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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Heute vor 75 Jahren … Berlin, 10. Mai 1933, Bücherverbrennung

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(Flugblatt des Nationalsozialistischen Studentenbundes, das 1933 zur Bücherverbrennung verbreitet wurde)

Die „Feuersprüche“

1. Rufer:

Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Marx und Kautsky.

2. Rufer:

Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner.

3. Rufer:

Gegen Gesinnungslumperei und politischen Verrat, für Hingabe an Volk und Staat!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Friedrich Wilhelm Förster

4. Rufer:

Gegen seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens, für den Adel der menschlichen Seele!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Sigmund Freud.

5. Rufer:

Gegen Verfälschung unserer Geschichte und Herabwürdigung ihrer großen Gestalten, für Ehrfurcht vor unserer Vergangenheit!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Emil Ludwig und Werner Hegemann.

6. Rufer:

Gegen volksfremden Journalismus demokratisch-jüdischer Prägung, für verantwortungsbewusste Mitarbeit am Werk des nationalen Aufbaus!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Theodor Wolff und Georg Bernhard.

7. Rufer:

Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkriegs, für Erziehung des Volkes im Geist der Wehrhaftigkeit!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Erich Maria Remarque.

8. Rufer:

Gegen dünkelhafte Verhunzung der deutschen Sprache, für Pflege des kostbarsten Gutes unseres Volkes!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Alfred Kerr.

9. Rufer:

Gegen Frechheit und Anmaßung, für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist!
Verschlinge, Flamme, auch die Schriften von Tucholsky und Ossietzky!

Zitiert nach dem „Neuköllner Tageblatt“ vom 12. Mai 1933)

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(Micha Ullman, Mahnmal zur Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz, heute Bebelplatz; Foto Micha Ullman (?) wikimedia commons GFDL)

Bertolt Brecht: Die Bücherverbrennung

Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben
Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
Verbrannten studierend, entsetzt, daß seine
Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch
Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
Verbrennt mich! schrieb er mit fliegender Feder, verbrennt mich!
Tut mir das nicht an! Laßt mich nicht übrig! Habe ich nicht
Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt
Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch, Verbrennt mich!

Bibliothek verbrannter Bücher

Zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung am 10. Mai 2008 erscheinen im Georg Olms Verlag in Zusammenarbeit mit dem Postdamer Moses Mendelssohn Zentrum die ersten zehn Titel einer „Bibliothek Verbrannter Bücher“ in einer Kassette.

Ein Kommentar zu “Heute vor 75 Jahren … Berlin, 10. Mai 1933, Bücherverbrennung”

  1. Ursula Günther
    10. Mai 2008 09:26
    1

    Lieber Erhard Metz, Dank für Wiedergabe dieses Mahnmals und damit Wachhalten der Erinnerung an diesen Massenwahn, wie auch die Gefahr menschlichen Sich-versteigens in Wahn aller Art. Die Welt muß n i c h t zum Irrenhaus werden, auch wenn irren menschlich ist. U.G.