen derart gehaltvollen Bestand vorweisen. Namentlich gilt dies für die Kunst der achtziger und neunziger Jahre. Gaensheimer zollte dabei ihren Vorgängern Jean-Christophe Ammann und Udo Kittelmann, die diese Sammlung auf der Basis der ehemaligen Sammlung Ströher aufgebaut haben, allen Respekt.

„Lebendig und diskursiv“ soll sie gehalten werden: sie zu präsentieren, zu ergänzen und zu erweitern, mit Neuankäufen und Neuproduktionen zu aktualisieren lautet die Devise. Dabei soll die Präsentation der Sammlung mit Ausstellungen solcher Arbeiten verbunden werden, die dort  – noch – nicht vertreten sind: Angesichts lediglich symbolisch dotierter Ankaufetats sollen unter dem Motto „Visionen“ zahlungskräftige Förderer gewonnen werden, um die Objekte solcher Sehnsucht erwerben zu können.

Für das laufende Jahr hat das Leitungsteam des MMK zwei Sammlungspräsentationen vorgesehen: zunächst Werke der Pop art und des Minimalismus der sechziger und siebziger Jahre, gefolgt von auf diesen Strömungen fussenden Arbeiten der achtziger und neunziger Jahre. Und in der zweiten Jahreshälfte soll der Fokus auf die Konzeptkunst sowie auf die sogenannte Post-pop art gerichtet werden.

Besondere Ausstellungen sind in diesem Jahr mit Sarah Morris (Mai), Jack Goldstein (September) und Peter Roehr (erst im November) vorgesehen, letztere in Kooperation mit dem Städel Museum.

mmk-pressekonferenz-2

Auch die Bienen werden wieder das MMK bevölkern – genauer gesagt dessen Dach: Im Rahmen der Installation „Stadtimkerei“ von Andreas Wolf und Florian Haas werden etwa 650.000 dieser liebenswerten Tierchen von diesem luftigen Produktionsstandort ausschwärmen und dabei nicht nur an den legendären gestempelten und handsignierten Blecheimer „Gib mir Honig“ von Joseph Beuys erinnern, sondern veritablen Honig sammeln, den man auch richtig kaufen und essen kann.

Und ein sehr vielversprechendes Projekt: „DOUBLE – 40 Jahre Kabinett für aktuelle Kunst Bremerhaven“. Jeder Besucher des MMK kennt diesen Raum – Gregor Schneider richtete ihn einst als Kopie des Bremerhavener Originals im MMK ein. In Kooperation mit Schneider und Moritz Wesseler wird das Haus ab März 2009 analog der Ausstellungsreihe in Bremerhaven in diesem Raum neun ausgewählte Arbeiten präsentieren.

Nicht zu vergessen schliesslich die Dependance MMK-Zollamt: In erstmaliger Zusammenarbeit mit dem „Haus am Dom“ – dem katholischen Kultur- und Begegnungszentrum des Bistums Limburg – eröffnet das MMK am 19. Februar 2009 die Ausstellung „ANGEL DUST – Bogumir Ecker, Mark Wallinger und ein unbekannter Meister“. „FeuilletonFrankfurt“ freut sich darauf, manche seiner Leserinnen und Leser dort zur Eröffnung um 19.30 Uhr anzutreffen.

Aber zuvor schon besteht Gelegenheit zu einem Wiedersehen: Am 3. Februar 2009 öffnet das MMK wieder seine Pforten für das Publikum. Was es dann zu sehen gibt? Nichts. Das heisst, doch: etwas wirklich Spektakuläres und Einzigartiges, die fantastische Architektur des Hauses ohne jegliche Exponate! Gewissermassen den reinst-möglichen „white cube“. Auf dieses Raumerlebnis sind wir gespannt!

(Fotos: Erhard Metz)

     → MMK-Impressionen, 11. Februar 2009

Comments are closed.