KNECHT RUPRECHT besucht den Frankfurter Presse-Club
Zur Weihnachtsfeier des Frankfurter Presse-Clubs
am 17. Dezember 2007
(sehr frei nach Theodor Storm) verfasst und vorgetragen
von Helmut Herkenroth
Von drauß‘ vom Walde komm ich her,
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Hochhaus-Spitzen
sah ich goldene Lichtlein blitzen.
In der lieblichen Frankfurter Innenstadt
ist mancher vom Kaufrausch schon ziemlich schachmatt:
und ist er von der Presse, dann fragt er sich schon,
warum war so klein meine Gratifikation.
Ganz droben aus dem Himmels-Tor
sieht mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht durch den finstern Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
„Knecht Ruprecht, sprich, wo eilest du hin?
Haste den Presse-Club etwa im Sinn?
Den Journalisten-Verein, den FPC,
auf den ich durchaus mit Wohlwollen seh?
Dann freut’s mich für dich, du alter Gesell,
auf, hebe die Beine und spute dich schnell.
Eine schmackhafte Gans erwartet dich dort,
ich selbst, das Christkind, kann heut‘ noch nicht fort.
Aber bring meine Botschaft dort heute noch hin:
So ’n Fest-Essen ist ja wie ’n Lotto-Gewinn!
Und für gute Getränke scheint auch gesorgt –
Hat der Kassenwart sich etwa das Geld geborgt?
Nicht doch! ’s Management kalkulierte genau.
Mit göttlichem Beistand gelang’s Weber-Nau,
zu bruzzeln ein leckeres Weihnachts-Gericht.
Eine Beitragserhöhung scheint nicht in Sicht!“
„25 Euro, 0, lieber Herre Christ,
die zahlt ja auch höchstens ein Optimist.
Drum frage ich jetzt auch nicht genauer –
Ungläubige wenden sich an Frau Sauer.“
„Und noch was,“ sprach‘ s Christkind hoch droben im All,
vergiß nicht, recherchiere auf jeden Fall,
warum nur mußte es dieses Jahr sein,
die FRANKFURTER RUNDSCHAU plötzlich so klein?
Ist das Format, genannt Tabloid,
wirklich Ypsilanti-affin und solid?
Die Artikel gegen Roland, den von der Union,
sind die jetzt halb so scharf nur im Ton?“
Ich werde, sprach ich, es gleich erkunden,
hab‘ immerhin schon herausgefunden,
dem Boss dort, dem Uwe, hat‘ das „Medien-Magazin“
vergangene Woche erst eine Art Orden verlieh’n!
Bester Chefredakteur des Jahres Null-sieben.
Nur, weil er dort immer noch geblieben?
Das Christkind nun: „Aus der Himmels Distanz
leuchtet aus Frankfurt viel farbiger Glanz
empor aus der frisch gestylten FAZ,
das finden hier oben die Engel sehr nett,
doch können wir oft aus des Himmels Höhen
die ALLGEMEINE nicht so genau sehen
und denken schon mal, was führ’n die im Schild,
man verwechselt das Edelblatt glattweg mit BILD!
Auf der Titelseite, der heiligen Kuh,
ein buntisches Foto! Uns’re himmlische Ruh
geriet ganz höllisch aus ihrer Spur.
Im ganzen Blatt Farbe! Kaum noch Fraktur!
Selbst aus Johannes Gutenbergs Himmels-Finka
knurrt es: Was denkt sich denn dieser D’Inka!?“
„Pssst, Christkind, der macht auch de Boss vom Presse-Club!
Vielleicht sitzt er sogar hier in de Stubb … !
Wir sollten mit Meckern drum vorsichtig sein!“
Schauen wir lieber in mein Säckelein rein,
denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
fressen auch fromme Journalisten gern!
Die frömmsten, die sitzen dort in Rhein-Main
bestimmt bei der NEUEN PRESSE ein.
Uns Himmlische freut, dass die Kirchen dort immer
recht nobel dabei wegkommen, böswillig nimmer.
Von jedwedem Dorf, aus jedem Verein
kommt alle Tage in‘ s Blatt ebbes rein!
Fünfspaltig grinsen mit Mann und Maus
Jubilare aller Art aus den Spalten heraus.
Und die OFFENBACH-POST, Knecht Ruprecht, gestehe,
warum ich mit der dich so gut wie nie sehe?“
Ei, Christkindche, sprach ich zerknirscht nach oben
als Frankfurter Ruprecht dät des Blatt ich gern loben,
aber leider ist mir – der Herr sei gesegnet –
die Stadt mit vorne ’nem „O“ überhaupt nie begegnet.
Die kenn‘ ich halt nicht, ihr könnt ruhig lache,
weil ich höchstens mal niwwer nach Sachsenhause mache!“
Christkindlein sprach: „Du tückischer Knecht,
so ’n Lokalpatriotismus ist mir nicht recht.
Kennstde denn wenigstens die AGENTUREN,
mit den fleißigen, anonymen Naturen,
ohne die jede Zeitung im Nu wäre pleite
und erschiene, 0 Himmel, mit manch leerer Seite;
ohne Reuters, dpa, epd keine News,
auch an Keystone, AP und KNA: Schönen Gruß!“
„Danke, liebes Christkind, und gib auch den Segen
allen Fachblättern, die in Frankfurt sich regen,
und beschütze die fleißigen Korrespondenten
und nicht minder alle die Presse-Referenten,
die rings um den Römer ließen sich nieder –
nicht wenige sind ja auch Club-Mitglieder!
Noch etwas, Christkindchen, zu fragen gibt’s Gründe:
Ist BILD-Zeitung-Lesen eigentlich Sünde?
Nackedeis täglich, mit Polit-Tratsch aufbereitet;
die Angela leider immer sittsam bekleidet!
„Aber nein, Ruprecht, solch ein böses Gerücht
verbreitet immer einer aus Eifersücht,
weil BILD schon beim Marco im Flugzeug sitzt,
wenn die Konkurrenz noch blind durch die Gegend flitzt.
BILD-Frankfurt deshalb außer Rand und Band,
weil einer vergeblich in Egelsbach stand.“
„Manchmal aber ist jemand noch schneller als schnell:
In Nürnberg die Männer von RTL!
„Ist ja gut, dies zu wissen, aber es wäre noch netter,
ihr studiertet auch stets die Kirchenblätter!
Ob „GLAUBE UND LEBEN“ , ob „DER SONNTAG“ und so,
die lesen wir Himmlischen frohlockend und froh!
Seit BILD alle Deutschen zum Papst gemacht hat,
ist BILD ja längst auch ein Kirchenblatt!“
„Kennt ihr,“ sprach ich dann, „da droben auch BLOGGER?
Die ewig vor ihrem Bildschirm-Hocker?
Zum „Blogger des Jahres“ ward vor drei Tagen
ein Kollege erkoren – Ihr könnt ihn gern fragen – ,
weil mit Scharfsinn und Super-Qualität
sogar Skandale er aufdeckt, eh‘ es zu spät“
Auch unsre Kommunikations-Profis, die braven
PR-Berater, erwähn‘ ich, auch die Fotografen
futtern heut ihre GANS mit frohem Gesicht,
denn „Enten“ lieben Redakteure ja nicht.
„Jetzt mußt du, Knecht Ruprecht“, sprach es von oben,
„auch noch die tapferen CLUB-FÖRDERER loben.
Dann kannste versuchen, Kontakte zu knüpfen
und mit Blick in den SPIEGEL ein Geheimnis zu lüpfen.“
Ach ja, verstehe; steh’n Chefsessel zur Wahl!
Jemand mit ’nem unterschriebenen Vertrag hier im Saal?
Und: Haben Dumont und FR sich zusammengerauft
und inzwischen die Süddeutsche Zeitung gekauft?
Gleich zweimal himmlische Weihnachts-Stille.
Na schön, liebes Christkind, es ist dein Wille.
Doch vergeßt nicht JOURNAL FRANKFURT, den PFLASTERSTRAND –
ach nein, der verlief ja schon lange im Sand.
Doch FRANKFURT-LIVE.COM nicht! ’n Geheimtip von mir,
und lies den ZEILSHEIMER ANZEIGER, rate ich dir!
„Den haben wir, Ruprecht, schon lang abonniert,
denn ohne den wären wir ja angeschmiert,
wüßten praktisch nichts von der guten Erde
und unserer frommen Menschenherde.“
Und das Christkind sprach weiter: „So tue denn recht!
Jetzt geh‘ mit Gott, mein treuer Knecht,
doch eile zuvor noch beim RUNDFUNK vorbei,
und bringe denen mal Mores bei.
Hohe Quoten sind für die Freien ja Pflicht!
Für die Öffentlich-Rechtlichen aber doch nicht!“
Wir haben ’s vernommen, o himmlisches Kind!
Ich mache mich jetzt aus dem Staube geschwind
und eile durchs glitzernde Häusermeer
und verrat euch ein Letztes: ES WEIHNACHTET SEHR!