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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Künstler aus den Praunheimer Werkstätten in der Heussenstamm-Galerie

„Schau mir in die Augen“

… so lautet der programmatische Titel der Ausstellung: Der Betrachter sieht hin auf das Porträt, das wiederum ihn anblickt – ein Miteinander auf Augenhöhe! Zum wiederholten Mal präsentiert die Heussenstamm-Galerie Werke von Künstlerinnen und Künstlern der Praunheimer Werkstätten, von Erwachsenen also mit geistiger Behinderung. Leider nur sehr kurz – und bis zum 19. Dezember 2014 – währt diese Ausstellung. Erstaunliches gibt es zu sehen – und natürlich zu erwerben. Manche der ausgestellten Bilder ziert bereits der berühmte „rote Punkt“!

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Ellen Libbach, Christina und Berthold, 2012, Acryl auf Leinwand, 100 x 80 cm

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Andreas Skorupa
↑ Ohne Titel, 2013, Acryl auf Leinwand, 100 x 70 cm
↓ Ohne Titel, 2005, Acryl auf Leinwand, 100 x 80 cm

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Die Praunheimer Werkstätten gGmbH ist eine Rehabilitations- und Förderstätte für Erwachsene mit geistiger Behinderung. Mit verschiedenen Atelierangeboten im künstlerischen Bereich kommt die Einrichtung ihrem formulierten Anliegen nach, den einzelnen behinderten Menschen als Individuum zu begreifen und ihm bei der Entfaltung seiner Persönlichkeit zu unterstützen. Die Ateliers befinden sich an den Standorten Praunheim, Fechenheim und Höchst. Hier erhalten die Künstler der Werkstätten unter Anleitung und Betreuung durch erfahrene Kunstpädagoginnen die Möglichkeit, durch Kunst ihr Verhältnis zur Welt und ihre ganz subjektive Sicht der Realität auszudrücken. Das Ergebnis stellt sich durch Arbeiten mit hoher ästhetischer Qualität und von beeindruckender Authentizität dar und reicht von grossformatigen Gemälden über Papierarbeiten bis zu Holz- und Kartonskulpturen.

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Oliver Hammerschmidt, Ohne Titel, 2011, Acryl und Ölkreide auf Leinwand, 80 x 100 cm

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Jeannette Ghobrial, Katja, 2012, Acryl auf Leinwand, 50 x 70 cm

Die Stiftung Praunheimer Werkstätten legt seit ihrer Gründung im Jahr 2000 grossen Wert darauf, die künstlerische Arbeit von Werkstatt-Beschäftigten und Bewohnern der Wohneinrichtungen der Praunheimer Werkstätten (pw) zu fördern und die entstandenen Kunstwerke in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Der jährliche pw-Kunstkalender gehört zu diesem Konzept, ebenso das Veranstalten von Ausstellungen und Workshops wie auch die Förderung der Ateliers in den Werkstätten und Wohneinrichtungen. Beim Neubau der Werkstatt Praunheim (Fertigstellung Ende 2015) hat sich die Stiftung dafür eingesetzt, Platz für ein grosszügiges Kunstatelier vorzusehen. Den Künstlerinnen und Künstlern der „alten“ Werkstatt Praunheim soll mit dem Umzug die Möglichkeit gegeben werden, unter besseren Bedingungen als bisher an ihren Werken zu arbeiten, grössere Formate verwenden zu können, bei gutem Licht und mit allgemein mehr Platz kreativ sein zu können.

Diese Vorstellungen sind beim Raumkonzept des Neubaus berücksichtigt worden: Die neue Werkstatt Praunheim erhält ein weiträumiges Atelier im Obergeschoss, mit Nasszelle und Lagerraum, mit drei Lichtkuppeln auf dem Dach zusätzlich zur breiten Fensterfront. Viele der in den pw-Kunstkalendern der letzten Jahre gezeigten Arbeiten sind in der Werkstatt Praunheim entstanden; Künstlerinnen und Künstler wie Birgit Ziegert, Andreas Skorupa oder Oliver Hammerschmidt werden die Möglichkeiten des Neubauateliers zu schätzen wissen. Man darf gespannt sein, wie sich die verbesserten Bedingungen auf ihr Schaffen auswirken werden.

In der ursprünglichen Kostenplanung für den Werkstattneubau war ein Atelier in der nun realisierten Grössenordnung nicht vorgesehen. Für die Finanzierung der Mehrkosten sind die pw auf Unterstützung angewiesen. Die Stiftung Praunheimer Werkstätten hat deshalb begonnen, neben der allgemeinen Kampagne zur Finanzierung des Werkstattneubaus zum Spenden speziell für das neue Kunstatelier aufzurufen. Viele Menschen haben hier schon einen Beitrag zur Förderung der Kunst bei pw geleistet, doch es fehlen weitere Gelder, um die Finanzierung des Ateliers abzusichern.

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Birgit Ziegert
↑ Ohne Titel, Acryl auf Leinwand, 100 x 80 cm
↓ Ohne Titel, Triptychon, 2012, Acryl auf Leinwand, je 120 x 40 cm

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Spätestens seit der Ausstellung “Weltenwandler. Die Kunst der Outsider” in der SCHIRN Kunsthalle ist Birgit Ziegert in Frankfurt keine Unbekannte – fertigte sie doch zu dieser besonderen Präsentation eine grosse Wandmalerei im Treppenaufgang der Kunsthalle.

Zur gleichen Zeit sind in der Heussenstamm-Galerie mit dem Titel „Ein anderer Alltag“ Fotografien von Andrea Esswein mit Texten von Hildegard Schmid aus derem Essay „Früchte, Friede, Wein und kein Mord und Krieg soll sein“ zu sehen, in dem die unter Demenz und Schizophrenie leidende, inzwischen verstorbene alte Dame ihre Gedankenwelt niederschrieb.

„Schau mir in die Augen“ – Künstler aus den Praunheimer Werkstätten in der Frankfurter Heussenstamm-Galerie, nur noch bis zum 19. Dezember 2014

Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen/Künstler;
Fotos: FeuilletonFrankfurt

 

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