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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Medienpreis der Steuben-Schurz-Gesellschaft (SSG) an Gayle Tufts

Brückenbauerin zwischen Deutschland und den USA

„Wir müssen Wunder in unserem Alltag haben“

von Renate Feyerbacher

„Ich fang an zu heulen, bin verklemmt jetzt, fühle mich sehr geehrt“, das sagt Gayle Tufts sichtlich berührt am 13. September bei der Medienpreisverleihung der Steuben Schurz Gesellschaft in den Räumen des Privatbankiers Hauck & Auffhäuser. Die Freude darüber, dass die SSG sie erwählt hat, ist echt…

Gayle Tufts

Ein kleiner Filmausschnitt zeigt Gayle Tufts vor etlichen Jahren, da war sie noch mollig. Der SPIEGEL nannte sie 1997 eine „komische Knubbel“. Bei der Preisverleihung erobert eine elegante, schlanke 58erin das Rednerpult und unterhält mit feiner Ironie und Witz die Gäste. Sie erzählt, wie sie zum Tanz kam, von ihrer Zeit in New York, wo sie unter anderem mit dem Komponisten Philip Glass (*1937), berühmt für seine Minimal Music, zusammenarbeitete. In den 80ern kommt sie nach Berlin, ist Backupsängerin bei Max Goldt (*1958), Schriftsteller, Komponist von Songs zur Zeit der Deutschen Welle. In der Tanzfabrik Berlin agiert sie als Performerin zusammen mit Dieter Heitkamp als Regisseurin und Lehrerin. Professor Heitkamp, heute Direktor des Ausbildungsbereichs zeitgenössischer und Klassischer Tanz an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt, ist anwesend und wird von Gayle Tufts dankbar erwähnt.

Profesor Dieter Heitkamp, Gayle Tufts, Lutz Gajewski, Manager, Ehemann

Seit 28 Jahren sieht sich die Entertainerin, sie versteht sich nicht als Kabarettistin, sondern als Brückenbauerin zwischen Sprache und Kultur, vor allem zwischen den Menschen in den USA und Deutschland. Sie habe nie gedacht, dass ausgerechnet sie in Deutschland ihr Glück und einen Ehemann in Bremen finden würde. Schließlich wurde sie im November 2017 Deutsche. Leicht gefallen ist es ihr nicht, aber Donald Trump scheint den Schritt zu ihrer Einbürgerung beschleunigt zu haben. Die 33 Einbürgerungs-Fragen – so ist zu lesen – hat sie alle spielend beantwortet. Endlich dürfe sie auch in Deutschland wählen und nicht nur Steuern zahlen. „Let‘s get Deutsch!“. Wichtig ist für sie vor allem, in einer Demokratie zu leben.

Das Alltägliche interessiert sie. Herrlich, wie sie die ein oder andere deutsche Marotte aufs Korn nimmt, nicht beleidigend, sondern freundlich feststellend. Auf die Frage, wie es geht es, sagt der Amerikaner: „fine“, der Deutsche dagegen eher: „na ja“. Dabei ist er auch noch misstrauisch.

Sie ist eine Sprachkünstlerin mit dem Markenzeichen Denglisch, ein Multitalent, so schildert Katrin Seibold, die Kulturjournalistin bei 3 sat, sie in ihrer Laudatio.

Die einen werden sich an „Deutschland für Einsteiger“, eine sechsteilige Dokumentation in ZDFneo, die seit November 2010 läuft, erinnern, andere konnten 2014 ihre Show „Love“, die als ihre beste bezeichnet wird, im Berliner Tipi neben dem Kanzleramt erleben. Sie schrieb Bühnenmusik, hatte eine Kolumne im Radio und viele Bühnenshows. Zur Zeit tourt sie unentwegt in Deutschland.

Sie erhalte den Preis als Autorin, betont Gayle Tufts. Fünf Bücher sind es mittlerweile: „Absolutley unterwegs – eine Amerikanerin in Berlin“ (1999 Ullstein), „Miss Amerika“ (2006), „Weihnacht at Tiffany’s“ (2007),  „Some like it heiß“ (Ruetten&Loening 2012 ). Ein sehr persönliches Buch, in dem sie vom Verlust geliebter Menschen, vom Tod ihrer Mutter, von den elenden täglichen Hitzewallungen, die Wechseljahre mal so mit sich bringen, erzählt. Nie ist sie larmoyant. Daraus wurde wie so oft eine Bühnenschau, die in der Frankfurter Rundschau als „Pures Dynamit“ bezeichnet wurde.

2017 erschien „American Woman: How I lost my Heimat and found my Zuhause“ (Aufbau Verlag).

v.l.n.r.: Claudia Pörings, Stellvertretende Präsidentin SSG, Professor Jan Viebig, Privatbank Hauck &Auffhäuser, Gayle Tufts, Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels

Die Präsidentin der Steuben-Schurz Gesellschaft, Dr. Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, überreichte Gayle Tufts traditionsgemäß einen Stich, der Frankfurt zeigt. Gayle Tufts,  zweifelsohne eine der besten Entertainerinnen der Deutschen Comedy Szene, ist am 27. und 28. September 2018 mit „American Women“  – Lesung, Comedy und Musik in dem Frankfurter Kabarett  Die Käs live zu erleben.

Alle Foto: Renate Feyerbacher

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