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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Susanne Pfeffer und Anne Imhof vertreten Deutschland auf der 57. Kunst-Biennale Venedig 2017

Vom Fridericianum in die Giardini – von der Städelschule in den Deutschen Pavillon
Wieder einmal ist „Hessen vorn“ in der internationalen Kunstszene

Von Erhard Metz

Am Samstag, 13. Mai 2017 ist es soweit: Biennale-Präsident Paolo Baratta und Biennale-Kuratorin Christine Macel werden, verbunden mit der Verleihung der „Goldenen Löwen“, die diesjährige internationale Kunstschau in Venedig eröffnen. Sie steht unter dem Motto VIVA ARTE VIVA. Nur alle zehn Jahre ereignet sich zusätzlich diese Konstellation: zeitgleich findet die zweite große Welt-Kunstschau, die documenta (nunmehr die Ausgabe 14), in Kassel (erstmals nebst Athen) statt.

Zur Kuratorin des offiziellen deutschen Beitrags für die aktuelle 57. Biennale di Venezia hatte das Auswärtige Amt gemäß einer Empfehlung seines Kunst- und Ausstellungsausschusses Susanne Pfeffer, Direktorin des Fridericianum in Kassel, berufen. Pfeffer kuratierte bereits zur 56. Biennale den Schweizer Pavillon, den sie mit Arbeiten der schweizerisch-deutschen Künstlerin Pamela Rosenkranz bespielte.

Susanne Pfeffer, Direktorin des Fridericianum, Kassel, und Kuratorin (Kommissarin) des Deutschen Pavillons der Biennale Venedig 2017; Bildnachweis Fridericianum, © Uwe Zucchi/dpa/picture alliance

Susanne Pfeffer, 1973 in Hagen geboren, studierte Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität in Berlin. In Frankfurt am Main ist sie wohlbekannt: als Ausstellungsassistentin bei Udo Kittelmann im Kölnischen Kunstverein folgte sie ihm 2002 nach dessen Berufung zum Direktor des Museums für Moderne Kunst als Assistentin an die Mainmetropole. Bereits zwei Jahre später übernahm sie die künstlerische Leitung des Künstlerhauses Bremen und wiederum zwei Jahre später die Position der Chefkuratorin der Kunst-Werke – KW Institute for Contemporary Art – Berlin. Seit 2013 ist Pfeffer Direktorin des Fridericianum in Kassel.

Bekannter noch in Frankfurt am Main ist die 1978 in Gießen geborene Städelschul-Absolventin Anne Imhof, von Susanne Pfeffer zur Gestaltung des Ausstellungsbeitrags im Deutschen Pavillon berufen. In 2012 erhielt sie sowohl den Kunstpreis „Zonta Art Contemporary“ des ZONTA-Clubs Frankfurt II Rhein-Main als auch den Absolventenpreis des Vereins Städelschule Portikus e.V.

Anne Imhof, Künstlerin des Deutschen Pavillons der Biennale Venedig 2017, links bei der Vorstellung einer Performance anläßlich der Verleihung des Kunstpreises „Zonta Art Contemporary“, rechts anläßlich des Absolventenpreises des Vereins Städelschule Portikus e.V. (beide im Jahr 2012); Fotos: Erhard Metz

 

Aus der Pressemitteilung des Deutschen Pavillons

Anne Imhof wird 2017 den deutschen Pavillon auf der 57. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di Venezia gestalten. Eigens für den Pavillon entwickelt Imhof seit Mai dieses Jahres eine raum- und zeitgreifende Arbeit. Ihr Werk umfasst malerische, skulpturale, installative wie performative Arbeiten.

Blicke treffen sich, aber keine Kommunikation entsteht. Sie nehmen einen wahr, aber erkennen einen nicht an. Nach Gender, individuell und eigen, zugleich aber stereotyp erscheinen die Menschen in Anne Imhofs Malereien und Szenarien. Geräusche, Klang und Kompositionen rhythmisieren wie synchronisieren Raum und Körper in einer gedehnten Zeit, welche sich lose durch Narrationen gliedert. Das Geschehen ist kontingent, alles kann in jedem Moment auch anders sein. Die Bewegungen changieren zwischen zäher Alltäglichkeit und rätselhaften Ritualen, zwischen fremdbestimmten wie schematisierten Abläufen oder individuellen Fehlfunktionen, Uniformität und Punk. In der Gruppe formiert, bleibt die ziellose Individualität bestehen. Auch wenn sie gemeinsam singen, singen sie vom Ich.

Auf Matten und Schlafsäcken, mit Boxsäcken, Baseballschlägern und Rasierern bewegen sich die Performer im Trainingscamp der kapitalisierten Körper und des optimierten Lebens. Zum Bersten gespannt oder erschlafft, erscheinen die dressierten und fragilen Körper wie von unsichtbaren Machtstrukturen durchzogenes Material. Den Bio-Techno-Körpern ist ihre mediale Vermittlung bereits inhärent. Sie scheinen sich permanent in konsumierbare Bilder zu verwandeln; sie wollen zum Bild werden, zur digitalen Ware.

Anne Imhof begegnet der Brutalität unserer Zeit mit einem harten Realismus. In ihren Szenarien vergegenwärtigt sie, wie der Körper in materiellen und diskursiven, in technologischen, sozio-ökonomischen und pharmazeutischen Grenzziehungen konstituiert wird. Anne Imhof macht so den Raum zwischen Körper und Realität sichtbar, in dem unsere Persönlichkeit überhaupt erst entsteht.

Anne Imhof (* 1978) graduierte 2012 an der Städelschule in Frankfurt am Main. 2015 wurde Imhof mit dem Preis der Nationalgalerie ausgezeichnet und produzierte daran anschließend die Oper Angst, die 2016 in drei Akten in der Kunsthalle Basel, dem Hamburger Bahnhof in Berlin und auf der Biennale de Montréal gezeigt wurde. Ihre Performance-Zyklen Deal (2015), Rage (2014), Aqua Leo (2013) und School of the Seven Bells (2012) waren u.a. in Einzelausstellungen im MoMA PS1, New York (2015), dem Carré d’Art – Musée d’art contemporain de Nîmes (2014) sowie im New Jerseyy, Basel und dem Portikus, Frankfurt am Main (2013) zu sehen. In internationalen Gruppenausstellungen wurden ihre Arbeiten u.a. im Palais de Tokyo, Paris, dem Centre Pompidou, Paris (2015) und dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main (2014) gezeigt. Anne Imhof war 2015 Gastprofessorin an der Akademie der Bildenden Künste München. 2013 erhielt sie ein Atelierstipendium der Hessischen Kulturstiftung in Paris.

 

Die Pressekonferenz sowie die Eröffnung des deutschen Pavillons finden bereits am 10. Mai 2017 in den Giardini Pubblici statt.

„Goldene Löwen“ der Biennale Venedig 2017: Deutschland / Anne Imhof für den besten nationalen Beitrag; Franz Erhard Walther als bester Künstler

 

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