„Paul Bunyan“ von Benjamin Britten an der Oper Frankfurt
2016, Oktober 13.To Make America Great
Von Renate Feyerbacher
Fotos: Barbara Aumüller / Oper Frankfurt
Alles ist riesig – so wie sich Amerika versteht. Vor allem ist es der Held Paul Bunyan – ein übermenschlicher Riese, der seine Ehestreitigkeiten hat und eine Tochter zeugt. Erfunden hat ihn eine amerikanische Werbefirma, die seine Legenden zu Werbezwecken nutzte und 1922 eine erste Sammlung seiner Geschichten veröffentlichte. Stopp: wirklich erfunden haben diese Figur die Holzfäller im 19. Jahrhundert. Allein in Michigan hatten Holzbarone Holz im Wert von vier Milliarden Dollar fällen lassen. Die Holzfäller, heimatlose Einwanderer, schufteten unter schweren Bedingungen mehr als zwölf Stunden am Tag. Sie dachten sich Paul Bunyan aus und erfanden Geschichten, die sie sich in der wenigen Freizeit erzählten. Die Werbung nahm Paul im 20. Jahrhundert unter ihre Fittiche und machte ihn gross. Dann bemächtigte sich der englische Poet, Dramatiker und Librettist Wystan-Hugh (W.H.) Auden (1907-1973), der später amerikanischer Staatsbürger wurde, des Textes. Der jüngere englische Komponist Benjamin Britten (1913-1976) nahm ihn für seine Chor-Operette „Paul Bunyan“ (Auden schrieb auch für Strawisnky „The Rake’s Progress“).
Auden und Britten hatten in England dieselbe Schule besucht. 1939 verliess Britten Europa, kehrte aber 1942 wieder nach England zurück. „Paul Bunyan“, uraufgeführt 1941 in New York, ist Brittens erstes Bühnenwerk. Im Bockenheimer Depot hatte es jetzt in der Premiere am 9. Oktober 2016 Frankfurts Erstaufführung. Die Kolonialisierung eines Landes und die Nutzbarmachung der Natur: das sind die Grundgedanken dieses Werkes.
„America is what you do. America is I and you. America is what you choose to make it”, predigt Paul Bunyan im 2. Akt.
Michael McCown (Johnny Inkslinger) und Ensemble (Holzfäller); Foto © Barbara Aumüller
Weiterlesen