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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Das Musée d’Arts de Nantes und eine filgrane Installation von Susanne Fritscher

Das ehemalige Musée des Beaux Arts von Nantes wurde als Musée d’Arts de Nantes  zum Sommeranfang 2017 nach 6-jähriger Renovierung wieder eröffnet. 

Eindrücke und Fotos von Petra Kammann


Die frisch renovierte Fassade des Musée d’Arts de Nantes

Nantes ist seit einigen Jahren eine dynamische Stadt, die auf Innovation und Kreativindustrie gesetzt hat. „Le voyage à Nantes“ – so der stadteigene Slogan – ist immer eine Reise wert, besonders aber auch der Kunst wegen. Dabei hat die einstige Hafenstadt an der Loiremündung ihre Geschichte nicht vernachlässigt, so auch nicht das Musée des Beaux Arts, das bislang in einem mächtigen Palais des ausgehenden 19. Jahrhunderts seine kostbare Kunstsammlung vom 13. bis zum 20. Jahrhundert beherbergte.

Doch war das Museum in die Jahre gekommen und mehr als renovierungsbedürftig, u.a. weil die Fassade angegriffen, die Oberlichter, von denen das Licht auf die Kunstwerke fiel, nicht mehr dicht waren und weil sich die Verbindung von alter und neuer Kunst heute anders erschließt. Nach sechs Jahren Museumsschließung, Überarbeitung und einem zusätzlichen Neubau hat das Museum, das inzwischen Musée d’Arts de Nantes heißt, in diesem Sommer seine Tore wieder für das Publikum geöffnet.

Das ursprüngliche Gebäude, das 1900 in der Rue Clemenceau eröffnet worden war, war inzwischen für die Sammlung mit 12.000 Werken, die sich in den letzten Jahren durch bedeutende zeitgenössische Werke vergrößert hat, zu klein geworden. Nun können zusätzlich weitere 900 Werke gezeigt werden, von der alten Malerei aus dem 13. Jahrhundert bis zur zeitgenössischen Videoinstallation. Dabei macht die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts inzwischen 55% der Sammlung aus. Da mussten neue Verbindungswege gefunden werden.

Die bisherige Ausstellungsfläche wurde vom britischen Architekturbüro Stanton Williams um 30% erweitert, auf dessen Konto auch das Royal National Theater, der Tower of London oder das Theater in Belgrad geht. Nun flutet ein 3 500 m2 große Glasfläche das Licht ins Innere des Museums. Ursprünglich gab es keine Verbindung zwischen den früheren und den heutigen Werken. Das hat sich nun gründlich geändert.

Da die Architekten das Palais auf geschickte Weise mit der dahinterliegenden Gebetskapelle, die früher nur über den Museumsgarten zugänglich war, verbunden haben, wirkt das Ensemble schon zur Straße hin heute sehr einladend, zumal sie einen minimalistischen vom lokalen Tuffstein inspirierten Kubus aus hellem Marmor wie einen Bindestrich in den Gebäudekomplex eingeschoben haben. Das gelungene neue 2 000 m2 große Gebäude, der „Cube“ ist dabei ausschließlich der zeitgenössischen Kunst gewidmet.

Verbindungsgang zum White Cube

 „Die Transformation des alten Palais mit seinem neuen Vorplatz ebenso wie die neue Erweiterung, welche das Museum mit der Kapelle miteinander verbindet, ergeben ein museales Ensemble, das sich zur Straße hin öffnet, zum Viertel wie auch zur Stadt und ihren Bewohnern hin. Durch dieses Projekt wollten wir das wunderbare Licht des Atlantik sichtbar machen, in das die verschiedenen Galerien getaucht sind“, erläutert Patrick Richard, einer der beiden Architekten. Das ist den Baumeistern wirklich geglückt.

Blick in das Souterrain des Museums, wo vor allem pädagogische Räume, Restaurierungsateliers, ein Konferenzsaal, eine Salle blanche und das Depot untergebracht sind

Außerdem wurde sowohl ein Museumscafé wie auch eine Buchhandlung in den Eingangsbereich integriert. Die Kosten der aufwändigen Renovierung betrugen insgesamt erstaunlicherweise „nur“ 88,5 Millionen Euro inklusive der Fassadenrenovierung und der Restaurierung einiger historisch bedeutender Kunstwerke.

Patio im Musée d’arts de Nantes mit der Installation „De l’air, de la lumière et du temps“ von Susanne Fritscher

Beim Betreten des Gebäudes gibt es auch gleich eine weitere Überraschung, wenn der Blick auf den minimalistisch in Weiß gehaltenen 15 Meter hohen und Patio mit den übereinandergestaffelten Rundbögen fällt. Er lädt unmittelbar zum Besuch ein. Von weitem hat man den Eindruck, als rieselten unaufhörlich feine Wassertropfen von der Decke herab. Da öffnet und verwandelt sich ganz diskret ein Raum aus nichts als Licht, Luft und Atem. Und das durch eine höchst subtile Installation mit schwingenden Tönen der österreichischen Künstlerin Susanna Fritscher, die den Dialog mit dem hohen Raum des Patios aufgenommen hat: „Nur mit Luft, mit Licht und mit Zeit“.

Susanna Fritscher, Objekt „Souffle“ (Atem) im Musée d’Arts de Nantes

Begibt man sich in diesen 500 Quadratmeter großen Raum, so nimmt man ganz feine von der Decke herabrieselnde, so leicht bewegliche wie durchsichtige Silokonfäden wahr, welche einen in eine Art schleierhaftes Labyrinth führen. Sie strukturieren den Raum, den sich der Besuche  sinnesgeschärft erobert und in dem er die anderen Besucher zu Schemen verschwinden lässt. Da wird der Betrachter zum Akteur, indem er neue Räume innerhalb des Raumes schafft. Und er ist für die verschiedensten Weißschattierungen geradezu äolischen Klänge sensibilisiert. Durch die  mundgeblasenen Glasskulpturen an den Rändern erlebt man so etwas wie den Hauch eines Atems.

Die fragile und ganz leicht wirkende Installation ist ein sowohl zeitgenössisch architektonisches Entreeerlebnis als auch ein poetischer Eingang in die Welt der Kunst des Museums, das durch die Blicke von oben aus der ersten und zweiten Etage auf die Installation noch gesteigert wird. Vergangenheit und Gegenwart werden hier auf höchst raffinierte Weise miteinander verknüpft.

 

Susanna Fritscher Installation „De l’air, de la lumière et du temps“

Musée d‘Art de Nantes
10, Rue Georges Clemenceau
44000 Nantes

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