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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Barbara Feuerbach: „von Geblüth“ in der Galerie ARTE GIANI

Von Erhard Metz

Vorsicht vor Barbara Feuerbach: vielleicht ist man ja selbst demnächst an der Reihe, dass man sich in einem Reigen ihrer Porträts wiederfindet: Denn sie knüpft sich in ihrem malerischen Schaffen einen nach dem anderen Typus von homo sapiens vor. Warum sollten nach „Eva und Adam“ (man beachte die Reihenfolge!) und den Märchenfiguren der Gebrüder Grimm, nach den „Bestäubern“ und „Dunkelmännern“, nach „Lipstick“-Mädels, „Flintenweibern“, „Badenixen“ und „Tanzpaaren“ nicht auch einmal Kuratorinnen und Kuratoren, Galeristinnen und Galeristen, gar die über ihre Kunstwerke schreibende journalistische Zunft der „spitzen Federn“ von der Künstlerin malerischem Blitz getroffen werden? Gerade letztere also sollten sich vor Barbara Feuerbachs „spitzem Pinsel“ in acht nehmen. Was also tun? Nur Gutes über sie schreiben? Das aber tun wir ohnehin von Herzen und Verstand und noch dazu sehr gerne, weil Barbara Feuerbach eine grossartige Malerin ist!

Heuer hat sie sich in den 62 in der Galerie ARTE GIANI leider nur noch bis zum kommenden Freitag ausgestellten Arbeiten des titelgebenden „Geblüths“ angenommen, der Kaiserinnen und Kaiser also, der Prinzessinnen und Prinzen, in ihrer unnachahmlichen Art mit listigem Augenaufschlag und mit der ihr eigenen liebevollen, pointierten, doch nie verletzenden Ironie. Wobei die männliche Spezies nicht immer ganz so gut wegkommt wie die weibliche, stets aber ohne feministischen Überbau und ideologiebesessenes Tamtam. Das Ironische in ihren Bildern anzuschauen gerät so nicht nur zur klammheimlichen, sondern zu einer Freude und Lust, zu der man sich offen bekennen kann.

↑↓ Aus der Serie „Die Kaiser aus dem Kaisersaal im Römer“, Tusche, Ölkreiden, Collage, jeweils gerahmt 62 x 44,5 cm; Fotos © Barbara Feuerbach


Die 52 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, der Reihe nach abgebildet im Kaisersaal des Frankfurter Rathauses Römer, standen dabei ihrer „Kaiserserie“ Pate: die mächtigen Herren in ihren prunkvollen Ornaten und Rüstungen, weise und auf Frieden bedacht regierend die einen, blutiges Kriegsgeschehen anzettelnd und Lande verheerend die anderen, stets in hochherrscherlicher Pose. Barbara Feuerbach gesellt ihnen, deren Leben nicht selten von Kurtisanen begleitet war, in einem grandiosen Zyklus entsprechende flotte Damen zu. Die Kaiser zeichnet sie mit dunkler Tusche (sie erinnern damit ein wenig an die früheren „Dunkelmänner“ der Künstlerin), die jeweils zugeordneten Weiblichkeiten farbenfroh mit Ölkreiden gemalt, zum Teil collagiert.

Eine andere Werkserie, ebenso collagiert und leicht verfremdend, widmet sie „Kaiserinnen“. Wie anders jedoch als diejenige der Kaiser ist deren Attitüde: wissend, weise, verstehend, verschmitzt, flirtend, kokettierend. Auch ihnen gesellt die Malerin Menschen bei – natürlich Männer! Und was für welche! Da reitet ein Schnauzbärtiger in Ritterrüstung (oder einem Raumfahreranzug?) auf – nein, nicht auf einem Pferd, sondern auf einem schaukelpferdähnlichen Vogel, der an Boteros dick-runde Plastiken erinnert. Da hängt ein vollgerüsteter Ritter, dieses Mal nun tatsächlich auf einem Pferd sitzend, an einer Kordel, die die Kaiserin lässig spielend durch ihre rechte Hand gleiten lässt. Und weiter blickt ein dienstlich-würdig gekleideter Kleriker – mit dem aschgrauen Gesicht erinnert auch er an die Feuerbachschen „Dunkelmänner “ – unschlüssig in die Ferne, während seine bildhübsche Kaiserin lebensfroh der Zukunft entgegensieht. Der ausgetreckte Zeigefinger der Schönen über der Kappe des Klerikers macht deutlich, wer hier „Koch (Köchin!) und Kellner“ ist.

Alle Bildtafeln sind in ungewöhnlich hochschlankem Format gefertigt, vergleichbar den Vorbildern im Kaisersaal – nur dass hier die freundlichen „Kaiserinnen“ an die Stelle ihrer grimmigeren Kollegen „Kaiser“ treten.

Aus der Serie „Kaiserinnen“, 2016/2017, jeweils Acryl/Papier/Holz, 130 x 32 cm, (v.l.) Zarin Katharina die Grosse (regierte 1762-1796), Kaiserin Marie Charlotte Amélie Augustine von Mexiko (Kaiserin 1864-1867) und Kaiserin Isabella II. von Jerusalem (Lebensdaten 1212-1228); Fotos: Erhard Metz

Nun ist Barbara Feuerbach, wie man weiss, nicht nur eine begabte Malerin, sondern auch eine kunstfertige Näherin. Tausende von jüngeren wie älteren Stoffen, Spitzen und textilen Applikationen hütet sie seit Jahren als einen kostbaren Schatz in ihrem Atelier, und ab und an holt sie edle Stücke ans Tageslicht, schneidet sie zu und vereint sie mit ihrer Malerei zu neuen Kunstwerken – so geschehen in ihrer den Titel der Ausstellung bildenden Serie „von Geblüth“. Dort geben sich Prinzessinnen und Prinzen ein stilles wie würdevolles Stelldichein, Krägen und Umhänge sind aus besagten Stoffen und Spitzen in die Bildcollagen eingebracht. „Herausgeputzt und doch empfindlich zart“, so Galeristin Claudia Giani-Leber, „wirken sie immer kindlich anrührend“.

↑↓ Aus der Serie „von Geblüth“ (Prinzessinnen und Prinzen), jeweils 2013, Mischtechnik/Papier, im Rahmen 42 x 32 cm; Fotos © Barbara Feuerbach

Ruhig und würdevoll bereitet eine Prinzessin ihre Haartracht auf – so ganz ohne fachliche Hilfe anderer wird ihr dies wohl allerdings kaum gelingen. Übergroß wie ein Handbesen die Haarbürste, wie ein Rechen der Kamm – fast schon eine Karikatur. Inspiriert wurde diese Arbeit von fleissigen, Strähnchen in Aluminiumfolie legenden Friseusenhänden.

Prinzessin putzt sich, 2016, Acryl/Papier/Holz, 25 x 25 cm; Foto: Erhard Metz

Eine Arbeit irritiert wie fasziniert uns in besonderer Weise: ein Bildnis einer vornehmen Dame, nach dem Vorbild der Emilia von Sachsen von Lucas Cranach d.Ä., aus 104 bemalten und feinst zusammengenähten Papieren. Die Künstlerin zerschnitt dabei zunächst eine entsprechende Vorlage zu kleinen Quadraten, die sie anschliessend malerisch auf das Format 10 x 10 cm vergrösserte und – 13 in der Höhe sowie 8 in der Breite – wieder zusammenfügte – ein unglaublicher handwerklicher Prozess! Natürlich führen die 10 cm-Papierquadrate nicht exakt zum Ausgangsmotiv zurück. Die künstlerische Absicht hinter dieser – in britischem „understatement“ lediglich als „mehrteilig“ bezeichneten – Arbeit verriet uns Barbara Feuerbach nicht – ein jeder mache sich also seine eigenen Gedanken. Ein Vexierbild vielleicht, ein Spiel, ein Austesten des Möglichen, ein Scherz in der heimischen Künstlerwohnung, wenn es im winterlichen Atelier zu kalt geworden ist, am Ende gar eine Persiflage auf das „Altmeisterliche“, auf all das Bemühen eines künstlerischen Dekonstruktionismus und Rekonstruktionismus?

Prinzessin Emilia von Sachsen (1516-1591), 2015/16, mehrteilig, Gouache/Papier, 128 x 80 cm; Foto: Erhard Metz

Barbara Feuerbach: „von Geblüth“ in der Galerie ARTE GIANI, nur noch bis 7. April 2017

Abgebildete Werke © Barbara Feuerbach

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