Hélio Oiticica: Partizipative Kunst im Frankfurter Palmengarten
Erste Kooperation zwischen Palmengarten und Museum für Moderne Kunst MMK
unter Mitwirkung von Goethe-Universität und Städelschule
Pavillon „Penetrável PN 14 MAP“, 1979/2013
Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Ende September 2013 eröffnet das Frankfurter Museum für Moderne Kunst MMK die retrospektive Ausstellung „Hélio Oiticica. Das grosse Labyrinth“. Drei begehbare Ausseninstallationen des 1980 im Alter von nur 42 Jahren verstorbenen Künstlers werden im Rahmen einer ersten Kooperation zwischen dem Museum und dem Palmengarten seit heute Abend der Öffentlichkeit präsentiert.
Hélio Oiticica, 1937 in Rio de Janeiro geboren, wird als Mitbegünder der kulturell-politischen Bewegung Tropicália in Brasilien und als Vorreiter der partizipativen Kunst in einem Atemzug etwa mit Joseph Beuys oder Andy Warhol genannt. Zunächst arbeitete er als Maler. Später entwickelte er Strategien, um neue gesellschaftspolitische Perspektiven in der Kunst zu eröffnen, und verstand sich als Konstrukteur von Materialität, Farbe, Zeit, Raum und Situationen. Seine raumgreifenden, „Penetráveis“ genannten Installationen laden als Spiel- und Handlungsflächen zur freien Erkundung und Teilhabe ein. „Wie kaum ein anderer Künstler seiner Generation war Oiticica der Zeit voraus. Die Begriffe ‚Partizipation‘, ‚Environment‘ und ‚Proposition‘, die in Europa und Nordamerika den künstlerischen Diskurs erst Jahre später bestimmen sollten, waren in seinem Werk bereits zu einem frühen Zeitpunkt formuliert und verleihen diesem bis heute zentrale Bedeutung für die Kunst der Gegenwart“, sagte Peter Gorschlüter, stellvertretender MMK-Direktor und Ausstellungskurator in der Pressekonferenz.
Leben und Werk des Künstlers porträtierte dessen Neffe und Nachlassverwalter, der 1968 ebenfalls in Rio de Janeiro geborene Kurator und Filmemacher Cesar Oiticica Filho, in einem 94minütigen Dokumentarfilm, der zur Berlinale 2013 gezeigt und mit dem Preis der FIPRESCI-Jury (Fédération Internationale de la Presse Cinématographique) sowie dem Caligari-Filmpreis ausgezeichnet wurde.
Cesar Oiticica Filho in der Pressekonferenz im Palmengarten
↑↓ Pavillon „Penetrável PN 14 MAP“, 1979/2013
Der Pavillon „Penetrável PN 14 MAP“ soll Natur und Architektur vereinen und die Besucher dazu einladen, die verwinkelten Gänge und Räume zu erkunden und sich anzueignen. In ihm findet in den kommen Tagen und Wochen ein umfangreiches Performance- und Filmprogramm mit Interventionen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler statt, das von Studierenden des Masterstudiengangs „Curatorial Studies – Theorie – Geschichte – Kritik“ von Goethe-Universität und Städelschule unter der Leitung der Initiatorin Stefanie Heraeus und in Zusammenarbeit mit dem MMK erarbeitet wurde.
↑↓ Pavillon „Penetrável PN 14 MAP“, 1979/2013
Mitwirkende der Künstlergruppe „Kristallo“ während der Pressekonferenz im Palmengarten
Neben dem Pavillon „Penetrável PN 14 MAP“ sind zwei weitere im Palmengarten installiert, die ebenfalls zur Partizipation der Besucher und zur Bespielung des Raums mit sinnlichen Experimenten und Ereignissen einladen.
↑↓ Der Pavillon „A Invenção da Luz“ (1978/2013) bezieht den Betrachter unmittelbar in die Arbeit des Künstlers ein. Ein Spiel zwischen Licht und Schatten, Natur und Architektur eröffnet eine „sinnliche Erfahrung von Struktur, Raum und Zeit“.
↑↓ Der „Penetrável Macaléia ‚Homenagem a Jards Macalé‘ “ (1978/2013) huldigt dem 1943 geborenen brasilianischen Musiker Jards Macalé
Das Begleitprogramm:
Freitag, 30.08.2013, Palmengarten
18 Uhr Eröffnung der Ausstellung „Hélio Oiticica im Palmengarten“
19 Uhr Führungen durch die Ausstellung von Studierenden des Masterstudiengangs „Curatorial Studies – Theorie – Geschichte – Kritik“
20: 30 Uhr Performance „Kristallo – Fliessen und Forschen” von Charlotte Simon, Jonathan Penca, Zink Tonsur und Chor
Samstag, 31.08.2013, Palmengarten, ab 17 Uhr
Performance/ Begehung „Das große Rasenstück“ von Jochen Dehn
Performance „Falling for the Matuhi” von Simon Speiser
Performance „Composition T“ von Sunah Choi
Filmprogramm: Mika Rottenberg, Tropical Breeze, 2004
Renate Lorenz/Pauline Boudry, Charming for the Revolution, 2009
Pola Sieverding, Make Up, 2010
Jack Smith, Song for Rent, 1969
Sonntag, 01.09.2013, Palmengarten
14 Uhr Führung durch die Ausstellung von Studierenden des Masterstudiengangs „Curatorial Studies – Theorie – Geschichte – Kritik“
16 Uhr Performance/ Begehung „Das große Rasenstück“ von Jochen Dehn
Samstag, 07.09.2013, Palmengarten, ab 17 Uhr
Performance „pindoroma// obra em progresso“ von Arty Chock
Sound-Performance Musik für Ton und Instrumente von Félicia Atkinson
Lecture-Performance „#unentschlossen#verführt” von Balz Isler und
Filmprogramm: Pola Sieverding, Cross Metropolis Machine, 2012
Henning Frederik Malz, John’s Desire, 2011
Anna Margit Erber, Trigger Factor, 2012
Jack Smith, Jungle Island, 1967
Sonntag, 08.09.2013, Palmengarten
14 Uhr Führung von Studierenden der „Curatorial Studies – Theorie – Geschichte – Kritik“
16 Uhr Sound-Performance „Musik für Ton und Instrumente” von Félicia Atkinson
Performance „pindoroma// obra em progresso” von Arty Chock
Mittwoch, 11.09.2013, Palmengarten, ab 19 Uhr MMK Sunset
ab 19.30 Uhr Führungen von Studierenden der „Curatorial Studies – Theorie – Geschichte – Kritik“
19.15 Uhr Performance „Lesbi Tropicália” von Vaginal Davis
21.30 Uhr Sound-Performance „Dancing and Demonstrating“ von der Kollektivmaschine (Ursula Döbereiner, Dirk Krecker und Thomas Rehnert)
Sunset Bar des Robert Johnson mit DJ-Tracks von Weller
Freitag, 27.09.2013, MMK Museum für Moderne Kunst,
20 Uhr Eröffnung der Ausstellung „Hélio Oiticica. Das große Labyrinth“
Sonntag, 29.09.2013, Deutsches Filmmuseum
Filmpremiere „Hélio Oiticica“, Brasilien 2012, 94 min, Regie: César Oiticica Filho
Samstag, 12.10.2013, Palmengarten, ab 17 Uhr
Tanz-Performance „re.appear” von Hannah Dewor
Lecture-Performance „Der Körper ist eindringlich” von Ricardo Domeneck
Sound-Performance: „Galaktischer Quadrant” von Alan B. Brock-Richmond und Bernhard Schreiner
Filmprogramm: Tamar Guimarães, Canoas, 2010
Charles Simonds, Dwellings, 1972
Jack Smith, Scotch Tape, 1962
Sandra Kranich, Back 1–3, 2010
Fotos: FeuilletonFrankfurt
→ “Hélio Oiticica. Das grosse Labyrinth” im Museum für Moderne Kunst