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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

200 Jahre Städel, Yves Kleins Schwammrelief „Kleine Nachtmusik“ (2)

Petra Kammann stellt ihre ganz persönlichen Schätze im Städel vor

Als ich den Roman „Infanta“ des Frankfurter Schriftstellers Bodo Kirchhoff las, war ich überrascht, dass mir an einer Stelle ein Bild entgegensprang, das auch für mich selbst bedeutsam ist. Im Roman macht der eher heimatlose Protagonist Kurt Lukas immer wieder Zwischenlandungen in Frankfurt, geht ins Museum und setzt sich vor Yves Kleins Schwammrelief „Kleine Nachtmusik“. Das Bild an einem /diesem Ort nimmt ihn zwar gefangen, gibt ihm jedoch Raum für sich selbst und zwingt ihm vor allem keine bestimmten Gedanken auf.

Nach der Lektüre eilte ich gleich ins Städel, um meine eigenen Empfindungen zu überprüfen, faszinierte mich doch immer schon dieses Bild, von dessen Ultramarinblau eine sonnenähnliche Strahlkraft ausgeht. Meine Enttäuschung war umso größer, dass just zu diesem Zeitpunkt das Bild nicht zu sehen war. Ein Wärter sagte mir, es sei im Depot oder werde gerade restauriert. Der Romanheld Kurt Lukas sah bei seinen Kurzbesuchen im Städel so etwas wie Heimat in dem Bild. Durch die Abwesenheit des Bildes mit dem unnachahmlichen Blau, das auf mich einen ähnlichen Sog ausübt, wie es die blaue Blume der Romantiker wohl getan haben mag, sehnte ich mich nach diesem Stückchen verlorengegangener „Heimat“.

Umso erfreuter bin ich, dass inzwischen das monochromblaue Schwammrelief nun einen neuen Platz im erweiterten Städelbau bekommen hat, wo es sich bestens mit seinen kraterähnlichen Eruptionen als starke Persönlichkeit in der Gesellschaft der Zeitgenossen behauptet. Unter dem Oberlicht des Städel-Neubaus sehe ich aus der einfarbigen Fläche mit ihren vergrößerten Farbpigmenten eine Landschaft aus blauen Schwämmen und Kieseln hervorkommen und sehe das assoziierte Meer und den Himmel noch heller strahlen, erlebe diese in geradezu kosmischem Licht.

Hier kommt für mich auch noch eine neue Bewegung in die Sache, die mir vielleicht durch die frühere Hängung vorher nicht in dem Maße aufgefallen war: ein tänzerischer Rhythmus, der den Untertitel „Kleine Nachtmusik“ greifbar werden lässt. Dieser Titel stammt vom französischen Künstler selbst, der während der Entstehung seines Werkes wohl immer Mozarts „Kleine Nachtmusik“ hörte und sich damit offenbar in das nächtliche Blau hineinmeditierte.

Die Klarheit der reinen Farbe, das International Klein Blue, das IKB, welches sich der Künstler hatte patentieren lassen, ist so unvergleichlich und hat etwas Bedingungsloses. Es „ist das sichtbar werdende Unsichtbare“, wie Klein es selber formulierte. Mag sein, dass die giftigen Dämpfe bei der Verarbeitung Kleins Körper so ruiniert hatten und dazu beitrugen, dass er mit gerade mal 34 Jahren starb.

Sein Werk, sein Blau, wirkt auch nach mehr als 50 Jahren weiter, wenn wir es wollen und es auf uns wirken lassen. Es lässt uns nicht los und es lässt uns auch die anderen Farben in ganz neuem Licht erscheinen.

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