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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die große Freude – Die neapolitanische Krippe aus St. Leonhard im Dommuseum Frankfurt

In Szene gesetzt: die neapolitanische Krippe und die heiligen drei Könige

Besucher und Besucherinnen der Neuen Frankfurter Altstadt und des Weihnachtsmarktes haben noch bis zum 3. Februar 2019 die Chance, im ehemaligen Kreuzgang des Frankfurter Doms ein Meisterwerk aus der Zeit um 1600 zu bestaunen. Und sie können sich auf ein Wiedersehen mit der beliebten Weihnachtskrippe aus der Stadtkirche St. Leonhard freuen…

Von Petra Kammann

Die neapolitanische Krippe aus St. Leonhard ist derzeit im Dommuseum zu sehen, Fotos: Petra Kammann

Zur Eröffnung der Ausstellung „Die große Freude: Die neapolitanische Krippe aus St. Leonhard“  inmitten des ehemaligen Kreuzgangs des Frankfurter Domes erklangen einladene barocke Lautentöne und süditalienische Weisen – neapolitanische Weihnachtslieder, darunter auch das bekannteste italienische Weihnachtslied „Tu scendi dalle stelle, O Re del Cielo“ („Du steigst von den Sternen herab, o König des Himmels“), das 1754 vom neapolitanischen Theologen und späteren Bischof Alfonso Maria de‘ Liguori in Nola komponiert wurde, kraftvoll und innig von der aus Apulien stammenden Tar’Antonella gesungen und auf der Laute begleitet vom Barockspezialisten Christoph Seehase. Als Ensemble InCoincidenza treten die beiden Musiker auch andernorts im Frankfurter Raum gemeinsam mit alten traditionellen süditalienischen Liedern und Tarantellen auf. Hier stimmten sie das interessierte Publikum atmosphärisch bestens auf das barocke Umfeld der neapolitanischen Krippe ein.

Barockes Ambiente bei der Ausstellungseröffnung mit dem Ensemble InCoincidenza: Antonella Sergi und Christoph Seehase (Laute) trugen alte neapolitanische Weihnachtslieder vor; Fotos: Petra Kammann

Kunstvolle Weihnachtskrippen haben in Neapel eine lange Tradition. Das Neapel des 18. Jahrhunderts war für seine Krippen berühmt, was Johann W. Goethe in seiner „Italienischen Reise“ seinerzeit auch nicht entging: „Hier ist der Ort, noch einer anderen Liebhaberei der Neapolitaner überhaupt zu gedenken“, schrieb 1787 der Frankfurter Dichter. „Es sind die Krippchen (,Presepe‘), die man zu Weihnachten in allen Kirchen sieht, eigentlich die Anbetung der Hirten, Engel und Könige vorstellend, mehr oder weniger vollständig, reich und kostbar zusammengruppiert. Diese Darstellung ist in dem heiteren Neapel bis auf die flachen Hausdächer gestiegen, dort wird ein leichtes hüttenartiges Gerüste erbaut, mit immergrünen Bäumen und Sträuchern ausgeschmückt. Die Mutter Gottes, das Kind und die sämtlichen umstehenden und Umschwebenden, kostbar aufgeputzt, auf welche Garderobe das Haus große Summen verwendet“…

„Il Presepe“, die traditionelle neapolitanische Krippe, wird noch heute in Süditalien am 8. Dezember aufgestellt, während dort das Christuskind erst in der Nacht des 24. Dezember in die Krippe dazu gelegt wird. Die meisten der typischen neapolitanischen Krippen entstanden um 1760/70 in Neapel, wo die Kunst des Krippenbaus ihren Höhepunkt erreichte. Die berühmte neapolitanische Krippe aus St. Leonhard wird nun wegen der noch andauernden Renovierung der Kirche jetzt im Dommuseum am Nebeneingang zum Kaiserdom im Dommuseum präsentiert. Wie ehemals in einem neapolitanischen Adelspalast oder im Kloster im 18. Jahrhundert aufgestellt, machen sich die Figuren auch heute noch auf den Weg zum Jesuskind in der Krippe. Der Engel schwebt über allem… So sieht es die Installation vor, wenn auch schlichter.

Die Krippe als figürliche Darstellung der Weihnachtsgeschichte in einem Bühnenkasten in der Mitte des Kreuzgangs. Die Zeichnung auf der Außenseite mit der Südfassade von St. Leonhard  verweist auf den Ort, in der die Krippe sonst steht

Perspektivisch in einem eigens angefertigten Bühnenkasten inszeniert, in welcher der Bühnenboden kahl blieb, und die Wände eine südliche Landschaft mit Pappeln andeuten, erzählen die über 40 kostbar ausgestatteten Figuren vom Wunder der Geburt Christi: von den Heiligen drei Königen, über die Hirten und Engel, Maria und Josef und das Kind. Sie zeigen auch das Alltagsleben des einfachen neapolitanischen Volkes des 18. Jahrhunderts wie die Bäuerin auf dem Esel, die Bettler, Händler und die Kinder – eine Besonderheit der neapolitanischen Krippe. Dieses handwerkliche Meisterstück, an dessen Herstellung hochbegabte Schnitzer, Ton- und Porzellan-Modellierer, Tuchmacher, Schneider, Gold- und Silberschmiede beteiligt waren, sind in der Vorweihnachtszeit bis Mariä Lichtmess nun im Frankfurter ehemaligen Dom- Kreuzgang zu sehen. Sie erinnern an die Weihnachtsgeschichte, das Ereignis der Heiligen Nacht, das im damaligen Neapel in aufwendige detailgetreue Straßen- und Marktszenen eingebettet wurde.

Ein besonderes Pendant erhält die neapolitanische Krippe im Dommuseum durch das barocke Gemälde der Heiligen drei Könige vor dem Jesuskind. Normalerweise hängt das Bild in über fünf Metern Höhe im Dom. Nun aber kann man wegen einer Restaurierungsmaßnahme im Dom selbst die Details der Figuren und ihre wertvollen Gewänder, welche den Reichtum und die Herkunft der drei Weisen aus dem Morgenland auszeichnen, an diesem Ort auf Augenhöhe betrachten. Man meint, die drei Könige aus dem Morgenland würden mit ihrem Gold, Weihrauch und Myrrhe gleichsam aus dem Gemälde heraus unmittelbar hineinspazieren in die Krippenlandschaft gegenüber.

Die Ausstellung im Dommuseum bedeutet also nicht nur ein Wiedersehen mit den frisch restaurierten Figuren der Leonhards-Krippe und deren ausdrucksstarken Bewegungen und kunstvoll modellierten Köpfen; das detailreiche Gemälde des flämischen Meisters der Zeit um 1600 – es stammt vermutlich aus dem Umkreis des Antwerpener Malers Gerard Seghers (1591-1651) –, hängt normalerweise kaum wahrnehmbar hoch oben im Nordquerhaus des Doms. Nun kann man es ganz aus der Nähe auf Augenhöhe studieren. Ein Museum gewährleistet  eben doch eine differenziertere Wahrnehmung eines Kunstwerkes als der Raum einer Kirche. Und doch führt gerade hier im Dommuseum das sakrale Ambiente des einst kirchlichen Raums  zu einer stärkeren Aufmerksamkeit und Konzentration, die man woanders in der Vorweihnachtszeit zunehmend vermisst.

 Museumsleiterin Bettina Schmitt stellt das frisch renovierte Gemälde „Die Anbetung der Könige“ vom ehemaligen Dreikönigsaltar aus dem Frankfurter Dom (1619) vor

Öffentliche Führungen zur Advents- und Weihnachtszeit im Dommuseum

8.12. – 23.12. jeweils SA & SO und am SO 6.1.2019, 15 Uhr

Öffnungszeiten

DI – FR 10 – 17 Uhr / SO, SO & Feiertage 11 – 17 Uhr
MO geschlossen

Öffnungszeiten an Weihnachten

MO 24.12. & DI 25.12. geschlossen / MI 26.12., 11 – 17 Uhr geöffnet

Öffnungszeiten an Silvester

MO 31.12. geschlossen / DI 1.1.2019, 11 – 17 Uhr geöffnet

DING UND Transzendenz 

KRIPPE 

Eine Veranstaltung in der Reihe DING UND Transzendenz, die das Dommuseum gemeinsam mit der Akademie Rabanus Maurus veranstaltet.

Kunstwissenschaft, Philosophie und Theologie im Gespräch 

Mit Günter Kruck, Bettina Schmitt und Stefan Scholz 

DI 18.12.2018 / 19 – 20 Uhr 

im Dommuseum im Kreuzgang des Frankfurter Doms 

Die neapolitanische Weihnachtskrippe aus St. Leonhard, die das Dommuseum zur Zeit im Kreuzgang des Frankfurter Doms zeigt, steht am Dienstag, 18.12., ganz im Mittelpunkt der Reihe DING UND Transzendenz. Eine wunderbare Gelegenheit, die Magie der Weihnachtsgeschichte, die Erzählung von der Geburt Christi, mit all ihren Elementen – der Geburt im Stall, der Verkündigung an die Hirten und dem Besuch der heiligen drei Könige – genauer in den Blick zu nehmen und beispielsweise zu fragen, welche symbolische Bedeutung die kostbaren Gaben Weihreich, Myrrhe und Gold haben. 

Eintritt frei

http://www.dom-frankfurt.de

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