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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Neubau für die Kronberg Academy

Endlich – Kronberg erhält ein Kammermusik-Juwel

Ein Beitrag von

Uwe Kammann

Foto: © Staab Architekten / Kronberg Academy

Endlich, werden viele Gäste im Kronberger Rathaus gedacht haben, endlich geht es nicht mehr nur um Wünsche und Visionen, um Pläne und Konzepte, um Ratespiele und Streitereien. Nein, jetzt gibt es ein festes Datum, auf das man sich freuen kann. Denn am 1. Oktober soll der berühmte symbolische Spaten zum ersten Mal in den Baugrund am Kronberger Bahnnhof stechen, als Auftakt zur Errichtung eines Kronjuwels: nämlich eines neuen Konzertsaals als Herzstück eines musikalischen Forums, das nach dem großen Cellisten Pablo Casals benannt ist. Voraussichtlich ab der Saison 2020/21 wird dann die Kronberg Academy hier ihr neues Zuhause finden, nach zweieinhalb Jahrzehnten, in denen sie eine weltweit gerühmte Institution geworden ist.

„Kein Zurück mehr, sondern nur noch ein Blick in die Zukunft“: Sichtlich glücklich zeigte sich Akademie-Leiter Raimund Trenkler zur Eröffnung der Ausstellung im Rathaus, die in großformatigen Fahnen Planungsstadien und den Hintergrund dieses Vorhabens zeigen. Und die schon ziemlich genau ahnen lassen, was dieser Konzertsaal bedeuten wird, und zwar weit über Kronberg hinaus.

Denn bislang gibt es in der Rhein-Main-Region keinen Saal, der speziell für Kammermusik ausgelegt ist. Zwar findet Kammermusikalisches in der Alten Oper in Frankfurt statt, doch niemand würde behaupten, dass der Mozart-Saal eine Schönheit ist und jenes Ambiente bietet, dass musikalische Kostbarkeiten funkeln lässt. Kein Wunder, wissen Kenner der Baugeschichte. Ursprünglich nämlich war der Saal als Kino konzipiert, als Bestandteil der Kongressaktivitäten, welche ja ebenfalls zur umfassenden Funktion der Alten Oper gehören.

Diese Situation wird sich nun in voraussichtlich drei Jahren gründlich ändern. Denn schon jetzt lassen die Pläne des beim Kronberger Projekt siegreichen Architekten Volker Staab durchblicken, welch’ ein attraktiver Saal das Kennerpublikum von Kammermusik erwarten wird. Staab selbst nennt es eine „hölzerne Schatzkiste“, die es mit ihrer freien Form des Saales den Zuhörern erlaube, ganz nah am Geschehen und „mitten im Klang“ zu sein. Die mittlere Saalgröße, ausgelegt für 550 Zuhörer, in Kombination mit einer flexiblen Bühne, verspreche eine konzeptionelle Offenheit und zugleich eine familiäre Atmosphäre. In dieser Form und Größe werde das Casals Forum in Europa einzigartig sein.

Simulation des Kammermusiksaals; © Staab Architekten / Kronberg Academy

Zu den Besonderheiten gehört auch, dass auch das zum Ensemble gehörende Studienzentrum in die Aufführungen mit einbezogen werden kann. Auch hier gibt es komplexe Funktionen, mit Räumen für Unterricht und für die Übungseinheiten, mit einem 160 Plätze bietendem Saal für Vorträge und Prüfungen, weiter mit einem so genannten Kabinettssaal, der für 50 Plätze ausgelegt ist. Die Offenheit wird wiederum auch ganz alltäglich betont durch eine Cafetéria im Panorama-Foyer.

Wer die Ausstellungsfahnen, die noch bis zum 15. Juli im Rathaus zu sehen sind, im Detail anschaut, bekommt schon jetzt einen Vorgeschmack auf die herausragende architektonische Konzeption, die besonders beim schwebend-transparenten Konzertsaal – der etwas von einem leichten Pavillon hat – hervortritt. Die Jury des hochkarätig besetzten Architekturwettbewerbs hat also zweifellos einen guten Griff getan. Wobei Volker Staab mit seinem Büro ohnehin gerade bei Kulturbauten einen hervorragenden Ruf genießt. In Frankfurt entsteht gerade nach seinen Plänen der Ergänzungsbau des Jüdischen Museums, und zu seine hohe Einfühlsamkeit beweist der Umbau des Albertinums in Dresden, einem Museum, zu dem Architekturadepten in Scharen pilgern.

Wer gerade die Fast-Milliarden-Schocksumme zu verdauen hat, die für die Sanierung der Frankfurter Doppel-Bühne aufgerufen worden ist, der wird sich bei der Kronberger Planung die Augen reiben. Denn dort kalkuliert man mit Kosten von 36 Millionen Euro, was angesichts des Bauvolumens und der entstehenden Qualität des Gesamtrahmens mehr als bescheiden anmutet.

Bürgermeister Klaus Temmen kann mit Recht stolz auf dieses Vorhaben sein, das, wie er sagte, der Kronberg Academy „eine langfristige Heimat und Perspektive“ gebe und somit auch ein „ganz wichtiger Meilenstein“ in der jüngeren Stadtgeschichte sei, als „zeitgemäße Spielstätte für Konzerte auf allerhöchstem Niveau“.

Was er in seiner Ansprache nicht weiter erwähnte, war die mehr als holprige, teilweise sogar sehr ruppige Vorgeschichte: bei der es um die Bebauungspläne für das Terrain zwischen S-Bahn-Station und Victoriapark vor dem endgültigen Stadtratsbeschluss sehr heftige Querelen gegeben hatte, nicht zuletzt, weil eine Reihe von Einwohnern gegen bestimmte Formen der Bebauung zu Felde gezogen waren.

Womöglich wird er im Inneren gelächelt und gedacht haben: Ende gut, alles gut – wenn erst die Kronberger zum ersten Mal den Solisten und Academy-Absolventen aus aller Welt im neuen Saal gelauscht haben, wenn sie auch sehen, wie gut sich die Gebäude-Trias aus Saal, Studienzentrum und Hotel in die Umgebung einfügen, werden sie wahrscheinlich versöhnt, besser noch: unglaublich stolz sein auf dieses musikalische Juwel.

Insofern: Auch darin könnte ein wenig der Elbphilharmonie-Effekt stecken, der sich dann einstellt, wenn etwas fertig ist. Manchmal, so gehört es zur Erfahrung auch von Kommunalpolitikern und Kulturmanagern, will gut Ding eben wirklich Weile haben, auch wenn die Ungeduld natürlich groß war, wie hier, nachdem der Architekturwettbewerb schon drei Jahre zurück liegt.

Nicht gewagt ist die Vorhersage, dass das Casals Forum in dieser Form eine Bereicherung für das musikalische Leben in ganz Deutschland sein wird. Nachdem der gerade in Berlin eingeweihte Pierre-Boulez-Saal sofort als kammermusikalisches Kleinod in den höchsten Tönen gelobt wurde und wird, steht nun Kronberg an, in dieser Reihe genannt zu werden. Wer hätte vor drei Jahren zu hoffen gewagt, dass die schönen Pläne wirklich realisiert werden?

Info: Die Pläne für den Neubau der Kronberg Academy sind noch bis Samstag, 15.Juli, im Rathaus ausgestellt und können dort montags bis freitags von 8 bis 12Uhr angesehen werden.

 

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