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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Fotografien von Robert Voit in der Galerie-Peter-Sillem

Sehen lernen in der Ausstellung ‚Hide & seek‘

von Hannelore Kaus-Schwoerer

Mal wieder mit dem offenen Cabrio durch Amerikas sonnigen Süden reisen? Auf den ersten Blick kommt Reiselust auf beim Betrachten der Fotografien ‚Desert Mountain, Scottsdale, Arizona‘ und ‚Mobile Home Park, Las Vegas, Nevada‘. Nimmt man jedoch die Kakteen und Palmen, die die Fotografien vertikal durchteilen, genauer ins Visier, bleibt der Blick auf den kaum erkennbaren elektrischen Zuleitungen an deren Fußende haften. Es handelt sich hier nämlich um verkleidete Mobilfunkmasten, die überall in den USA zu finden sind. Schnell wandelt sich die anfängliche Reiselust in einen kritischen Blick auf Echtheit und Künstlichkeit in diesen Color Prints.

Robert Voit, Desert Mountain, Scottsdale, Arizona,USA 2005 

Robert Voit, Mobile Home Park, Las Vegas,Nevada,USA 2006

Die Fotografien sind Teil der Serie ‚New Trees‘ des Fotografen Robert Voit und derzeit in der Frankfurter Galerie Peter Sillem zu sehen. Voit war Meisterschüler von Thomas Ruff an der Düsseldorfer Kunstakademie. Er gehöre also zur ‚Enkelgeneration der Schule von Bernd und Hilla Becher‘, wie der Galerist Peter Sillem im Gespräch mit dem Künstler bei der Vernissage der Ausstellung sagte. Dessen Fotografien zeigen nun eine ganz eigene Auslegung objektivierender fotografischer Sichtweisen der Wirklichkeit aus gewisser Distanz heraus, wie sie die Bechers einst lehrten. Besondere Aktualität bekomme die Serie ‚New Trees‘ laut Voit dadurch, dass die abgebildeten Mobilfunkmasten zur Verbreitung der Twitter Nachrichten des US Präsidenten Trump beitrügen. Ergänzend zu ‚New Trees‘ habe er daher seiner neuesten Serie den Titel ‚Fake America Great Again‘ gegeben.Die Fotografien eigneten sich darüber hinaus zu einer zeitgemäßen Sichtweise auf den Wilden Westen Amerikas.

Robert Voit, First Southern Baptist Church, Tucson, Arizona, USA 2018

Auch in der Schwarz-Weiß-Serie ‚The Alphabet of New Plants‘, die inspiriert vom Fotografen der Neuen Sachlichkeit Karl Blossfeldt und seinen Pflanzendokumenten entstanden sind, fordert Robert Voit zum genauen Sehen auf. Auf 73 kleinformatigen Pigmentdrucken detailgetreu wirkender Pflanzen erkennt man erst auf den zweiten Blick, dass es sich um Pflanzen aus Plastik handelt. Mal geschieht dies durch die unsaubere Kontur eines Pflanzenstiels, mal durch ein Blatt, das wie ein Stück Stoff aussieht. Somit eignen sich auch die ‚New Plants‘ dazu, über das Medium Fotografie und seine gestalterischen Möglichkeiten in Bezug auf Natur und Künstlichkeit nachzudenken.

Für die Veröffentlichung von ‚The Alphabet of New Plants‘ als Monografie erhielt Robert Voit den Deutschen Fotobuchpreis in Silber, eine von zahlreichen Auszeichnungen für sein fotografisches Werk (Hatje Cantz, 2015).

Robert Voit ‚Strand II‘, Japan 1998, C-Print kaschiert auf Alu-Dibond, 125x155cm

Neben vielen Reisen nach USA, Großbritannien, Südafrika und Haiti, wo er die Résidence des Photographes in Port-au-Prince innehatte, besucht Robert Voit seit zwei Jahrzehnten auch Japan.  In der großformatigen Fotografie ‚Strand II‘ von 1998 erkennt man eine Gruppe farbenfroh gekleideter Menschen beim Picknick in ausgelassen wirkender Freizeitstimmung an einem hellen, körnigen Strand. Die Gruppe ist durch ein Gewässer von einem Gebäude über einer horizontalen Linie in der Bildmitte getrennt. Bei genauer Betrachtung erkennt man die Silhouette des Flughafens von Osaka des Architekten Renzo Piano und der Strand entpuppt sich als künstlich aufgeschüttete Insel davor.

Robert Voit,Snowflakes, Hokkaido, C-Print, kaschiert, 100x250cm, Japan 2006

Dagegen sei in dem Diptychon ‚Snowflakes, Hokkaido‘ (Japan 2006) alles echt, sogar die Bäume, so der Galerist Sillem. „Wirklich?“, denkt der Betrachter und schaut ganz genau hin. 

Seit 2012 konzentriert sich die künstlerische Arbeit Robert Voits in Japan auf die fotografische Dokumentation der Nuklearkatastrophe von Fukushima und deren Folgen, mit denen er sich in einem Langzeitprojekt auseinandersetzt. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein.

Die Galerie Peter Sillem wirft seit 2017 mit mehreren Ausstellungen deutscher und internationaler Künstler markante Schlaglichter auf die Fotografie der Gegenwart. Nur einen Brückenschlag vom Literaturhaus entfernt ist damit in der Dreieichstraße in Sachsenhausen ein Hotspot der Kulturszene Frankfurts entstanden, auf den Kunst- und Fotografiefreunde nicht mehr verzichten möchten.

Die Ausstellung ‚Robert Voit. Hide and Seek‘ ist noch bis zum 13. April 2019 zu sehen.

Galerie Peter Sillem, Dreieichstraße 2, 60594 Frankfurt, 069/61995550, info@galerie-peter-sillem.com

www.galerie-peter-sillem.com

Öffnungszeiten: Montag/Dienstag nach Vereinbarung, Mittwoch 10-16 Uhr, Donnerstag 10-18 Uhr, Freitag 10-16 Uhr, Samstag 14-16 Uhr

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