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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (V)

 

Allerlei Interessantes:

installativ
performativ
skulptural
fotografisch

 

 

Von Erhard Metz

 

Mit den insgesamt fünf Folgen von Kurzreportagen geben wir anhand von Beispielen einen Überblick über das künstlerische Schaffen im AtelierFrankfurt, dem größten Künstlerhaus in Hessen und einem der größten in Deutschland. Mit der Existenz eines solchen Hauses unterstreicht die Stadt Frankfurt am Main ihren Ruf nicht nur einer Museumsmetropole, sondern auch als Ort eines lebendigen zeitgenössischen Kunstgeschehens. Wir verbinden dies mit der Hoffnung und Erwartung, dass im kommenden Jahr der über fünf Jahre laufende Vertrag mit dem Eigentümer der Liegenschaft zu vernünftigen Konditionen für eine weitere Nutzungsperiode verlängert werden kann und sehen dabei auch die Stadt in einer besonderen Pflicht.

Zaubermeisterin des Lichts: Diana Ninov

Diana Ninov, Atelier-/ Ausstellungsansicht (bei Tages- bzw. Kunstlicht und Schwarzlicht); Fotos: Erhard Metz

Ja, sie zaubert in der Tat mit Licht, vor allem mit dem sogenannten Schwarzlicht, der UV-A-Strahlung, die in der Dunkelheit Gegenstände mit fluoreszierender Oberfläche zum Leuchten bringt. Aber auch ohne Schwarzlicht sind Diana Ninovs künstlerisch wie handwerklich ausgetüftelte Arbeiten von feiner Komposition absolut sehenswert. Die Künstlerin – examinierte Diplom-Designerin für Visuelle Kommunikation – ist in der „Szene“ wie auch weit darüber hinaus in Stadt und Land bekannt: Wo immer Spektakuläres mit Lichtkunst stattfindet, ist Diana Ninov mit von der Partie.

Braut schwer verdaulichen Trank: Kai Söltner

Kai Söltner, Atelieransicht mit gekochtem Buch „Mein Kampf“; Foto: Erhard Metz

Kai Söltner kocht und kocht und kocht … und zwar Bücher (!) – neben den vielen anderen seiner künstlerisch-schöpferischen Tätigkeiten. Und was kochte er heuer? Hitlers „Mein Kampf“. Wie Sie wissen, liebe Leserinnen und Leser, verabreicht er den Bücher-Kochsud in kleinen Portionen zum Trinken, und wer, all seinen Mut zusammenraufend, das Gebräu zu sich nimmt, verinnerlicht das Buch dermaßen, dass er es nicht auch noch zu lesen braucht. Na ja, wir hoffen mal auf eine intelligente Trinkerschaft! Uns jedenfalls blieb eine „Probe aufs Exempel“ – wie dann auch anschließend der sicherlich zwingend notwendige Genuß eines oder mehrerer Magenbitter oder gar der Besuch beim Gastroenterologen – erspart.

Backt „hartes Brot“, die Speise vieler Kunstschaffenden: Sabine Kuehnle

Sabine Kuehnle, o.T. (Brotscheiben), 2017, Bronze, 18 x 7,5 x 3,5 cm; Foto: Erhard Metz

Sabine Kuehnle ist mit ihren Arbeiten in vielen Kunstgattungen unterwegs, vor allem im Bereich der Skulptur und Installation. Jüngst lernten wir sie nun als Bronzeguß-Bildhauerin kennen. Die vertrockneten Brotscheiben brachte sie allerdings im Original in den Herstellungsprozeß des Bronzegusses ein. „Eklig“ und vergammelt patiniert serviert sie das Ergebnis dem Betrachter. An dessen Assoziationsvermögen braucht nicht sonderlich appelliert zu werden: Es ist das „harte Brot der Kunst“, das sehr viele Künstlerinnen und Künstler essen müssen. Ein gar nicht so stiller Protest und eine großartige Arbeit obendrein!

Kuckucksuhr im Betonbrutalismus: Guido Zimmermann

Guido Zimmermann, Cuckoo Block #2 Glenkerryhouse, © VG Bild-Kunst, Bonn, Foto: der Künstler

Guido Zimmermann ist ein begnadet befähigter Maler, nicht zuletzt seine Fassadenmalereien im öffentlichen Raum sind in der Stadt Frankfurt am Main weithin bekannt. Im AtelierFrankfurt lernten wir ihn zusätzlich als genial-subversiven Baster kennen: Er baut Uhrwerke einschließlich Ziffernblätter, Zeiger und rufenden Kuckucksvögeln leibhaftiger „Kuckucksuhren“ in feinst gebaute Modelle mehr oder weniger eindrucksvoller oder auch scheußlicher Architekturen ein – am Beispiel hier des betonbrutalistischen Glenkerry House des Architekten Ernő Goldfinger in London. „Wohnmaschinen“, in denen sich die Einwohner kaum begegnen und sich nicht untereinander kennen, stehen in Kontrast zur Idylle eines biederen – eben mit einer Kuckucksuhr geschmückten – Heims. Auf der anderen Seite verweist der Künstler mit der Werkreihe „Cuckoo Blocks“ auf die umsichgreifende Gentrifizierung in den Städten: War das Glenkerry House einst Wohnstätte von Durchschnittsbürgern, so sind dessen Wohneinheiten heute nur noch für ein „hippes“ – wie es Zimmermann nennt – Londoner Wohlstandspublikum bezahlbar.

Jünger einer „Polaroiditis“: Klaus Weddig

Klaus Weddig, 1960 in Clausthal-Zellerfeld geboren, studierte in Bielefeld und Darmstadt Fotografie und am Offenbacher Stadttheater Bühnentechnik und Licht. Seit 1990 arbeitet er als freier Fotograf in Frankfurt. Im Rahmen seiner „Polascapes“ fotografiert er seit vielen Jahren auch mit klassischen Polaroidkameras und entsprechendem Polaroidmaterial.

Klaus Weddig, Playa III, Roche, 2007, Fine-Art Pigment Print auf Alu-Dibond, 100 x 124 cm; Foto: der Künstler

Die als Pigment Print vergrößerten Originale erinnern an Malerei, besonders an die impressionistische. Der Betrachter des Strandmotivs fühlt geradezu die flirrende Mittagshitze, spürt den heißen Sand unter den Fußsohlen. Die technisch bedingte, aber vor allem auch künstlerisch gewollte „Unschärfe“ hält die im Sekundenbruchteil festgehaltene Szenerie gleichwohl auf geheimnisvolle Art in flimmernder Bewegung. Der handgefertigte, Distanz vermittelnde Schattenfugenrahmen bewirkt zugleich den Eindruck eines Bühnenraums.

Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen und Künstler bzw. VG Bild-Kunst, Bonn

KUNSTWERKE KANN MAN ERWERBEN!
Die Künstlerinnen und Künstler sind auf der Website des AtelierFrankfurt
verzeichnet und zu erreichen


→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (I)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (II)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (III)
→ AtelierFrankfurt: Open Studios 2017 – Rundgang und Nachlese (IV)

 

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