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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Roma-Sinti Gedenktag in Auschwitz am 2. August 2019

„Auschwitz-Requiem“ des Sinto-Komponisten Roger ‚Moreno‘ Rathgeb

Konzert des Philharmonischen Vereins der Sinti und Roma unter Leitung von Riccardo M Sahiti in Krakau

Text und Fotos

von Renate Feyerbacher

 Riccardo Sahiti 29.9.2018 in der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt

Am 2. August 1944 ermordete die SS in den Gaskammern von Auschwitz die letzten 2900 Roma und Sinti: Kinder, Mütter, alte Menschen, die sich noch im sogenannten Zigeunerlager Auschwitz-Birkenau befanden. Zuvor waren etwa 3000 sogenannte Arbeitsfähige in andere Konzentrationslager verschleppt worden, um dort mörderische Arbeit zu verrichten. Bis zu 500.000 Sinti und Roma wurden damals Opfer des Holocaust in Europa.

Der seit 1998 / 99 in Frankfurt lebende Dirigent Riccardo M Sahiti, 1961 in Pristina, (heute Kosovo) geboren, Musik-Stipendium in Moskau, musste aus seiner Heimat fliehen. Er gründete das Orchester der Roma – und Sinti-Philharmoniker, das 2002 sein erstes Konzert im Clara Schumann Saal des Dr. Hoch’schen Konservatoriums in Frankfurt gab.

Die Musiker des Ensembles sind zum Teil Mitglieder in anderen namhaften Orchestern und kommen oft von weither angereist.

Das Plakat

Wenn heute Abend in Warschau die offizielle Gedenkfeier an den Warschauer Aufstand stattfindet, konzertieren Roma – und Sinti-Philharmoniker im Auditorium Maximum der Jagiollonen Universität in Krakau und morgen dann im ehemaligen Konzentrations-Lager Auschwitz-Birkenau.

Vor etwa 25 Jahren war ich mit meinen damals minderjährigen Töchtern dort . Die Tatsache, dass das deutsche Volk zu solchen Greueltaten fähig gewesen war, was man da sehen konnte, löste dies bei uns geradezu Verzweiflung aus. Inzwischen stellt sich für mich die Frage, ob wir nicht schon wieder auf dem Weg dahin sind…

Im Juni 2018 hatte es anlässlich der Deportation der letzten Sinti und Roma aus der Stadt Wiesbaden im Staatstheater  eine bewegende Aufführung des Auschwitz-Requiems von Roger ‚Moreno‘ Rathgeb gegeben.

Dass dieser Abend zustande kam, war der inzwischen verstorbenen Monique Mangelsdorff sowie der Jazz-Legende und Nazi-Widerständler Emil Mangelsdorff als auch Elisabeth Abendroth zu verdanken, seinerzeit eine Institution in kulturellen Institutionen. Sie  wirkte unter anderem prägend in der Hessischen Staatskanzlei.

Elisabeth Abendroth und Emil Mangelsdorff in der Paulskirche

Vor wenigen Tagen, am 20. Juli,  wurde in der Paulskirche Frankfurt an das Attentat 1944 erinnert. In der Gedenkstunde, die zahlreicher besucht war als in früheren Jahren, war der Historiker und Publizist Thomas Karlauf der Gastredner.

Seine differenziert-kritische Biografie über Claus Schenk Graf von Stauffenberg „Stauffenberg – Porträt eines Attentäters“ Blessing 2019 wird hierzulande unterschiedlich diskutiert. Der britische Historiker Ian Kershaw, ein großartiger Kenner des Nationalsozialismus, nennt Karlaufs Buch: „Eine sehr eindrucksvolle und überzeugende Analyse von Stauffenbergs Ideenwelt, die sich jeder moralischen Bewertung enthält.“

Sehr nachdenklich machte Karlaufs Rede, die sofort deutlich machte, dass es bei dem Attentat, nicht allein um den „Aufstand des Gewissens“ ging. Bis 1942 war der Graf immerhin ein Anhänger von Hitler gewesen.

Karlauf als Gastredner für die Gedenkstunde in der Paulskirche gewonnen zu haben, ist zweifellos Elisabeth Abendroths Verdienst, während Emil Mangelsdorff bei dieser Veranstaltung mit seinem Saxofon für entsprechend nachdenkliche Musik sorgte. Da durfte unter den Gästen eben auch der Dirigent Riccardo M Sahiti nicht fehlen.

 

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