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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Trompetenmusik des 18. und frühen 19. Jahrhunderts

Leserinnen und Leser dieser Seite kennen bereits eine Vorliebe des Autors (eine von vielen!) für alte Trompetenmusik, namentlich in historischer Aufführungspraxis und auf Originalinstrumenten oder entsprechenden Replikaten.

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(Barocke Langtrompete; Foto: Nevilley wikimedis commons GFDL)

Heute möchte ich Ihnen eine Einspielung des Trompeters Crispian Steele-Perkins mit dem auf historischen Instrumenten musizierenden King’s Consort auf dem Label hyperion vorstellen. Steele-Perkins spielt auf der Replika einer Klappentrompete (nach Joseph Felix Riedl, Wien, nach 1812) sowie der Replika einer barocken Langtrompete (nach John Kohler, London, um 1785), aber dem Beiheft nach zu urteilen mit einem Original-Kohler-Mundstück.

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(Klappentrompete; Grassi Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig; Foto: Janos Stekovics)

Bei den weithin als „Ohrwürmer“ bekannten Konzerten von Joseph Haydn (Konzert in Es-Dur) und Johann Nepumuk Hummel (in E-Dur) für die Klappentrompete lässt Steele-Perkins seine Hörer – wie wir meinen erfreulicherweise – durchaus nicht im Unklaren über die spieltechnischen Tücken dieses seinerzeit alsbald durch die Ventiltrompete wieder verdrängten Instruments. Die Aufnahme vermittelt umso mehr Glaubwürdigkeit und Authentizität. Freilich spielt Reinhold Friedrich – ebenfalls auf der Replika einer Klappentrompete – die genannten Konzerte auf Capriccio um einiges geschmeidiger, fülliger und strahlender – anzunehmen um den Preis einer elektronischen „Veredelung“ im Studio, auf die Steele-Perkins dem Anschein nach verzichtet.

Vergleichbares lässt sich für Steele-Perkins‘ Einspielung des nicht minder populären Konzerts von Leopold Mozart (D-Dur) sowie zweier weniger bekannter Werke von Michael Haydn (Trompetenkonzert in C-Dur, Adagio und Allegro molto) sowie von Johann Wilhelm Hertel (Trompetenkonzert Nr. 1 in Es-Dur, Allegro, Larghetto und Vivace) auf der barocken Langtrompete feststellen: Der Klang ist von gleichsam leise singender, intimer Anmutung, im hohen Register mitunter an Flötenklang erinnernd. Besonders schön erscheinen die Legato-Partien. Auch hier ergibt sich – bei aller trompetistischen Virtuosität – der Eindruck einer gewissen Zurückhaltung, manchmal klanglichen Enge, verglichen etwa mit der Souveränität und dem „Glanz“ des Ausnahme-Virtuosen auf der Naturtrompete Niklas Eklund. Wir können annehmen, dass Steele-Perkins‘ Spiel der seinerzeitigen Musizierpraxis durchaus nahe kommt. Bedenken wir auch bei allem, dass es an den damaligen Höfen, Residenzen und Kantoreien jeweils lediglich weniger als eine halbe Handvoll Trompeter gab, die diese Werke auf den ventillosen Instrumenten überhaupt zu spielen in der Lage waren.

Alles in allem: Ein Ohrenschmaus und Fest für die naturtrompetenklanggeneigten Sinne – insbesondere im Kontrast zu den spieltechnisch zwar brillierenden, aber die Partien auf der Ventiltrompete mehr oder weniger gefühllos herunterschmetternden Musikern à la Wynton Marsalis (der, pardon, in der Barockmusik so wenig zu suchen hat wie die Kuh im Hühnerstall, nicht nachvollziehbar, warum die Musikabteilung des hiesigen Hessischen Rundfunks gerade auf diesen „Musikmaschinisten“ abonniert zu sein scheint).

Szenenwechsel:

Eine Einspielung der beiden renommierten Meistertrompeter und Lehrer Claude Rippas und Mauro Ghisletta sowie des Organisten Diego Fasolis auf dem Schweizer Label DIVOX mit dem Titel „Barocco Italiano“. Die beiden Bläser agieren wie anzunehmen auf der von uns ansonsten eher geschmähten, nur ein Viertel an Länge gegenüber der Barocktrompete messenden und deshalb völlig anders klingenden Piccolo – und doch finden sich die drei Musiker zu einer interpretatorisch wie klanglich faszinierenden Ensembleleistung zusammen. Wobei eine vor allem auf Kirchenraumnachhall bedachte Klangveredelung der mit dem Copyright von 1994 versehenen Aufnahme im nachbearbeitenden (remasternden) Studio nicht überhört werden kann, aber alle Sinne erfreut. Und das ist legitim.

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(Legendäre, vor längerem durch ein Nachfolgemodell abgelöste Selmer-Piccolotrompete; Foto: Nevilley wikimedia commons GFDL)

Auf dem Programm stehen Werke von Giuseppe Aldrovandini, Petronio Franceschini, Domenico Gabrielli, Giuseppe Jacchini, Francesco Manfredini, Alessandro Scarlatti, Giuseppe Torelli, Antonio Vivaldi und Johann Gottfried Walther – ausschliesslich Transkriptionen für Trompeten und Orgel – ein für die Barockzeit übliches Verfahren.

Bedauerlich nur das lieblos und informationsarm gestaltete Beiheft – das heisst, eigentlich gibt es gar keines, für das insoweit spärlich Gebotene muss der CD-Umschlag herhalten. Eine Aufmachung, die dem selbstgestellten Anspruch des Labels DIVOX nicht gerecht wird. Nicht einmal über den Ort der Einspielungen lässt sich etwas erfahren.

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