Städelschule: Rundgang 2019 – eine Nachlese (3)
Malerei, Zeichnung, Verwandtes
Von Erhard Metz
Medienübergreifendes Arbeiten – wie wir noch sehen werden, gilt dies auch für die Malerei, aber wir beginnen erst einmal klassisch mit Öl auf Leinwand und der vielversprechenden Künstlerin-Studentin Sara Rossi.
Sara Rossi
(li.) Mountains/Childhood, 2018, Oil on canvas, 150 x 150 cm
(re.) Untitled, 2019, Oil on canvas, 150 x 130 cm
Sara Rossi präsentiert in ihrer figurativen Malerei fantasievolle Traumszenen mit Tieren und Menschen. Ob die Begegnung dieser beiden Spezies der Schöpfung in ihren Bildern immer so harmonievoll ist, wie dies auf den ersten Blick scheinen mag, wird der nähere Betrachter am Ende denn doch dahinstellen. Eine Portion Humor wird sich aus diesen Arbeiten jedoch stets herauslesen lassen.
Bei So Yeon Kim (Rundgangpreis 2019) stellen wir bewußt eine technisch gesehen Nicht-Malerei – es handelt sich um einen Siebdruck – einer klassisch mit Öl bemalten Leinwand gegenüber. Überall scheint welliges Haupthaar bodenlang über Schultern zu quillen, Lust und Freude beim künstlerischen Schaffensprozeß springen auf den Betrachter über, die Motivik der Arbeiten eröffnet ihm einen weiten Assoziationsraum.
So Yeon Kim
(li.) You look cute when I choke you, 2019, Silkscreen Monotype, 400 x 120 cm
(re.) But they’re just part of the hair!!, 2019, Oil on canvas, 230 x 260 cm
Auch Louise Giovanelli möchten wir eine künftige Karriere als Malerin voraussagen. Ihre klar komponierte und strukturierte, dem Betrachter sich öffnende, ihm scheinbar plastisch entgegentretende, immer noch gegenständliche Malerei weist ganz überwiegend florale Motive auf. Mal schmalere, mal breitere „Streifen“ am oberen, unteren oder seitlichen Bildrand sind ein Spezifikum, über das wir noch nachdenken müssen.
Louise Giovanelli
(li.) Dauber II, 2019, oil on dyed canvas, 129 x 9o cm
(re.) Two grooves IV, 2019, oil on canvas, 180 x 130 cm
Auch Sóley Ragnarsdóttir bleibt zunächst beim malerischen Handwerkszeug, hier dem Acryl, ergänzt es aber in ihren Bildtafeln auf vielfältige Weise wie hier mit Mörtel, Gips, Epoxidharz, Perlen und nicht zuletzt Sonnenblumenkernen, ausreichend für mehrere Portionen Müsli oder auch winterliches Vogelfutter. Heraus kommt eine ornamentale, ästhetisch ansprechende, hoch poetische Arbeit.
↑ Sóley Ragnarsdóttir, Untitled, 2019, Acrylic, grout, beads, glitter, epoxy, sunflower seeds, plaster, string, wood, 100 x 70 cm
↓ Lydia Ericsson Wärn
(li.) Comparative Study, 2019, Oil on canvas, 70 x 90 cm
(re.) Underglare (Mi and Me), 2019, Oil and enamel paint on canvas, 125 x 18o cm
Auch die Arbeiten von Lydia Ericsson Wärn verstärken beim Betrachter den Eindruck, dass an der Städelschule der gegenständlichen Malerei zunehmend wieder mehr Bedeutung eingeräumt wird. Gleiches gilt für Positionen, die wir durchaus als weiblich, ja feminin empfinden. Die Frau schwingt den Polstererhammer, zwei Frauen umarmen sich bei einem Glas Sekt, fast zärtlich umschließen Finger mit lackierten Nägeln einen weiblichen Kopf.
Graham Hamilton zeigt zwei übereinander platzierte wuchtige Positionen, die obere in Acryl- und Venylfarben, die untere mit Öl, Acryl und Bleistift auf Laminatplatten, angereichert mit vier Wandlampen und Spielzeugfiguren – zwei Nashörnern und zwei buntgefleckten Kühen.
↑ Graham Hamilton
(oben) The Passion, 2019, Acrylic and flashe on panel
(unten) Difference, 2019, Plastic toys, rapid prototype prints, custom lamps, oil, acrylic and pencil on laminate panels
↓ Eric Gregory Powell, It’s So Much Easier If We Just Agree, 2018, 35 parts
Eric Gregory Powell – Ko-Moderator der Rundgangpreisverleihung – wiederum gestaltet aus einer Vielzahl an verschiedenen Arbeiten mit diversen Motiven sowie farbigen, in die Länge gezogenen, am Boden und an der Wand montierten „Autos der Zukunft“ eine großflächige 35-teilige Installation.
Manche sehen noch immer die Beherrschung der Zeichnung als Voraussetzung für das Malen und jedenfalls als eine der Königsdisziplinen der bildenden Kunst an – wie auch immer, die Zeichnung ist gleichwohl eher seltener anzutreffen. Eine hauchzarte, winzige, wunderschöne Arbeit mit Bleistift von Maria Cozma stellen wir hier stark vergrößert vor, sie spricht für sich und wir bitten um gebührende Beachtung, denn sie wird wohl einem größeren Teil des Publikums kaum aufgefallen sein.
Maria Cozma, 2019, pencil drawing
Abschließend zwei Positionen Nicht-Malerei, die dennoch außerordentlich malerisch wirken:
Albert Dietrich, Untitled (Sunset), 2019, Digital print on fabric, Installation, 100 x 100 x 33 cm
Albert Dietrich präsentiert als eine Installation drei hintereinander hängende farbige Digitaldrucke auf Textil, die man im Vorübergehen leicht als Malereien hätte ansehen können.
Im Keller des Schulgebäudes und darum wiederum leicht zu übersehen zwei Arbeiten von Xenia Bond (Rundgangpreis 2019), zwei mosaikartig auf die Wandflächen applizierte Darstellungen aus, wie wir meinen, farbigen Steinchen, eine Beschriftung mit näheren Angaben vermißten wir. Ein Brautpaar auf einer gebogenen Brücke in grüner Vegetation die eine, die andere eine Reiterin auf einem Schimmel, begleitet von einem Hund. Sehnsuchtsbilder? – nicht auszuschließen. Kitschig? – na ja. Ironisch? – vielleicht.
Xenia Bond
Wer am Ausstellungssonntag insbesondere im Haupthaus der Städelschule in der Dürerstraße unterwegs war, geriet verschiedentlich in ein regelrechtes Publikumsgedränge. Erfreulich, wie sehr die Bevölkerung in Frankfurt und Rhein-Main an der Arbeit der Kunstakademie Anteil nimmt. Wie im vergangenen Jahr rechnete die Schulleitung wieder mit 10.000 bis 15.000 Besucherinnen und Besuchern.
Wir sehen uns wieder – am 19. Juni 2019 im Städel Museum, wenn dort die diesjährige Absolventenausstellung der Städelschule eröffnet und der Absolventenpreis 2019 verliehen wird.
Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen/Künstler; Fotos: Erhard Metz
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