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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Hans Traxlers grandiose Schau zum Neunzigstem im Caricatura Museum

Cartoonist der Weltklasse begeistert mit schönster Schau

Von Hans-Bernd Heier

Der auch international bekannte Karikaturist Hans Traxler feierte am 21. Mai  seinen 90. Geburtstag. Das Caricatura Museum Frankfurt – Museum für Komische Kunst gratuliert dem als einen seiner „Hausgötter“ verehrten Künstler mit einer ebenso so kurzweiligen wie amüsanten Werkschau. Es sei, wie Leiter Achim Frenz schwärmt, „die schönste Schau im schönsten Museum der Welt“.

„So gut wie Sie möchte ich‘s auch mal haben!“; © Hans Traxler

Im Laufe von mehr als sieben Dekaden schöpferischer Tätigkeit hat Hans Traxler – Zeichner, Maler, Cartoonist, famoser Illustrator, Autor und Bildergeschichten-Erzähler – ein breites Spektrum künstlerischer Felder durchmessen und dabei ein einzigartiges Farb-, Form- und Erzählrepertoire entwickelt. Die grandiose Schau im Caricatura zeigt sein zeichnerisches, malerisches und schriftstellerisches Werk in seiner ganzen Vielfalt und deckt dabei alle Schaffensphasen des Künstlers ab. Zu sehen sind Cartoons, Bildergeschichten und Illustrationen aus zwei Jahrhunderten. Präsentiert werden neben seinen Highlights und Klassikern auch seine fünf brandneuen Werke von Ende 2018 und Anfang 2019, die noch nicht öffentlich gezeigt worden sind. Und der vitale Meister des komischen Zeichnens will weiter arbeiten: Denn „ich wüsste nicht, was ich sonst mit meiner Zeit anfangen sollte“.

Hans Traxler vor dem Elch, Porträtfoto des junggeblieben Jubilars; Foto: © B. Frenz

Geboren wurde Hans Traxler am 21. Mai 1929 im böhmischen Herrlich. Seine Mutter wollte ihn zum Musiker machen, „aber daraus wurde nichts“. Er entdeckte schon früh seine wahre Begabung: Als er mit fünf Jahren seine erste Bildergeschichte zeichnete – drei Bären fahren mit einer Draisine – und diese an seinen ältesten Bruder verkaufen konnte, gab dies wie Traxler schreibt, „den Ausschlag. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass man für etwas, das Spaß macht Geld bekommen konnte, um sich Dinge zu kaufen, die noch mehr Spaß machen, beschloss ich, nie mehr etwas anderes zu tun als komische Zeichnungen zu machen“. Und so ist er einer der erfolgreichsten Karikaturisten geworden. „Als solcher denke ich mir Bilder aus und dazu gehörige Texte, mit denen ich komische Wirkungen zu erzielen hoffe“, umschreibt er lakonisch sein künstlerisches Wirken. Man muss nur die Gabe haben, das komische Potential der Anfangsidee zu erwittern“.

In seinem Heimatort verbrachte er eine idyllische Kindheit auf dem Land, bis 1938 die deutsche Wehrmacht einmarschierte und ein Jahr später der Zweite Weltkrieg begann. In seinen geschriebenen und gezeichneten Kindheitserinnerungen, die soeben unter dem Titel „Mama, warum bin ich kein Huhn?“ erschienen sind, hat der nach wie vor ungemein produktive Künstler diese Zeit urkomisch festgehalten. Die 33 farbigen Originalzeichnungen werden komplett gezeigt, ergänzt mit Familien-Fotografien aus der Zeit. Mittels Audioguide werden den Besuchern die von dem Künstler selbst eingelesenen Kapitel zu den Zeichnungen zugänglich gemacht.

Seit 1951 lebt er in Frankfurt am Main. Laut Oliver Maria Schmitt, Biograph der „Neuen Frankfurter Schule“, gilt er als der „bildmächtigste“ Zeichner der Gruppe und einer der breitenwirksamsten Satiriker, die Deutschland je hervorgebracht hat. „Ein Maler, der zeichnet, der sorgsam die Bildflächen komponiert, Vorder- und Hintergründe aufeinanderschichtet, feine Farbakkorde intoniert, diese mit federleichten, wie schwerelosen Linien verknüpft und dabei auch noch dem Zwerchfell auf schönste Weise schmeichelt“, so Schmitt.

Der neueste Titel…

Der Gruppierung von Zeichnern und Autoren, die später als „Neue Frankfurter Schule“ bekannt wurde,  gehörten neben Hans Traxler als Ältestem Chlodwig Poth, Friedrich Karl Waechter, Robert Gernhardt, F.W. Bernstein, Pit Knorr, Eckhard Henscheid und Bernd Eilert dazu. „Mit Helligkeit, Schnelligkeit, respektlosem Witz und handwerklicher Könnerschaft eröffneten diese der Komik in Deutschland neue Wege zu Nonsens und Satire“, betont Frenz.

Traxler hat die Satiremagazine „Pardon“ und „Titanic“ mitbegründet und er hat F.W. Bernsteins berühmtesten Zweizeiler: „Die schärfsten Kritiker der Elche / waren früher selber welche!“ ins Bild gesetzt. Seine Bronzeskulptur vor dem Eingang des Museums für Komische Kunst im historischen Leinwandhaus neben dem Dom begrüßt die Besucherinnen und Besucher. Zusammen mit Pit Knorr zeichnet er auch dafür verantwortlich, dass Helmut Kohl in den frühen Jahren seiner Regentschaft allgemein als „Birne“ bekannt war.

 

Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche

 

Elch-Skulptur; © Hans Traxler; Foto: Hans-Bernd Heier

Unter den vielseitigen Kreativen der Neuen Frankfurter Schule ist Traxler gewiss der künstlerisch Versierteste – „ein Cartoonist der Weltklasse“, wie ihn einst Robert Gernhardt nannte, aber auch ein Könner mit spitzer Feder und Pinsel, der gern auch in Öl und vor der Natur arbeitet, wie eine Auswahl ernsthafter Landschaftsmalerei zeigt – eine Leidenschaft, die er bis heute pflegt. Der an der Städelschule, unter anderem bei Georg Meistermann, ausgebildete Künstler, konnte, wie er selbst sagt, „schon immer sehr gut Porträts malen“, und bekam bei der 1979 von der Gruppe gegründeten  Zeitschrift „Titanic“ stets diese Aufträge. Traxlers Kunst beruht auf seiner scharfen Beobachtungsgabe und der Fähigkeit, das Gesehene mit Witz, Ironie und einer unverwechselbaren Handschrift umzusetzen.

Wunderbare Baguette Vermehrung (wenn Jesus z.B. in Nizza zur Welt gekommen wäre); © Hans Traxler

In den späteren achtziger Jahren verabschiedete sich Hans Traxler von der aktuellen politischen Satire und zeichnete Cartoons für die Magazine von Zeit, FAZ und Süddeutscher Zeitung. Mit seinem Buch „Aus dem Leben der Gummibärchen“  gelang ihm 1992 sogar der Sprung auf den amerikanischen Cartoon-Markt. Insgesamt hat er rund 50 Bücher verfasst und viele Bücher illustriert, darunter etliche für Kinder. Mit der Wissenschaftsparodie „Die Wahrheit über Hänsel und Gretel“, die auch verfilmt wurde, konnte er seinen ersten großen Bucherfolg erzielen. Zuletzt profilierte sich Hans Traxler als Illustrator klassischer Texte, beispielsweise von Goethe, Schiller, Eichendorff oder Mark Twain.

 

Der 5. Apokalyptische Reiter wurde vom Volke zunächst nicht so ganz ernst genommen; © Hans Traxler

Der Künstler, der sich nicht immer wiederholen will – das wäre ihm laut eigener Aussage „zu langweilig“ –  und der gerne Neues ausprobiert, wurde vielfach ausgezeichnet, so erhielt er beispielsweise 2006 den Satirepreis „Göttinger Elch“, 2007 den Deutschen Karikaturenpreis, beide  für sein Lebenswerk, 2014 die „Goetheplakette der Stadt Frankfurt“, 2015 den „Wilhelm-Busch-Preis“, im November 2018 den „Sondermann-Preis für Komische Kunst“, der als „Oscar für Cartoonisten“ gilt, und kürzlich den Friedrich-Stoltze-Preis.

Die umfassende, von Lea Willimann kuratierte Sonderschau im Museum für Komische Kunst erfreut die Gäste mit fast 350 Ausstellungsobjekten, darunter 250 Originalzeichnungen und 33 Ölgemälden und Aquarellen. Sie versammelt auch historische Titanic-Cover und Originalzeichnungen zu Eckhard Henscheids Titanic-Kolumne „Erledigte Fälle“. „Die kraft- und kunstvollen Schmähtexte Henscheids, die Prominente aus Politik, Kultur und Geistesleben aufs Korn nahmen, sorgten in Verbindung mit Traxlers kongenial karikaturesken Zeichnungen seinerzeit für viel Aufregung und langanhaltende Debatten“, sagt Frenz.

 

Im September 1998 trat mich mein Schutzengel gewaltig in den Hintern und verhinderte damit, dass ich eine ansonsten gelungene Ölskizze vom Silser See durch zu viel Chromoxydgrün ruinierte; © Hans Traxler

Der humorvolle Künstler, der Gott und die Welt karikierte, nahm sich auch selbst augenzwinkernd auf die Schüppe, wie dies beispielsweise bei der tatkräftigen Unterstützung seiner Arbeit an einer Ölskizze durch einen Schutzengel zu sehen ist. Ein anderer Cartoon zeigt ihn in einer herrlichen Landschaft vor der Staffelei stehend mit dem Pinsel in der Hand und seufzend: „Schön wäre es jetzt zu kopulieren, der Zeichner muss noch kolorieren“.

Präsentiert werden in der unterhaltsamen Schau auch Traxlers Illustrationen zu Mark Twains „Bummel durch Deutschland“ wie auch zu Morgensterns Gedichten sowie Motive aus „Unser Lichtenberg“. Auf der Galerie sind seine gezeichneten Kindheitserinnerungen zu sehen. Als mediale Extras zeigt das Caricatura ein aktuelles Interview und eine Reihe von animierten und von Traxler vorgelesenen Cartoons.

Traxlers „Letzter Wille“, © Hans Traxler

Die Ausstellung „Hans Traxler: Zum Neunzigsten“, die vom Kulturfonds  Frankfurt RheinMain unterstützt wird, erheitert die Gäste des Caricatura Museums noch bis zum 22. September 2019; weitere Informationen unter: www.caricatura-museum.de

Bildnachweis (soweit nicht anders bezeichnet): Caricatura Museum Frankfurt – Museum für Komische Kunst

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