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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Feliz Pascua de Resurrección! Fröhliche Auferstehung – Die Semana Santa auf Teneriffa

Von Elke Backert

Welche Bedeutung hat Ostern in Deutschland? Ostern hierzulande ist etwa so wie Weihnachten zu einem weltlichen Fest der Geschenke geworden und zu zwei zusätzlichen Feiertagen, Karfreitag und Ostermontag – zumindest für alle Kinder, die es nicht nur auf Osterhasen und Schokoladen-Ostereier abgesehen haben. Äußerst religiöse Christen werden noch zur Kirche gehen, Christi Kreuzigung betrauern, an Karfreitag Fisch und kein Fleisch essen und Ostersonntag Christi Auferstehung begrüßen.

Im katholischen Spanien ist das ganz anders. Man begeht ab Palmsonntag eine ganze Woche die Karwoche, in Spanien Semana Santa genannt, Heilige Woche.

Christus am Kreuz, mit den zwei anderen Gekreuzigten

Auf der Kanarischen Insel Teneriffa wird sie in vielen Orten begangen, besonders eindringlich in La Laguna und La Orotava. In den Kirchen liegen Programme „Semana Santa 2017“ aus, die die Tage mit Uhrzeiten angeben, welche Aktivitäten zu erleben sind, zum Beispiel in der Parroquía Nuestra Señora de la Peña de Francia, der Hauptkirche von Puerto de la Cruz aus dem 17. Jahrhundert. Das Programm beinhaltet vor allem Prozessionen und andere religiöse Akte wie Gottesdienste, bis zu sechs an einem einzigen Tag. Morgens um acht Uhr kann es losgehen, und die letzte Veranstaltung beginnt um 22 Uhr. Das ist die „Schweigeprozession“ am Karfreitag, „Procesión del Silencio“. Sie wirkt besonders unheimlich, ja gruselig, denn hier fehlen die begleitenden Musikkapellen. Das Einzige, was die Stille unterbricht, ist das Klingeln der am Thron befestigten Glöckchen. Ganz langsam geht es vorwärts, an dem Tag möchte man Respekt für den großen Heiland aufbringen. Kinder versprühen Weihrauch vor den Wagen, Polizisten bewachen das Ganze.

Christus und Maria Magdalena; Maria mit Strahlenkranz

Acht Tage lang ziehen Bruderschaften und „Pasos“, die „Heiligen Stühle“, durch die Straßen, die gesäumt sind von Tausenden Gläubigen, aber auch Schaulustigen. Es umgibt den Zuschauer eine oft mystische Atmosphäre, besonders am Abend, wenn die Dunkelheit durch Kerzen und Fackeln erhellt wird. Vor allem aber durch die begleitenden Büßer, die in lange Gewänder gekleidet sind, hohe spitz zulaufende Hauben tragen und dadurch anonym bleiben. Nur die Augen sind zu sehen und die Füße, teils in Schuhen, aber oft barfuß. In diesem Aufzug kommen sie einem vor wie der unheimliche rassistische und gewalttätige Geheimbund des Ku-Klux Klan. Mal sind die Gewänder rot, mal blau, mal violett, dann in unschuldigem Weiß oder in Weiß mit blauen Kapuzen oder ganz in Schwarz. Man kann vor dem Kirchenportal warten, aus dem die Fahrgestelle mit den religiösen Figuren herauskommen. Die Prozessionsmotive stellen die verschiedenen Stationen des Kreuzwegs dar, Christus unter der Last des Kreuzes fast zusammenbrechend, Christus mit Dornenkrone und Blut überströmt ans Kreuz geschlagen, Christus mit den anderen beiden Gekreuzigten, die tränenreiche Jungfrau Maria in einem Reich von weißen Kerzen und und und.

Der gefesselte Christus; der aufgebahrte Christus, von Engeln umgeben

Pasos sind Skulpturen oder Skulpturengruppen auf ihren mit unterschiedlichen Blumen geschmückten Gestellen, die in den Prozessionen mitgeführt werden. Die Skulpturen sind meist aus Holz geschnitzt, farbig gefasst, nackt wie Jesus am Kreuz, meist aber bekleidet und zum Teil mit kostbaren Schmuckstücken versehen. Oft sind sie mit echtem Gold verziert. Sie bilden das Herzstück jeder Prozession. Im Rhythmus von Trommeln und Trompeten zieht sie durch die Straßen. Nachts wird der Zug durch Fackeln und Kerzen erleuchtet. Zwei bis drei Wochen vor der Prozession werden die Pasos auf den Transportgestellen dekoriert. In der Zwischenzeit stehen sie in der Kirche, von der die jeweilige Prozession ausgeht, und man kann sie schon mal betrachten.

Eine der an den Ku-Klux Klan erinnernden Bruderschaften, Hermandades

Endlich ist Ostersonntag. Man sieht noch vor sich, wie die tränenreiche Maria an einem vorbeirollte. Aber nun haben die Tränen ein Ende, denn Christus ist von den Toten auferstanden. Freude pur. Die Menschen begrüßen einander mit „Feliz Pascua de Resurrección!“ Frohe Ostern und Fröhliche Auferstehung! Es darf gefeiert werden. Braten- und Grill-Duft strömt aus Wohnungen und Restaurants. Die bekannteste Auferstehungsprozession (Santísimo Cristo Resucitado) findet in La Laguna statt. Sie beginnt am Ostersonntag um 13 Uhr, die in Puerto de la Cruz um zwölf Uhr, genannt „Procesión del Santísimo“.

Start und Endpunkt sind immer die Kirchen, in denen die Bruderschaften, die die Prozessionen durchführen, ihren Sitz haben. Die Figuren der Pasos entstammen meist dem Bestand dieser Kirche oder der in dieser Kirche ansässigen Bruderschaft und sind teilweise nur in der Semana Santa für die Öffentlichkeit zugänglich.

Vor dem Kirchenportal warten die Bruderschaften, bis die Prozessionswagen herauskommen, und begleiten sie dann

Prozessionen in der Karwoche, die von den Bruderschaften (Cofradía oder Hermandad) organisiert und bezahlt wurden, fanden in La Laguna bereits kurz nach der Gründung der Stadt im 16. Jahrhundert statt. Im Jahr 1953 wurde die Junta de Hermandades y Cofradías gegründet. In dieser Vereinigung haben sich 26 Bruderschaften zusammengeschlossen mit dem Ziel, nicht nur die Aktivitäten in der Semana Santa auf einander abzustimmen, sondern auch andere Feierlichkeiten zusammen mit der Diözesan-Verwaltung zu organisieren. Eine weitere Aufgabe der Junta ist es, die Interessen der Bruderschaften gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten. Die Vereinigung veröffentlicht jedes Jahr eine Broschüre, in der nicht nur das Programm der aktuellen Semana Santa abgedruckt ist, sondern auch in einem redaktionellen Teil weitere Informationen gegeben werden.

Fotos: Elke Backert

 

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