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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Winterzauber in der nordhessischen Heimat der Gebrüder Grimm

Frau Holle in der Märchenwelt „Holleum“ und auf einem Rundweg in Hessisch Lichtenau, Frau Holle am Bollerofen der Viehhaushütte im Naturpark Meißner-Kaufunger Wald, Fackelwanderung im Winterwald am Hohen Meißner, Eisschnitzen in Germerode mit einem Eiskünstler

Von Elke Backert

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Frau Holle in jungen Jahren am Frau-Holle-Teich

Es war einmal … So fangen alle Märchen an. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Frau Holle ist eine der Märchenfiguren, die in der Heimat der Gebrüder Grimm putzmunter ihren Dienst tut. Was sie gerade macht, erkennt man vor Ort sofort. Wenn es neblig ist, wäscht sie, oder sie kocht, dass es dampft. Wenn sich am Abend der Himmel rot einfärbt, dann backt sie. Ist doch ganz logisch – oder? Und morgens bei Sonnenaufgang ist der Backofen noch heiß.

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↑ Das prächtige Fachwerk-Rathaus in Hessisch Lichtenau beherbergt das Frau-Holle-Museum „Holleum“
↓ Kratzputz heißt der Putz im Fachwerk, den es wohl nur in Nordhessen zu sehen gibt

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Wer sich nun nicht mehr so genau an das Märchen von Frau Holle, der Goldmarie und der Pechmarie erinnert, kann es über Kopfhörer im „Holleum“, das in einem prächtigen Fachwerk-Rathaus beherbergt ist, und dank der dort gemalten Bilder gut nachvollziehen. Das Brot im Backofen ruft: Hole mich raus, bevor ich verbrenne, der Apfelbaum bittet: schüttel mich, meine Äpfel sind schon reif. Und so weiter und so fort … Der Rundweg führt durch die malerische Fachwerk-Stadt Hessisch Lichtenau zu zwölf modernen Skulpturen-Stationen, aber auch an die bronzene Skulptur der Frau Holle, die ihre Betten schüttelt, an den Brunnen, in den die Spindel gefallen ist und auf dem der Hahn kräht, dessen Worte in eine Bronzeplatte graviert sind: „Kikeriki, Goldmarie ist wieder hie“. An der dicken, noch erhaltenen Stadtmauer zeigt die aus einem Sandsteinblock von 2,30 Meter gearbeitete „Freya an der Mauer“ die andere Frau Holle, die Göttin der Liebe, des Glücks und der Fruchtbarkeit aus der Sagenwelt, auch Frigga, Perchta und Hulda genannt.

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↑ „Freya an der Mauer“, die andere Frau Holle
↓ Am Frau-Holle-Rundweg schüttelt sie ihr Kissen, auf dass es schneien möge

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Zwei weitere Brunnen stehen in Vockerode, am einen sitzt die fleißige und dafür belohnte Goldmarie, am anderen die faule Pechmarie. Denn, so ist es eingraviert: „Sie (Frau Holle) half den Guten und strafte die Bösen.“

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Goldmarie am Brunnen in Vockerode

Damit nicht genug, die ganze Region Werra-Meißner-Land rund um den sich 754 Meter erhebenden Hohen Meißner, der sich vielfach im Nebel zeigt, huldigt den Grimm-Brüdern, deren Kinder- und Hausmärchen seit 2005 zum UNESCO-Dokumentenerbe (UNESCO Memory of the World Register) gehören. Denn als einzige Sagengestalt der Grimmschen Märchen besitzt Frau Holle ihr eigenes Reich. Es gibt die Frau-Holle-Loipe, den Frau-Holle-Teich, an dem sie als junges Mädchen in Stein gehauen ist und aus dem alle Kinder in Nordhessen geboren werden.

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↑ Die Holle-Steine sind ein imposantes Felsen-Naturdenkmal aus Zechsteinkalk beim Dorf Hollstein
↓ Hier huscht Frau Holle durch die Kitzkammer – zu sehen im „Holleum“. Die Kitzkammer ist eine tiefe Höhle in einer Wand aus Säulenbasalt. Sie ist auf verwunschenen Pfaden in der Nähe des Dorfes Hausen zu erreichen

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Noch kann man vielleicht Frau Holles winterliche Pracht auf dem Winterwanderweg am Hohen Meißner genießen, vielleicht in Fackelbegleitung, um danach am wärmenden Bollerofen in der urigen Viehhaushütte bei Kerzenschein und einer Brotzeit ihren Geschichten zu lauschen. Diese Hütte kann natürlich für Veranstaltungen gemietet werden.

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Die Natur ist es, die Touristen in die GrimmHeimat lockt. Hier eine Fackelwanderung auf dem Hohen Meißner

Im Sommer 2015 eröffnet Kassel das Ausstellungshaus GRIMMWELT, in dem auch die von Jacob und Wilhelm Grimm handschriftlich kommentierte Erstausgabe der Märchensammlung zu sehen sein wird.

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Schon mal für den Sommer vormerken: den Barfuß-Pfad am Hohen Meißner

Schon jetzt kann man sich auf den Barfuß-Pfad freuen, der am Hohen Meißner angelegt ist, immer ein lustiges Erlebnis. Noch mehr aber auf das farbenprächtige Naturschauspiel der „Meißner Mohnblüte“ Ende Juni bis Anfang August. Ein Meer aus pink-violetten Blüten im Naturpark Meißner-Kaufunger Wald: Etwa vier Wochen dauert die Mohnblüte in Germerode, 20.000 Besucher lassen sich jedes Jahr von dem Naturschauspiel bezaubern und spazieren oder fahren mit Planwagen oder Mohnschnecke durch das Blütenmeer.

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Der von Mohnbauer Björn Sippel in Germerode und dem Meißner-Kaufunger Wald angebaute Schlafmohn hat kaum Morphine

Die Mohnblüte ist nicht nur optisch, sondern auch kulinarisch einzigartig. Während der Blütezeit bieten Restaurants in Germerode und Umgebung Gerichte mit Meißner Mohn an – von Wildgerichten mit Mohnbeilage über Lachs-Blätterteig-Röllchen mit Mohn bis hin zu Mohn-Pasta. Metzgereien haben Wurstwaren mit Meißner Mohn im Sortiment, etwa Mohn-Bratwurst, Mohn-Leberkäse und sogar „Ahle Wurscht“ mit Mohn. Und die Bäckereien offerieren Kuchen, Gebäck und hausgemachte Schokolade mit Mohn. In Zusammenarbeit mit einheimischen Betrieben entstand eine ganze Reihe von Mohn-Produkten wie Mohnmehl (für Waffeln), Mohnlikör, Mohnöl, Mohnseife, Mohneis. Björn Sippel ist der Mohnbauer, der das alles initiiert und in seine Mohntenne einlädt zur Verkostung all der leckeren Dinge und zum Kaufen, versteht sich. Seine Tochter Lena in farblich passendem Kleidchen fungiert dabei als Mohn-Fee.

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↑ Mohnkuchen ist nur eines der Produkte, die mit Mohn hergestellt werden
↓ Lena, die Mohn-Fee

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Björn Sippels Kunst reicht noch weiter. Er lädt Interessierte ein, mit ihm aus Eisblöcken Kunstwerke zu schnitzen.

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Das sind die Werkzeuge, damit so ein Obst- oder Blumenkorb entstehen kann

Mit Kettensäge, Meißel, Spachtel und weiterem passendem Werkzeug wird aus einem kalten Block ein wärmendes Herz oder ein Blumenkorb, was schon etwas schwieriger ist. Vor allem dann, wenn man das schwere Stück nach Hause tragen will.

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Die Autorin als „Eiskünstlerin“ am Eis-Herz

Fotos: Elke Backert

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