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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Martin Holzschuh: „Sein und Nichtsein“ in der Sachsenhäuser AusstellungsHalle

Im Spiegel der reinen Malerei

Von Erhard Metz

Es ist dieses unvergleichliche Rot, dieses ebenso unvergleichliche Blau, es ist das so bisher noch nicht gesehene Ineinander, Miteinander, Füreinander wie Gegeneinander dieser Farben. Es ist das Dunkel, die Düsternis, das eigentümlich verschattete Chiaroscuro dieser Malerei. Es ist deren immer wieder zum Grübeln veranlassende Unergründlichkeit. All dies ist es, das wir in der Vergangenheit im kleinen, mit Leinwänden zugestellten Atelier von Martin Holzschuh gesehen haben, das wir versucht haben zu begreifen und das sich uns doch im Faszinosum seiner Unerreichbarkeit entzog.

painting studio, Öl auf Leinwand, 170 x 150 cm

Nun begegnen wir all diesem wieder, außerhalb der Intimität des engen Ateliers im gestreckten White Cube der Sachsenhäuser AusstellungsHalle, in der „Sein und Nichtsein“ betitelten Ausstellung des stillen, sensiblen Malers. Die Kälte der Helligkeit, der kalkweißen Wände läßt uns diese Bilder umso bedrängender hervortreten.

Berglandschaft, 2014, Öl auf Leinwand, 190 x 150 cm

Martin Holzschuh nimmt uns, wenn wir dazu bereit sind, mit auf eine Reise in seine innere Welt, in seine Existenz im „painting studio“, in seine Vorstellungen einer „Berglandschaft“, in seine Blicke auf sich von der Figuration entfernende Menschen. Jene zeigen sich mit ihren dünnen, überlangen Armen und Beinen, in seinem „Porträt 1“ liegend vor einem Spiegel, in seiner „stewardess“ wie zergliederte Puppen, die im Begriff sind, sich von ihren Extremitäten zu befreien. Was bleibt, sind Selbstreflexion im Anblick des Spiegelbildes, ein staunender wie wissend-erkennender Blick der „stewardess“ aus großen, hervortretenden Augen. Der rote Pumps hat sich längst vom Körper seiner Trägerin getrennt.

↑ Porträt 1, 2018, Öl auf Leinwand, 150 x 115 cm
↓ the stewardess, Öl auf Leinwand, 160 x 140 cm

Erschreckend seine sich einem „Tizianrot“ nähernde, hockende, wie gekrümmt erscheinende „Figur“, den Kopf mit den geschlossenen Augen in übermäßiger Verdrehung auf die rechte Schulter gelehnt. Ein Eindruck hilfloser Schicksalhaftigkeit stellt sich ein. Und doch lebt, „glüht“ diese „Figur“, lodert ein warmer, ja heilender Feuerschein in ihr.

Figur, 2016, Öl auf Leinwand, 70 x 60 cm

la menina, 2018, Öl auf Leinwand, 110 x 140 cm

Mit seiner „menina“, seinem Mädchen, seiner Hofdame – vielleicht denkt er an „Las Meninas“ von Diego Velázquez – beschreitet der Künstler mögliche neue Wege, die ihn in eine völlige Auflösung seiner Vorstellungen in eine Welt der reinen Farbe führen. Möchten wir uns mitnehmen lassen?

Seine „Abendröte“ (wir gestehen, unser Lieblingsbild) hat uns bereits mitgenommen, auf diese wundersame, abenteuerliche Reise in die Unergründlichkeit, die Unendlichkeit dieser Farben. Bewusst wählte der Künstler für seine Arbeit den „Abend“. Und er entlässt uns mit der Frage in die Nacht, welcher Morgen diesem Abend folgen mag.

Abendröte, 2018, Öl auf Leinwand, 70 x 50 cm

Als wir die AusstellungsHalle betraten, stellte sich uns als erstes eine Arbeit in den Weg, die wir – dem Ausstellungsparcours entgegengesetzt – nicht an den Anfang, sondern an den vorläufigen Schluß unserer Betrachtungen stellen. Ihr Titel: „martyrium“. Das Werk erschreckte uns – beim Eingang wie, noch mehr, beim rückblickenden Ausgang aus der Halle. Sehen uns hier Betrachter der Bilder Martin Holzschuhs an? Blicken wir also – selbst Betrachter – gleichsam in einen Spiegel, in den Spiegel dieser erschreckenden, erschütternden, erstaunlichen, so wunderbaren, so Hoffnung schenkenden, uns nicht mehr loslassenden Malerei?

martyrium, Öl auf Leinwand, 140 x 150 cm

Martin Holzschuh, „Sein und Nichtsein“, AusstellungsHalle, nur noch bis zum 3. März 2019

Abgebildete Werke © Martin Holzschuh; Fotos: Erhard Metz

→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (I)

 

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