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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Good bye, my love – „summermemories“

Monika Müller-Löwenberg zeigt im Frankfurter Künstlerclub Sommerfotos aus Dorset

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„vom airport heathrow bis waterloo station habe ich vier stunden gebraucht. es war anstrengend, auch wenn 10 tage der ruhe vor mir liegen.

ich komme an und fühle, das hast du schon mal gespürt, gerochen, empfunden. es ist nicht das erste mal, dass ich in london und great britain bin. diesmal jedoch ist es wie beim ersten mal. ich bin ganz alleine hier.

mein erstes mal in london. es war umwerfend, aufregend. eine woche mit dem stadtplan und fast nur zu fuss unterwegs.

ich kam zurück aus den usa. nein direkt danach war es nicht. direkt danach war ich mit meinen eltern in israel. sie waren der meinung, dass würde mich ablenken von meinem herz-schmerz. das tat es auch. es war meine schönste, intensivste reise.

als ich aus florida zurück kam, suchte ich mir eine kleine werbeagentur. ich wollte nach meinem abschied – für immer bei slesina – in die neue welt – nicht dort hin zurück. es wäre zu schmerzhaft gewesen befragt zu werden. viele hatten meine große liebe miterlebt, waren bei der hochzeit in der matthäuskirche dabei. (diese soll nun anno 2007 abgerissen werden)

in der frankfurter werbewelt blieb nichts geheim.

eines tages rief der geschäftsführer für creative an und holte mich zurück. mit den entsprechenden perspektiven war eine große agentur einfach reizvoller.“

So beginnt die Geschichte, die Monika Müller-Löwenberg im „Künstlergespräch“ erzählte, das auf die Vernissage ihrer Foto-Ausstellung „summermemories“ folgte. Die Geschichte ist das Leitmotiv der Ausstellung, sie ist ihre Geschichte, Facetten zumindest aus einem bewegten Leben, bedeutsam und wegweisend genug, um erzählt zu werden. Eine Geschichte also, die eng mit den Motiven verflochten ist, die sie im Jahr 2006 in Dorset aufgenommen hat, bei einer Reise in die eigene Vergangenheit, einer Reise zu Wurzeln, auf denen ein Reichtum an Erinnerungen wächst.

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Wir können hier nicht diese Geschichte erzählen, sie müsste viele Seiten füllen. Wir wollen die Bilder sprechen lassen, wir breiten einige wenige von ihnen gleich einem Kaleidoskop visualisierter Erinnerungen aus.

Es fällt auf: Menschen sind nicht abgebildet, schon gar nicht jene, die mit ihrer Präsenz, ihrem Dialog, ja ihrer Körperlichkeit die erzählte Geschichte erfüllen. Aber sie waren einst an jenen fotografisch festgehaltenen Orten, sie haben vielleicht auf dieser, einen sich gabelnden Baum umschliessenden, Rundbank gesessen, sie haben diesen Weg unter dem lauschigen, im leichten Wind raschelnden Laubbogen beschritten. Monika Müller-Löwenberg hat diese kleinen Paradiese, diese kleinen Flecken des Gartens Eden wieder aufgesucht, jetzt allein mit sich, mit ihren Gedanken, ihren Erinnerungen. Vielleicht hat sie sich wieder auf dieser Rundbank niedergelassen, und sie hat uns dieses Wiedersehen in ihrer Fotografie aus Dorset mitgebracht in das Nebbiensche Gartenhaus unter dem hohen Laub des frühaugustlichen Sommers. Wenn wir die Bilder betrachten, so verspüren, ja wissen wir: Sie war dort. Und sie hat diese stillen Orte mit ihren Erinnerungen erweckt und erfüllt.

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Und ein weiteres fällt auf: Die Bilder sind schwarz/weiss. Aber: Wie sollten sie denn, ja könnten sie überhaupt anders sein? Wie sonst hätten wir denn eine Anmutung, gar eine Wahrnehmung von den hunderten lichtdurchfluteten wie verschatteten Grüntönen der Gärten, wenn nicht durch diese Schwarz/weiss-Bilder?

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Sie sind, sie ist durch dieses Portal geschritten, vorbei am Rosenspalier, die Tür öffnet sich auch für uns, mit einer leichten Dynamik der Perspektive nach links scheint sich die Fassade des Kapellchens geradewegs auf uns zuzubewegen, uns entgegenzukommen. Das Portal nimmt uns auf, wir treten ein, es wird kühler.

Der Gartensessel: Überwuchert ist er von lebendigem Grün – wie lange mag es hersein, dass jemand auf ihm Platz genommen hat? Frische Triebe strecken sich durch seine Sitzfläche hindurch hinauf zum Licht. Hier wollte sie wohl nicht Platz nehmen vor zwei Jahren, auf ihrer Reise durch Dorset. Und doch fordert der Sessel zum Innehalten, zum Verweilen auf. Man muss ja nicht die frischen Ruten brechen, es genügt, sie ein wenig zur Seite zu biegen. Ob sie es gewagt hat, sich niederzusetzen, nachdem sie das Foto genommen hat?

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Die typischen, weite Küstenstriche prägenden, eng aneinander gereihten kleinen „huts“: Bescheiden sind sie eingerichtet, man kann sie erwerben oder für eine begrenzte Zeit mieten. Schutz bieten sie, ein kleines Zuhause über den Tag hinweg. Der ansteigende Strand schützt auch sie vor sturmgetriebener Flut. Nur einige wenige Klappläden stehen auf der Fotografie offen, Menschen haben etwas Mobiliar hinausgetragen – aber wo mögen sie sich aufhalten? „No cycling“ lesen wir – wer aber wollte schon im radelnden Vorbeifahren diese Beschaulichkeit verletzen?

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Die Küste, das Meer: Bilder von einer intimen Schönheit – auch von Melancholie und Einsamkeit. Gleichsam symbolisch jedoch suchen zwei hochwachsende Pflanzen gemeinsam Halt, sich gegen Wind und Wetter zu behaupten, Menschen würden es ihnen gerne gleichtun. Himmel und Wasser verschmelzen am Horizont, der Blick verliert sich in der Unendlichkeit:

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Wir sollten etwas zur Technik der fotografischen Arbeit von Monika Müller-Löwenberg sagen. Die Künstlerin geht bei der Reproduktion ihrer Bilder einen ungewöhnlichen Weg. Kontraste profiliert sie leicht mittels behutsamer digitaler Bearbeitung. Und: Die gerahmten Exponate sind keine Belichtungen, sondern Drucke von Heinz Pflug auf 310 Gramm Hahnemühle Bütten. Das satte Schwarz dringt tief in das Material ein und verleiht ihm eine fast dreidimensional anmutende Oberfläche. Die Bilder entfalten eine räumliche Tiefe, die auf Fotopapier nicht zu erreichen wäre.

Monika Müller-Löwenberg studierte zunächst an der Kunstschule Westend unter Carlo Ruppert und der Staatlichen Hochschule für bildende Künste – Städelschule – in Frankfurt am Main bei Walter Hergenhahn. Es folgte das Studium der freien und angewandten Malerei bei Kurt Schulz-Schönhausen an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Seit 1975 arbeitet die Künstlerin freischaffend als Malerin, Grafikerin und Illustratorin in Frankfurt am Main. Darüber hinaus ist sie als Buchillustratorin für den Kinderbuchverlag Georg Bitter sowie als Kursleiterin für Zeichnen, Kolorieren, Aquarellmalerei und Specksteinskulpturen an verschiedenen Volkshochschulen tätig.

Ihre Arbeiten präsentierte sie seit 1975 in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen, in Frankfurt am Main in der Paulskirche, im Palmengarten, im Rathaus Seckbach sowie in der Frankfurter Sparkasse und im Maritim Hotel, ferner im Rahmen der Frankfurter Internationalen Künstlerbörse und des Seckbacher Kulturwochenendes. Weitere Ausstellungen fanden in Bensheim, Büdingen, Egelsbach und Heidelberg sowie im Ausland in Benidorm / Spanien statt.

Frankfurter Künstlerclub im Nebbienschen Gartenhaus, Bockenheimer Anlage; Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Die Ausstellung bleibt bis zum 24. August 2008 geöffnet.

(Bildnachweis: © Monika Müller-Löwenberg)

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Künstlerin und Autor im Gespräch nach der Vernissage
(© Foto Wachendörfer, Frankfurt am Main)

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