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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Frankfurter Musikpreis 2016 für Al Jarreau

Ein Vokalakrobat –
ein Sänger mit Tiefgang

Von Renate Feyerbacher

Seit 1982 verleiht die Stadt Frankfurt am Main, in diesem Jahr vertreten durch Stadtkämmerer Uwe Becker, zusammen mit der Stiftung „Frankfurter Musikpreis zur Internationalen Musikmesse Frankfurt“ und dem Bundesverband der Deutschen Musikinstrumentenhersteller den Preis, der mit 15.000 Euro dotiert ist und zu Beginn der Musikmesse im Rathaus Römer verliehen wird.

Der erste Preisträger war der Geiger Gidon Kremer, Mitglied des künstlerischen Beirats der Kronberg Academy. Es folgten unter anderem der Dirigent Georg Solti, einst Dirigent an der Oper Frankfurt, 2001 der Sänger Dietrich Fischer-Dieskau, Udo Lindenberg 2004, der Komponist Peter Eötvös 2007 und nun Al Jarreau, Jazz- Pop-, Soulsänger und Komponist – ein Weltstar. Er ist der 34. Preisträger.

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Stadtkämmerer Uwe Becker und Al Jarreau bei der Preisübergabe

Langsam, mit einer Gehhilfe schreitet der 76-jährige Künstler in den Kaisersaal. Das Gehen fällt ihm schwer und am Ende der Veranstaltung wird er im Rollstuhl hinausgefahren. Den zartgliedrigen Mann quälen Rücken- und Knieprobleme. Die halten ihn jedoch nicht ab, auf der Bühne zu stehen.

Laudator Siegfried Loch, Musikmanager, Gründer und Geschäftsführer von ACT Music, einem unanhängigen Jazzlabel, ehemals Präsident der Warner Music Group Europa, ist ein Freund von Al Jarreau. Er sei fünf Monate jünger, scherzte er, und sei ihm vor 41 Jahren, 1975, zum ersten Mal begegnet. Er habe Al Jarreau im Vorprogramm des berühmten Musikclub Troubadour in Hollywood gehört und sofort sein Stimmarsenal wahrgenommen. Al Jarreau war damals 35 Jahre: „It’s far to old“.

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Al Jarreau und Siegfried Loch

Bis zu diesem Jahr hat der Künstler nebenher als Sänger gejobbt. Hauptberuflich arbeitete Al Jarreau, der 1940 in Wisconsin zur Welt kam und Alwin Lopez Jarreau hiess, als Sozialarbeiter in der Rehabilitation mit Behinderten. Das fünfte von sechs Kindern, aus einer armen Familie eines Pfarrers und einer Kirchenorganistin, war sehr musikalisch und sang bereits als Vierjähriger in der Kirche und als Jugendlicher in Bars. Jarreau studierte Psychologie in Wisconsin und schloss mit dem Bachelor of Arts ab. Anschliessend absolvierte er einen Masterstudiengang in Rehabilitation. Nebenher sang er an Wochenenden.

Im Mai 1975 wurde Al Jareau bereits unter Vertrag genommen, kam nach Deutschland und sang im Hamburger „Onkel Pö“ als neues Talent. Der erste Abend sei mässig besucht gewesen, aber in den Pausen seien die Leute zur Telefonzelle vor dem Etablissement gelaufen und hätten ihre Freunde mobilisiert: „Ihr müsst kommen!“ Die späteren Vorstellungen seien brechend voll gewesen, erinnert sich Siegfried Loch, der als Entdecker von Al Jarreau genannt werden kann. Al Jarreau bedankte sich am Abend der Preisverleihung bei ihm und bei Deutschland, wo seine Karriere als Weltstar begann und wo seine treuestens Fans wohnen. Sieben Grammys nennt er sein eigen. In Los Angeles hat er einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Und Jarreau sei immer noch glücklich verheiratet, so Siegfried Loch.

Natürlich hat sich seine Stimme nun im Alter verändert. Dennoch offenbart sie immer noch sein breites Spektrum an musikalischer Technik: ein hoher Tonumfang vom Bass bis zum Flageolett. Improvisieren ist seine Stärke. Er wurde „Instrumentalist der Stimme“ genannt, denn er konnte ein ganzes Orchester nachahmen – vor allem die Flöte. Seine Performances begeistern immer noch, so auch am 8. März im Römer. Auf die Frage, wie er sich fühle, antwortete er: „Ja, ja gemütlich“. Ein Höhepunkt seiner Performance mit seinem vorzüglichen Begleiter Joe Turano war die Interpretation von „Summertime“ – der Song aus „Porgy and Bess“ von George Gershwin gehört zu seinen liebsten.

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Al Jarreau in Aktion

Am Ende des Abends belagerten ihn Gäste des erlesenen Publikums. Er hörte sich ihre Geschichten an, gab Autogramme und liess sich mit einigen fotografieren. Sein Lachen war herzhaft und ehrlich.

Fotos: Renate Feyerbacher

 

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