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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Städelschule: Rundgang 2018 (4)

Künstlerdasein im Prekariat –
Sehnsuchtsblick aufs Städel

Von Erhard Metz

Vier wunderbare Arbeiten, denen wir unseren eigenen Preis zugesprochen hätten, greifen wir aus dem diesjährigen Rundgang durch die Städelschule heraus.

Unlängst, Ende Januar, diskutierten der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann und drei Mitbewerberinnen um dieses Amt im Ausstellungsraum Eulengasse mit Künstlerinnen und Künstlern über deren existentielle Situation in Frankfurt am Main. Ganz im Vordergrund standen dabei die für die meisten kaum mehr erschwinglich hohe Mieten für Ateliers und Wohnungen, ferner die notwendige Künstlerförderung wie auch eine Gründerhilfe beim Aufbau einer künstlerischen Existenz. Vier Studierende der Städelschule gaben in der jüngsten Rundgangsveranstaltung, so meinen wir, je nach Temperament und Inspiration ungewollt eine künstlerische Antwort darauf – mal deftig-sarkastisch, mal romantisch-poetisch.

Janusch Ertler, Kiste 1

Janusch Ertler baut im Zentrum der Lichthalle ein geniales Künstler-Einraum-Wohnschlaf-Atelier, ein fünf bis sechs Quadratmeter kleines „Zimmer“ (in Frankfurt für wieviel hundert Euro Miete monatlich?) sollte dafür reichen. Das – nicht ohne Ironie – fein säuberlich bezogene Bett fährt in den All-in-one-Atelierarbeitstisch ein, in den Bettschubladen lagern die fertigen wie unfertigen Arbeiten. Wenn er im Herbst sein Studium beendet haben werde, sagt der Künstlerstudent, werde er zunächst in solchen Umständen leben und arbeiten müssen. Und wiederum von feiner Ironie: Das Kunstwerk ist aus wertvollen Materialien handwerklich meisterhaft gearbeitet: aus afrikanischem Mahagonie und sibirischer Lärche.

Kontrastierend in den künstlerischen Mitteln dagegen die Installation von Guy Gormley (mit Thomas Bush) im Souterrain des Akademiegebäudes, einem Rundgangpreisträger 2018: ein schmales Zimmer mit kleinem Fenster, die Matratze auf dem Boden, Betttuch und Bettdecke losgestrampelt, ein Kopfkissen fehlt, kleine Lampe, kleines Radio, ein Foto der Freundin – sarkastische Vision eines prekären Künstlerdaseins?

Guy Gormley (mit Thomas Bush)

Szenenwechsel. Als einen Sehnsuchtsblick aufs Städel Museum möchten wir die beiden Arbeiten von Atiéna Lansade und Immanuel Birkert begreifen.

Atiéna Lansade scheint sich mit ihrer schwebenden, transparenten Arbeit vor dem Fenster eines Schulateliers in das der Akademie gegenüberliegende, wie die Städelschule weltweit renommierte Museum hineinzuträumen.

Atiéna Lansade

Immanuel Birkert (Rundgangpreisträger 2018) scheint hingegen am Sehnsuchtsort bereits angekommen zu sein: In eine Blendnische des Museumsbaus stellt er eine Vase mit Blumenstrauß. Der Hausherr, Städel-Direktor Philipp Demandt, hatte dazu sein Einverständnis erteilt. Verheißungsvolles Zeichen einer künftigen Zusammenarbeit zwischen der Akademie und dem Museum, die beide den Namen Johann Friedrich Städels tragen?

Immanuel Birkert

Fotos: Erhard Metz

→ Städelschule: Rundgang 2018 (1)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (2)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (3)
→ Städelschule: Rundgang 2018 (5)

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