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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Paco Aguilar, Rafael Alvarado, Chema Lumbreras und Sebastián Navas im Kunsthaus am Lohrberg

Entrelíneas – Zwischen den Zeilen, zwischen den Fronten
Vier deutsche Künstler in Málaga und vier Künstler aus Málaga in Frankfurt

Künstleraustausch ganz privat, abseits der Institutionen: Auf Initiative der Frankfurter Künstlerin Jutta Heun, neben ihren wundervollen Arbeiten bekannt nicht zuletzt durch ihr Kunsthaus am Lohrberg, und Mariana Martín, Geschäftsführerin der Grafikwerkstatt „Taller Gravura“ in Málaga, stellten vier Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland – Jutta Heun, Marina Raffaela Cerea, Charles Geiger und Line Krom – in Málaga aus; umgekehrt empfing Jutta Heun jetzt die vier untereinander etwa gleichaltrigen, sämtlich in Málaga geborenen Künstler Paco Aguilar, Rafael Alvarado, Chema Lumbreras und Sebastián Navas zu einem Gegenbesuch mit dem Titel „Entrelíneas – Zwischen den Zeilen, zwischen den Fronten“ in ihrem Kunsthaus am Lohrberg. Die Vernissage – ein zünftiger spanischer Abend, begleitet von der Flamenco-Formation „Isla del Río“ – fand am 7. November statt, die sehenswerte Ausstellung dauert bis zum 28. November 2014.

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Chema Lumbreras

Aguacero, 50 x 70 cm
La Risa Negra, 45 x 28 cm
jeweils 2014, Aquarell und Graphit auf Papier

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Unterschiedlicher könnten die Arbeiten der vier Künstler aus Málaga nicht sein:

Chema Lumbreras, Jahrgang 1957, begibt sich in die heitere – und am Ende vielleicht doch gar nicht so heitere – Welt der Märchen, wir denken an den „Froschkönig“ der Brüder Grimm, vom Gedanken der Entzauberung wie Erlösung, von der Reifung des Prinzessinnen-Mädchens zur Braut, von der zudringlich-sexuellen Gewalt des Frosch-Prinzen bestimmt. An verschiedensten Deutungen dieser Geschichte, vor allem psychoanalytischer Art, mangelt es nicht.

Lumbreras, der 1981 seine künstlerische Laufbahn begann, stellte vielfach in verschiedenen spanischen Städten sowie in Frankreich aus. Stets blieb er seiner Heimatstadt Málaga verbunden, wo er auch heute lebt und arbeitet.

Paco Aguilar, 1959 geboren, nimmt Familienfotos zum Vorbild seiner melancholischen Zeichnungen. Über dem adrett-brav gekleideten, ernst dreinblickenden jungen Mann zieht eine Formation von Bomberflugzeugen des Zweiten Weltkriegs, wird auch er bald ein Opfer der tödlichen Fracht sein, die sie abwerfen? Den weiblichen Teil der Familie – sind es Mutter, Frau und Tochter? – bedroht eine Tellermine.

Aguilar, Maler, wandte sich dem Holzschnitt, der Litographie und dem Zeichnen zu. Er betreibt die 1979 von José Faria gegründete Werkstatt für Druckgrafik „Taller Gravura“ in Málaga mit zahlreichen Ausstellungsaktivitäten, arbeitet aber auch im Bereich Malerei und Skulptur. Seine Werke wurden in über 30 Einzelausstellungen und einer kaum mehr überschaubaren Zahl von Gemeinschaftspräsentationen europaweit sowie in Asien, Mittel- und Südamerika, Nordafrika und in den USA bekannt.

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Paco Aguilar
↑ Seria Adelaida V
↓ Seria Adelaida III
jeweils 2014, Graphit und Tusche auf Papier, 50 x 70 cm

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Sebastián Navas
↑ Málaga 10.06.2014 20:18′
↓ Guangzhou 28.04.2014 11:26′
jeweils 2014, China-Tusche und Tempera auf Papier, 50 x 70 cm

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Sebastián Navas – er wurde 1959 geboren – zeichnet nach fotografisch erfassten Motiven flüchtig anmutende Strassenszenen in Málaga und in Guangzhou. Menschen in grossstädtischem Leben – und doch allein, jeder vorwärts hastend für sich. Konturen verschwimmen, Spuren verwischen.

Auch Navas bestritt als Maler, Zeichner und Grafiker eine Vielzahl an Einzel- und Gruppenausstellungen. Aktuell befasst er sich mit der Erkundung von Identität und Wesen von Mensch und Natur.

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Rafael Alvarado
↑ Sin Título V, 50 x 70 cm
↓ Sin Título III, 30 x 40 cm
jeweils 2014, Mischtechnik auf Papier

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Bedrückend in ihrer zeitlichen Gegenwart die dunklen, oft von Gewalt bestimmten Arbeiten von Rafael Alvarado, Jahrgang 1957. Vor einem Flugzeug prügeln und treten Uniformierte auf eine am Boden liegende Gestalt ein. Wollte sie illegal einreisen oder wehrte sie sich gegen Abschiebung? Die Bilder gleichen sich. Dann der auf den ersten Blick vielleicht grimmig, auf den zweiten, nachhaltigen eher in sich gekehrt, schuldbewusst dreinblickende Mann – dunkler Anzug, weisses Hemd, Krawatte, die Hände ineinander gefaltet – neben einem chimärenhaften, unbestimmten, amorphen, ihm sich kreiselnd näherndem Gegenüber. Symbolisiert es den nahenden Tod?

Alvarado lehrte an verschiedenen Bildungseinrichtungen im Bereich der Kunst, unter anderem als Professor an der Akademie für bildende Künste in Madrid. Unmittelbarkeit und starke Expressivität kennzeichnen seine Arbeiten.

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Chema Lumbreras, Sebastián Navas, Rafael Alvarado und Paco Aguilar in der Vernissage (Foto: Kunsthaus am Lohrberg)

„Entrelíneas – Zwischen den Zeilen, zwischen den Fronten“, Kunsthaus am Lohrberg, bis 28. November 2014; zu den diesjährigen Frankfurter Ateliertagen ist die Ausstellung am Samstag, 22. November, von 14 bis 20 Uhr und am Sonntag, 23. November 2014, von 12 bis 18 Uhr geöffnet

Fotos (soweit nicht anders bezeichnet): FeuilletonFrankfurt

→  Jutta Heun und der Genius loci

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