Antoine Dard: Sechs Sonaten für Fagott und Basso continuo
Das Label RAMÉE publiziert in diesen Tagen die weltweite Ersteinspielung von sechs Sonaten für Fagott und Basso continuo aus dem Jahr 1759 des französischen Komponisten Antoine Dard. Der Solist ist Ricardo Rapoport, begleitet am Cembalo von Pascal Dubreuil. Karine Sérafin, Sopran, und Francois Nicolet, Traversflöte, wirken in kleineren anderen Partien der Einspielung als Gäste mit.
Antoine Dard (1715 bis 1784) zählte in Paris und in Versailles zu jenen Musikern, die zum Umfeld der bedeutendsten Musikinstitutionen der französischen Monarchie gehörten. Wenngleich Person und Oeuvre von Dard heute weitgehend lediglich noch der Fachwelt bekannt sind, kann man Dard doch als einen Komponisten von besonderem Interesse betrachten. So erschien am 11. Januar 1759 folgende Anzeige in der Pariser Presse: „6 Sonaten für Fagott, komponiert von Mr. Dard und sehr nützlich für diejenigen, die dieses Instrument gut spielen möchten. Diese Sonaten gelten als einzigartig und können auch auf dem Violoncello gespielt werden.“
Tonumfang des Fagotts; Bildnachweis: wikimedia commons GFDL
Für die damalige Zeit war es nicht ungewöhnlich, eine Solo-Komposition auf unterschiedlichen Instrumenten auszuführen. Auch war das Fagott als Soloinstrument durchaus bekannt und beliebt, wie dies zahlreiche Werke anderer Komponisten belegen. Beispielsweise komponierte Antonio Vivaldi rund 40 Stücke für dieses Instrument, dessen Klang in den tiefen Registern als sonor und in der oberen Lage als recht kantabel charakterisiert werden kann.
Gleichwohl stellen Dards Sonaten nicht nur in seinem persönlichen Schaffen, sondern auch in der Literatur des 18. Jahrhunderts ganz allgemein sowie innerhalb des spezifischen Repertoires für Fagott eine Besonderheit dar: Dard benutzt das Fagott nach Art etwa eines Belcanto-Operntenors. Er verwendet häufig das sehr hohe Register des Instruments, wie es bis dahin kein anderer Komponist getan hatte und auch noch lange nach ihm keiner tun wird. Obgleich ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Grifftabellen für Fagott zunehmend Fingersätze angegeben waren, die bis zum d“ und f“ reichten, so geht doch die damalige Musik für dieses Instrument, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, niemals über g‘ und a‘ hinaus. Vielmehr setzte sich das sehr hohe Register erst sechzig Jahre später allmählich durch, nachdem das Instrument zahlreiche Verbesserungen erfahren hatte.
Der Fagottpart ist in seiner Melodiösität durch die Fülle an Verzierungen sehr voll und lyrisch, wobei die Verbindung dieser reichen Verzierungen mit dem galanten Stil eine einzigartige Wirkung hervorruft. Hinsichtlich ihrer Struktur sind die Sonaten eher traditionell. Dennoch erscheinen die langsamen Sätze in ihrer Form bemerkenswert: Sie sind in einem Zug und ohne Wiederholungen oder Doppelungen durchkomponiert und ähneln eher einem Arioso, das zu jener Zeit in Frankreich wenig gebräuchlich war. Trotz ihres unverkennbar französischen Charakters zeugen Dards Sonaten von italienischem Einfluss. Sicher kannte er die Werke der italienischer Komponisten, die damals auch in Frankreich aufgeführt wurden.
Ricardo Rapoport studierte Fagott sowie Gitarre, Viola da gamba, Tonsatz, Komposition und Dirigieren in seiner Geburtsstadt Rio de Janeiro. Anschliessend folgte ein Engagement beim Brasilianischen Sinfonieorchester. 1984 ging er nach Paris, um dort sein Spiel am Conservatoire National Supérieur de Musique zu perfektionieren. Nachdem er den Premier Prix für Fagott erhalten und ein Aufbaustudium für Kammermusik absolviert hatte, widmete er sich dem Barockfagott. Neben seinen Aktivitäten als Kammermusiker und Solist wirkt Rapoport bei Konzerten und Aufnahmen mit verschiedenen Ensembles mit. Sein Interesse gilt auch der zeitgenössischen Musik, der er sich in zahlreichen Uraufführungen angenommen hat. Rapoport unterrichtet Fagott, Barockfagott und Kammermusik am Conservatoire National de Région in Rennes und wird regelmäßig zu Festivals und Meisterkursen in Europa und Brasilien eingeladen.
Pascal Dubreuil studierte ebenfalls am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris und erhielt den Premier Prix für Cembalo und Generalbass. Anschließend vervollständigte er seine Ausbildung auf zahlreichen Meisterkursen, unter anderem bei Gustav Leonhardt. Dubreuil spielt bei Konzerten und Aufnahmen in Frankreich und Europa als Solist und Kammermusiker auf dem Cembalo, aber auch auf dem Clavichord und dem Pianoforte. Regelmässiger Gast bei einer Vielzahl von Wettbewerben, unterrichtet er Cembalo und Kammermusik am Conservatoire National de Région in Rennes, wo er die Abteilung für Alte Musik leitet.
5. Oktober 2007 12:50
Erlauben Sie mir bitte eine Frage: Diese Sonaten wurden jetzt auch für Violoncello und BC eingespielt. Mir gefallen die Sonaten sehr gut und suche die Noten. Wo sind sie verlegt?
Danke für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
R.Bellmann
12. Oktober 2007 12:07
Kein Kommentar, bloß Hinweis: Zwar weiß ich nicht, wo die Noten verlegt wurden. Aber: Die neue Einspielung mit Violoncello ist bei „Raumklang“ in hochinteressanter Besetzung (Kristin von der Goltz, Cello; Hille Perl, Gambe; Christine Schornsheim, Cembalo) erschienen – und ganz wunderbar. Eine Entdeckung!
Mit herzlichen Grüßen aus Wien an alle Musikliebhaber und -innen
Paul Stein
17. Oktober 2007 18:23
Lieber herr Metz,
Im moment sind die Noten nur in der „Bibliothèque Nationale de France“ erhältlich, oder bei
Ricardo Rapoport:
[ricardorapoport@hotmail.com]
Freundliche Grüsse,
Eve François
RAMEE, Eve Francois