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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Absolventenausstellung 2017 der Städelschule (3) – medienübergreifende und installative Arbeiten

Von Erhard Metz

Nicht weniger als 38 Studierende verlassen dieses Jahr als Absolventen der Städelschule diese weltweit renommierte Kunstakademie. Leider können im Rahmen unserer streiflichtartigen Reportagen nicht alle Arbeiten aller der angehenden Künstlerinnen und Künstler aufgegriffen werden, obgleich sie es verdient hätten. Hier eine weitere beschränkte – notwendigerweise subjektive – Auswahl aus der nur noch bis zum kommenden Wochenende im MMK1 und MMK3 laufenden, überaus sehenswerten Ausstellung. Neben den „klassischen“ Fachrichtungen Malerei und Bildhauerei treffen wir eine Vielzahl medienübergreifender und installativer Arbeiten an.

↑↓ Natalia Rolón, The lover learns from negation and estrangement, 2017, Öl auf Leinwand, Teppich, Keramik, Stahl, LED-Lampen

Natalia Rolón (geboren 1981 in Buenos Aires, Klasse Josef Strau) empfängt die Besucher am Eingang zum MMK3 mit einer theatermäßig wirkenden Rauminstallation und Elementen von Malerei. Die Arbeit, die sicherlich autobiographische Bezüge aufweist, bildet das Entrée zum Foyer vor dem Aufgang zum ehemaligen Zollamtssaal mit den übrigen Exponaten.

Damien Butler (1984 in Sydney geboren, Klasse Tobias Rehberger) inszeniert den Souterrainraum im MMK3 zum einen mit einer spiegelnden Decke, die bei Besuchern einige Irritationen in deren Orientierungsvermögen zu bewirken vermag. Der eigentliche Gegenstand der auch olfaktorisch wahrnehmbaren Arbeit ist ein Duft, erzeugt wohl – folgt man deren Titulatur – von einem Ferment des im Boden vorkommenden Bakterium Streptomyces coelicolor, auf den zwei im Fenster stehende Parfümfläschchen verweisen.

↑↓ Damien Butler, Matti Ka Attar, 2017, Biosythetisierter Duftstoff von bifunktionalem Streptomyces Coelicolor Enzym, Wachs, Offsetplatten, Papier, Aluminium, PAR Lampen

Die 1986 in Tornio, Finnland geborene Hanna-Maria Hammari (Klasse Tobias Rehberger) wartet im MMK1 mit einem vor den Eingängen zum Vortragssaal wie zu den Serviceräumen kauernden Wolfsrudel auf. Wer verinnerlicht, dass es sich hier um ein Kunstwerk handelt, wird sich von seinen angestrebten Wegen sicherlich nicht abbringen lassen, aber ein doch beklemmendes, zumindest irritierendes Gefühlt stellt sich ein. Möchte man sich auf den Bänken in dem kleinen Souterrain-Foyer niederlassen?

Hanna-Maria Hammari, Pack of Wolves, 2017, Stahl, Kunstfell, Maschendraht

Il-Jin Atem Choi mit: Public Viewing Sculpture, 2017, Holz, Metall, Polyharnstoff, Stoff; Teil einer Trilogie mit „Kopfscheinplaster“ und „Der einbeinige Herrscher kehrt zurück“

Il-Jin Atem Choi – er wurde 1981 in Moers geboren, studierte in der Klasse von Tobias Rehberger und zählt zu den bereits durchaus arrivierten Absolventen – scheint vor seiner Arbeit im Dreieckssaal des MMK1 ins Schwärmen zu geraten – oder dirigiert er ein imaginäres Orchester? In seinen philosophisch fundierten Arbeiten untersucht er das Ding im Ding, die Wirklichkeit hinter der äußeren Erscheinung.

Der gebürtige Frankfurter Lars Karl Becker (*1984) – auch er studierte in der Klasse von Tobias Rehberger – stellt im MMK1 eine in den Raum greifende Werkgruppe mit teils skurrilen, roboterhaften und spinnenbeinigen Gebilden wie auch popartigen Elementen vor, mit der man sich einmal eingehender auseinandersetzen sollte. Die Stelen seiner „Sockelwerke“ beschriftet er gleich mit den entsprechenden Titeln.

Lars Karl Becker
↑ Not too subtle, what’s going on there, 2017, Feilbock, Uranverbindungen, Glas (li.), Zero Tolerance for Regrets, 2017 Hundespielzeug, Stacheldraht, Tresor (re.), Do, you regret abiding by society’rules?, 2017, Acryl auf Leinwand (hinten)
↓ Bringing New Fans to Different Disciplines, 2017, Acryl auf Leinwand

Eine Referenz an seinen Lehrmeister Tobias Rehberger, in dessen Klasse er studierte, scheint Sathit Sattarasart (1979 in Chonburi, Thailand geboren) zu bezeugen: Eine Originalarbeit des Meisters umrahmt er mit einer strahlend weißen Rundum-Liegebank, auf der sich der Besucher mit Hilfe zweier Kissen bequem wie absolut kunstnah ausstrecken kann. Der Titel des Rehberger-Werkes lautet: „Araber, Chinesen, Griechen, Pariser und Mallorquiner, die auch schon mal besser aussahen (früher)“, ein Aquarell auf Papier aus dem Jahr 2014 (Courtesy of Galerie Grässlin) – zu sehen im Dreieckssaal des MMK1.

Sathit Sattarasart, It is what it is (a pedestal for Tobias Rehberger), 2017 Glas, MDF, Holz, Stoff; Sitzen und liegen (ohne Schuhe) erlaubt, aber bitte nicht drauftreten. Danke!

Julian Irlinger , links und rechts gleichlautend: Props, 2017, jeweils Lentikulardruck

Erstaunliche optische Effekte erreicht Julian Irlinger (1986 in Erlangen geboren, Klasse Willem De Rooij) mit seinen Lentikulardrucken (Linsenrasterdrucken) im MMK1. Es sind Vexierbilder, besonders das rechts abgebildete: es ist nur für die Museumsangestellten, nicht aber für die Besucher erreichbar, auf einer Ebene über dem Aufgang zum Dreieckssaal angebracht.

Einen hölzernen, mit Plexiglas versehenen, aber bildlosen Rahmen, noch dazu „um die Ecke“ gebogen, zeigt Tomás Nervi, 1986 in Buenos Aires geboren (Klasse Josef Strau). Die klug in eine Raumecke des MMK1 gefügte Arbeit lädt zu mancherlei Gedankenspielen ein.

Tomás Nervi, The Standard, 2017 Glas, Holz

Abgebildete Werke © jeweilige Absolventen; Fotos: Erhard Metz

Die Ausstellung der Absolventenarbeiten im Museum für Moderne Kunst MMK1 und MMK3 läuft nur noch bis 12. November 2017

→ Absolventenausstellung 2017 der Städelschule – Absolventenpreis an Leda Bourgogne
→ Absolventenausstellung 2017 der Städelschule (2) – Leda Bourgogne, Richard Nikl, Julia Zabowska, Felix Muffin Bolze

 

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