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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Gold und Ruhm – Geschenke für die Ewigkeit“ in Basel

Alles echtes Gold das glänzt…

Des Kaisers goldene Gaben

Von Petra Kammann

2019 begeht das Basler Münster ein großes Jubiläum: Der vom ottonischen Kaiser Heinrich II. geförderte Neubau der romanischen Bischofskirche, das Heinrichs-Münster, feiert sein 1000-jähriges Bestehen. Anlässlich dieses Jubiläums sind in einer vom Historischen Museum Basel konzipierten und kuratierten Ausstellung spektakuläre Kirchenschätze zu bestaunen: „Gold & Ruhm – Geschenke für die Ewigkeit“.

Die goldene Altartafel aus dem Basler Münsterschatz, Bamberg (?), vor 1019 © RMN-Grand Palais (Musée de Cluny – musée national du Moyen Âge)/Michel Urtado. 

Verbunden damit ist u.a. die ,Rückkehr auf Zeit‘ einer kostbaren goldenen Altartafel, die der letzte ottonische Kaiser Heinrich II. vor genau 1000 Jahren der Stadt Basel geschenkt hat. Diese ist jedoch nur eine der zahlreichen, derzeit in Basel ausgestellten Schätze, die zu sehen eine Reise lohnt. Die Schau findet wegen der Rarität der kunsthistorisch bedeutenden Kostbarkeiten aus sicherheitstechnischen Gründen allerdings nicht im Münster selbst, sondern im Neubau des Kunstmuseums statt.

Betritt man die in ein geheimnisvolles Dunkel getauchten Ausstellungsräume in der oberen Etage des Basler Kunstmuseums, so ist man zunächst einmal überrascht. Denn dort trifft man auf so rurale Fundstücke und Alltagsgegenstände wie Töpfe und Werkzeuge. Sie vermitteln ein Bild vom bescheidenen Alltag der am Oberrhein lebenden Menschen, welche die Pracht anderer kostbarer Gegenstände im Zentrum der Ausstellung umso größer erscheinen lässt. Diese Einführung auf dem Museumsparcours macht zudem die Entwicklung sichtbar, welche das ursprüngliche „Nest“ am Dreiländereck genommen hat.

Blick in die Ausstellung: Die Siedlung Basel um 1000, Foto: Petra Kammann

Bevor nämlich das Münster in Basel geweiht wurde, war der Ort zunächst noch ein unbedeutender Winkel an der Grenze des Königreichs Burgund zum ostfränkischen Reich. Das sollte sich schlagartig ändern, als nach Verhandlungen mit dem Burgunderkönig Rudolf III. Basel 1006 per Erbvertrag an den deutschen König und späteren Kaiser Heinrich II. überging. Da wurden nämlich die Grundlagen für die prosperierende Stadt am Oberrhein gelegt, aus der sich später die bedeutende Handels-, Konzils-, Universität- und Industriestadt herausbildete.

Marc Fehlmann, Direktor des Historischen Museums in Basel, erläutert die politische Lage Europas vor 1000 Jahren am heutigen Dreiländereck 

Vergegenwärtigen wir uns aber zunächst einmal das Lebensgefühl der Menschen vor 1000 Jahren in Europa. Kirche und Staat waren da noch untrennbar miteinander verbunden. Die Herrschenden und Mächtigen mussten, wollten sie ihr Seelenheil und ewige Gnade erlangen, der Kirche „Geschenke für die Ewigkeit“ machen. Heinrich II. (reg. 1002 – 1024) nahm dies ernst. Er war überzeugt, dass seine Macht von Gott gegeben war. Wie hätte er sich sonst als Stellvertreter Christi auf Erden begreifen können?

Die Ehe zwischen ihm und seiner Frau Kunigunde (+ 1033) blieb kinderlos. Das Königspaar lebte ein gottgefälliges Leben, war nicht nur sehr fromm, sondern auch außergewöhnlich freigiebig. Geschenke, die sie der Kirche machten, waren entsprechend herausragend. Das brachte ihnen am Ende sogar die Heiligsprechung ein…

Reliquienbüsten Heinrichs II. und Kunigundes, wohl Böhmen, um 1430/40 © Erzbischöfliches Diözesanmuseum und Domschatzkammer Paderborn. Bestattet wurde das Königspaar in Hildesheim

Das Jahr 1019 kommt in der Geschichte Basels einer Sternstunde gleich, als nämlich das Münster in Anwesenheit des Kaiserpaars Heinrich II. und Kunigunde von Bischof Adalbero II. geweiht wurde. Da Heinrich, als er zum König gewählt wurde, politisch auf die Unterstützung durch Bischöfe angewiesen war, um zum mächtigsten Fürsten der Region aufsteigen zu können, hatte er schon der Kirche nicht ganz uneigennützig wertvolle Geschenke gemacht.  

Zu diesen Geschenken, später  auch „Heinrichsgaben“ genannt, gehörten u.a. die legendäre Goldene Altartafel, das Heinrichskreuz und die Heinrichsglocke. Sie bildeten den Grundstein für den Münsterschatz, der sich über Jahrhunderte zu einem der bedeutendsten Kirchenschätze der Schweiz herausmendelte. Allein die 1,20 mal 1,77 Meter große Tafel, auf der die Christusfigur mit drei Erzengeln und dem heiligen Benedikt vereint dargestellt wird, ist von unzähligen kleinen Tierdarstellungen und den Stifterfiguren von Heinrich II. und seiner Gattin Kunigunde umrahmt.

Politisch hatten parallel dazu die Ereignisse um 1019 die Grundlagen für die Stadtherrschaft der Bischöfe und den Ausbau ihrer Herrschaft am Oberrhein und im Jura gelegt. Auch Heinrichs Nachfolger statteten den Basler Bischof mit zahlreichen Rechten und Ländereien aus. Davon profitierte nicht zuletzt auch die sich stetig entwickelnde Stadt am Oberrhein: Aus der ländlich geprägten Siedlung konnte eine städtische Metropole gedeihen.

Das Evangeliar Heinrichs II, Regensburg vor 1024©Biblioteca Apostolisch Vatican, Im zentralen Medaillon thront Heinrich II. in Prunkgewändern

Die kostbaren Geschenke erlebten später eine wechselvolle Geschichte. Heute liegen sie an verschiedenen Ort der Welt zerstreut. Insofern kamen die raren Leihgaben für die Jubiläumsaustellung aus privaten und öffentlichen Sammlungen von überallher – aus Cleveland, Essen, München, Köln, Berlin, Bamberg, Rom und New York. In der Basler Ausstellung bekommen die Besucher eine lebendige Anschauung davon, wie gewaltig die Machtfülle als auch die Stiftertätigkeit des letzten ottonischen und der Stadt Basel so zugetanen Kaisers Heinrich II. gewesen sein muss.

Da können wir heute nur staunen, wenn wir sehen, dass neben den „goldenen Gaben“ allein in der Basler Ausstellung über 160 kostbare Exponate ottonischer Kunst und Handwerksmeisterkunst präsentiert werden: Eine reiche Auswahl prachtvoller mittelalterlicher Goldschmiedearbeiten, Textilien, Buchmalereien, seltener Handschriften mit kostbaren Einbänden und Elfenbeinschnitzereien aus den kulturellen Zentren des ottonischen Reichs. In dieser Fülle und Qualität wird man solche kostbaren Raritäten, versammelt an einem Ort, so schnell nicht wieder sehen können.

Dabei sind etliche andere wertvolle Goldschmiedearbeiten, welche Heinrich dem Münster seinerzeit stiftete, zum Teil nicht einmal mehr erhalten. Unter den Exponaten künden aber auch die archäologischen Funde vom damaligen Reichtum, welche die Münsterweihe in einen größeren Kontext der Region Basel stellt. Dazu gehört auch der Bau einer Stadtmauer in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Die Stifterbereitschaft des Herrscherpaares hatte dafür gesorgt, dass Heinrich II. und seine Gattin Kunigunde als Förderer der Stadt auch lange nach ihrem Tod im Gedächtnis Basels verankert blieben, was durch ihre Heiligsprechung im Jahr 1146 noch verstärkt wurde. Ihre wachsende Verehrung in Basel sowie deren politische Bedeutung für die Stadt bilden den Ausklang dieser spektakulären Ausstellung.

In der in Silber getriebenen und vergoldeten Reliquienbüste des Hl. Pantalus, Basel 1270, verziert mit Chrysopas, Granat, Karneol, Amethyst, Perlen und bemalten Augen und Mund, wurde die Reliquie des Baslers Bischofs aus dem 4. Jahrhundert aufbewahrt, Basel, Historisches Museum, Inv. 188.87

Welche Idee stand hinter den geschenkten Preziosen? Der Abglanz des Himmels sollte eben auch in den Kirchen, den Stätten Gottes auf Erden, in purem Gold erstrahlen und die darin eingebetteten Edelsteine funkeln. Zu den Höhepunkten der hohen Feiertagen gehörte es, dass der Hauptaltar des Basler Münsters mit der goldenen Altartafel sowie mit dem Reliquienkreuz geschmückt wurde, was auf die Kirchgänger nicht ohne Wirkung blieb.

Sie verehrten und schützten ihre Kostbarkeiten. Zwei der goldenen „Heinrichsgaben“ haben dann sogar auch die Zeiten der Bilderstürmerei in der Zeit der Reformation überlebt. Glanzpunkt der Ausstellung ist daher zweifellos die goldene Basler Altartafel. Dass sie nun nach 60 Jahren erstmals wieder in Basel zu sehen ist, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Aus Furcht vor Vandalismus war der goldene Altarschmuck schon früher rund 300 Jahre lang in der Sakristei des Münsters versteckt worden. Das hatte jedoch zur Folge, dass die Tafel nach und nach aus dem Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit verschwand.

1827 war der Münsterschatz schließlich ins Basler Rathaus „gerettet“ worden. Die Kantonstrennung von Basel-Stadt und Baselland brachte kurz darauf jedoch zusätzliche Kalamitäten mit sich. Der Kanton Basel wurde 1833 gewaltsam in zwei Halbkantone aufgeteilt, so dass fast zwei Drittel seines Besitzes dem neuentstandenen Landkanton zugesprochen wurde, was zur Folge hatte, dass nun der aufbewahrte Münsterschatz getrennt wurde, und die Altartafel die Stadt verlassen musste.

Der hohe Goldwert hatte auch schon bald das Interesse des finanziell in Not geratenen Landkantons geweckt, und die Altartafel wurde 1836 bei einer Auktion verscherbelt und von einem Basler Kunsthändler erworben, der sie weiterverkaufte…

Ausstellungskuratorin Sabine Söll-Tauchert, Foto: Petra Kammann

So gelangte sie schlussendlich 1852 in den Besitz des Musée national du Moyen Age (Musée Cluny) nach Paris, wo sie bis heute ausgestellt wird. Nach fast zweijährigen schwierigen Verhandlungen hat das Musée Cluny die Tafel zum Jubiläum des Münsters ausnahmsweise ausgeliehen. Kein ganz leichtes Unterfangen, wie Ausstellungskuratorin Sabine Söll-Tauchert berichtete. Welch ein Glück, dass das Pariser Museum derzeit renoviert wird und die Tafel nicht präsentieren kann. Das erleichterte dann die Verhandlungen. Im Austausch mit drei Gegenleihgaben aus dem Basler Münsterschatz ans Musée Cluny, konnte die das goldene Prachtstück schlussendlich, begleitet von einer großen Polizeieskorte, auf Zeit an seinen Ursprungsort zurückkehren.

Kreuz mit großen Senkschmelzen, Essen, um 1000/1020, © Domschatz Essen/Christian Diehl 

Ein ähnliches Schicksal hatte das Heinrichs-Kreuz erlitten, das als Reliquiar Splitter enthält, die aus dem Kreuz Christi stammen sollen. Das Reliquiar war nach der Ersteigerung durch den Prinzen Carl von Preußen schließlich ins Berliner Kunstgewerbemuseum gelangt…

Wie auch immer, jedes der in Basel ausgestellten kostbaren Objekte hat seine eigene Geschichte, für die man sich ein wenig Zeit nehmen sollte wie für den  Gertrudisaltar aus Cleveland, die Glockenkasel des hl. Bernward aus Hildesheim aus einem luxuriösen goldschimmernden byzantinischen Seidengewebe oder das strenge romanische Bronze-Kruzifix aus der Abtei Werden.

Man sollte für die Fahrt an den Oberrhein schon ein wenig Zeit mitbringen, zumal die Städte Basel und Riehen über etliche andere zu entdeckende Schätze verfügen.

Die Ausstellung Gold & Ruhm in zehn Räumen des Basler Kunstmuseums geht bis noch zum 19. Januar 2020In dem reich illustrierten Ausstellungskatalog aus dem Hirmer Verlag kann man sich auch noch mal im Nachhinein anhand der so vielfältigen wie hochkarätigen Auswahl von prachtvollen Objekten, Zeitdokumenten und archäologischen Funden aus Kunst und Kultur vergegenwärtigen, wie stark das politische Handeln der Mächtigen wie auch die Lebensbedingungen unter der Herrschaft des letzten ottonischen Kaisers Stadt und Land im Dreiländereck bereichert hat.   

Kleine Randnotiz: Das nahegelegene Basler Münster sollte man natürlich ebenfalls besuchen, in dem übrigens auch das Grab des großen Humanisten Erasmus von Rotterdam liegt… Aber das ist eine andere Geschichte, die mit der Universitätsstadt Basel, als Geburtsstätte des europäischen Humanismus, verbunden ist.

Weitere Infos unter: hamb.ch und unter kunstmuseumbasel.ch

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