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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Saisoneröffnung an der Oper Frankfurt: Il Trovatore von Giuseppe Verdi

Albtraum der Vergangenheit, brennendes Kind, brennende Liebe, brennender Hass

Text: Renate Feyerbacher und Fotos: Barbara Aumüller / Oper Frankfurt

Verdis Dramma lirico eröffnete am Sonntag, den 10. September, die Saison an der Oper Frankfurt. Die Koproduktion mit dem Royal Opera House Covent Garden in London, wo die Premiere bereits im Dezember 2016 stattfand, erfreute sich vieler Bravos, aber auch einiger Buh-Rufe.

Kihwan Sim (Ferrando; in der Mitte stehend) sowie Chor und Statisterie der Oper Frankfurt

Dumpfe Töne, kein Vorspiel, ein Bühnen-Prospekt voll bekritzelt, in grossen Lettern der Name LEONORA mit Pfeilen zu Querverweisen. Dann flattern ominöse Vögel, Noten schlängeln sich als Troubadour Manrico, der hinter der Bühne ein Liebeslied singt. Seltsam und verwirrend. Ein Panzer, Symbol für die Partei des Grafen Luna, der auf Seiten des Königs gegen den Herzog von Urgel kämpft und dessen Anführer Manrico ist, fährt auf die Bühne. Hauptmann Ferrando (markant das Ensemblemitglied Kihwan Sim) muntert die träge herum lungernden Soldaten mit der Vorgeschichte des Operngeschehens auf. Zwei Söhne hatte der Vater des jetzigen Grafen: Luna und Manrico. 15 Jahre zuvor hatte der Vater eine Zigeunerin, die angeblich sein Kind verhext hatte, verbrennen lassen. Ihre junge Tochter Azucena musste das mit ansehen. Sie schwor Rache, entführte Manrico, das jüngere Kind des Grafen, um es ins Feuer zu werfen. In ihrer brennenden Wut warf sie allerdings das eigene Kind in die Flammen. Manrico zog sie auf und behütete ihn mit überschwänglicher Mutterliebe, die Manrico ohne wenn und aber erwidert. Graf Luna hatte nie aufgehört, den Bruder zu suchen wie auch die Tochter der Zigeunerin.

v.l.n.r. Piero Pretti (Manrico), Elza van den Heever (Leonora) und Brian Mulligan (Conte di Luna)

Früh begegnen sich die Brüder und sehen sich in doppelter Hinsicht als Gegner, nämlich als Kämpfer und als Liebende, denn Graf Luna brennt ebenso in Liebe zu Leonora wie Manrico.

Der Konflikt ist vorgezeichnet, als Leonora als fröhlich-verliebter Teenager auftretend, ihrer Freundin Ines (Alison King) von ihrer Liebe zum Troubadour vorschwärmt und sich plötzlich zwischen beiden Männer-Fronten befindet. Beide wollen verhindern, dass Leonora, die Manrico für tot hält, ins Kloster eintritt. Leonora und Manrico fliehen schließlich. Azucena, die Manrico endlich die Wahrheit sagte, wird festgenommen, Manricos Truppen werden besiegt, ihr Anführer Manrico wird gefangen genommen. Nato-Stacheldraht ist das einzige Requisit in der Szene des Gefangenenlagers. Das spartanische Bühnenbild von Patrik Bannwart, der auch die Videos verantwortet, ist stark, die Feuerszene am Ende faszinierend. Der Panzer ist das Symbol der Königstreuen unter Graf Luna, der Wohnwagen das Symbol der Zigeuner, der Rebellen unter Manrico. Witzig das kuriose Auto mit Pferdedeichsel, das sich die Männer zusammengebastelt hatten. Die Buh-Rufe haben sich vermutlich vor allem auf die Regie bezogen.

Marianne Cornetti (Azucena; Bildmitte) und Ensemble

Regisseur David Bösch (Der Fliegende Holländer“ von Richard Wagner an der Oper Frankfurt) führt die Figuren nicht und lässt sie fast nur an der Rampe singen. Das wirkt sehr statisch. Die Oper spielt zu Beginn des 15. Jahrhunderts, Bösch hat sie in die Jetztzeit versetzt. Das ist nachvollziehbar, ist doch das Motiv Rache, die Liebe sowieso auch heute immer noch Thema. Es geht ihm nicht um Geschichte, sondern um Emotionen. Sein Gedankengang ums Feuer, um das brennende Kind, die brennende Zigeunerin, durchzieht die ganze Inszenierung. Ein großes Spannungsfeld. Es müssen keine opulenten Kostüme (Meentje Nielsen) vergangener Zeit sein wie vor einigen Jahren in Salzburg getragen werden. Aber Leonora war dann doch zu kess und Azucena zu ungünstig ausstaffiert.

Elza van den Heever (Leonora)

Die Begeisterung für die Sängerinnen und Sänger war total. Man brauche nur die vier besten Sänger der Welt zu nehmen, meinte seinerzeit der weltberühmte Sänger Enrico Caruso. Dann wäre „Il trovatore“ schon leicht zu realisieren. Dabei ist die Oper ein ganz schöner Kraftakt vor allem für die Sängerin der Leonora. Sopranistin Elza van den Heever, einst Ensemblemitglied, hat die Partie überwältigend gesungen und eindrucksvoll gespielt.

Um Manrico zu befreien, versprach sich Leonora dem Grafen Luna und nahm Gift. Manrico fühlt sich verraten. Er versteht nicht, was passiert ist. Das erste Bild des vierten Aktes wird von den Arien Leonoras beherrscht. Mit „D’amor sul’ali rose – Auf den Rosenflügeln der Liebe“ wühlt Elza van den Heever geradezu auf. Der sardische Tenor Piero Pretti, erstmals an der Oper Frankfurt, singt Manrico. Eine schöne, klare Stimme, die die kniffligen Höhen problemlos erklimmt. Brian Mulligan, regelmäßiger Gast an der hiesigen Oper,  s.:Die Passagierin“ von Mieczyslaw Weinberg an der Oper Frankfurt“>„Die Passagierin“ von Mieczyslaw Weinberg an der Oper Frankfurt, überzeugt als Graf Luna mit sonorer Stimmkraft. Die Amerikanerin Marianne Cornetti sprang kurzfristig für die erkrankte Tanja Ariane Baumgartner ein. Cornetti zählt zu den führenden Mezzosopranistinnen ihres Landes. Anfangs mit zu viel Vibrato steigerte sie sich dann aber zunehmend. In den Duetten mit Manrico am Ende der Oper entfaltet sie ganz ihre wunderbare Stimme. Auch stimmgewaltig die Chöre, die Tilman Michael einstudierte.

  

Piero Pretti (Manrico) und Elza van den Heever (Leonora)

Und die Musik: Der Italiener Jader Bignamini leitet das Frankfurter Opern- und Museumsorchesters einsichtig und sehr differenziert, die Sänger behutsam begleitend.

Giuseppe Verdi (1813 – 1901) war vierzig Jahre alt, als „Il Trovatore“ endlich auf die Bühne kam, begeistert gefeiert vom Publikum. Das war am 19.Januar 1853 im Teatro Apollo in Rom. Am 6. März des gleichen Jahres wurde „La Traviata“ am „Teatro La Fenice“ in Venedig uraufgeführt und fiel zunächst durch. Sein „Rigoletto“, den er als gelungenste Oper schätzte, durch den er Weltruhm erlangte, war am 11.März 1851 in Venedig ein großer Erfolg beschert.Rigoletto“ von Giuseppe Verdi an der Oper Frankfurt“>„Rigoletto“ von Giuseppe Verdi an der Oper Frankfurt

Es war eine der fruchtbarsten Schaffensperioden des Komponisten. Dass „Il trovatore“ Rükschläge erleben musste, lag auch am Libretto von Salvatore Cammarano, der mit dem Sujet nicht klarkam und vor der Fertigstellung starb. „Im Übrigen ist mein ursprünglicher Verdacht, dass Euch dieses Drama nicht zusagen würde, nun vielleicht bestätigt.“ (aus dem Brief Verdis vom 9. April 1851 an Cammarano – Zitat Programmheft.) Verdis Musik jedoch fängt die Schwächen des Librettos auf. Ein Meisterwerk, das in der Oper Frankfurt musikalisch hervorragend und kompetent erklang.

Weitere Vorstellungen am 17., 23., 30. September, am 3., (15,30 Uhr) 7. Oktober, am 15., 23., 25 (18 Uhr)., und 31. Dezember jeweils um 19,30 Uhr und weitere drei Vorstellungen im Januar 2018.

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