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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Paavo Järvi wird Conductor Laureate, Christiane Karg Artist in Residence

Das hr-Sinfonieorchester in der neuen Konzert-Saison

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

Hörfunkdirektor Heinz-Dieter Sommer, studierter Musikwissenschaftler, und Noch-Musikchefin Andrea Zietzschmann luden zur Pressekonferenz ins Foyer des Hessischen Rundfunks.

Noch-Chefdirigent Paavo Järvi

Nicht wie üblich wurde vor allem das neue Programm der Konzertsaison 2013/2014 vorgestellt, sondern es waren die wichtigen Veränderungen, die im Mittelpunkt standen.

Die wichtigste: Paavo Järvi beendet seine Tätigkeit als Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters. Sein letztes Konzert in dieser Funktion gibt er am 1. Juli in Kassel. Auf sieben erfolgreiche Jahre wird er am Ende dieser Saison zurückblicken. Das heisst nicht, die Verbindung ist gekappt. Järvi wurde zum Conductor Laureate, zum Ehrendirigent auf Lebenszeit ernannt. Blättert man in der neuen Konzert-Broschüre, dann ist er im Dezember 2013 bereits wieder mit „seinem“ Orchester und dem Cellisten Steven Isserliss in der Alten Oper zu hören. Dort folgen im Februar 2014 Konzerte mit dem Pianisten Alexander Toradze und im März mit der Geigerin Hilary Hahn. Ende Juni dirigiert er das traditionelle Eröffnungskonzert beim Rheingau Musikfestival, und er geht mit den hr-Musikern auf Tourneen – zum Beispiel nach San Sebastian mit der Pianistin Alina Pogostkina und dem Pianisten Christopher Park.

Orchesterprobe am 21. Juni 2012 mit Paavo Järvi

Der gebürtige Este Paavo Järvi, Sohn eines berühmten Dirigenten-Vaters, Bruder von Kristjan, ebenfalls schon weltbekannt als Dirigent, und von Maarika, Flötistin in den USA, hat das hr-Sinfonieorchester international auf ein hohes Niveau geführt. Er, der unter anderem bei Leonard Bernstein lernte, gehört heute zu den begehrtesten und erfolgreichsten Orchesterleitern der Welt. Gast war er bei den grossen Klangkörpern in Europa, Amerika, und Japan. Seit drei Jahren ist er Chefdirigent des Orchestre de Paris, seit 2010 dort Musikdirektor. Vorher war er in gleicher Position beim Cincinnati Symphony Orchestra, bei dem er auch Conductor Laureate ist. Er ist künstlerischer Leiter der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und wurde im letzten Jahr zum neuen Chefdirigenten des NHK Symphonie Orchstra in Tokio für die Spielzeit 2015/2016 ernannt. Beachtlich ist seine Diskographie. Zur Zeit spielt er mit dem hr-Sinfonieorchester sämtliche Bruckner-Sinfonien ein.

Andrea Zietzschmann, Paavo Järvi und Christiane Karg am 5. März 2013

Die Stelle des Chefdirigenten ist ein Jahr vakant. Aber hervorragende Dirigenten, wie Herreweghe, Zinman, Noseda, Janowski, Bringuier, Orozco- Estrada, natürlich Järvi und die ehemaligen Chefdirigenten des hr, Wolff und Inbal, Goebel und Marcon, wurden für die anstehende Konzertsaison verpflichtet. Auch grosse Solistennamen sind im neuen Programm zu finden.

Der neue Chef, der die Spielzeit 2014/2015 verantworten wird, ist der junge Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada, der in Wien ausgebildet wurde und dem Frankfurter Publikum schon bekannt ist.

Paavo Järvi, Christiane Karg

Die zweite wichtige Veränderung: der – beziehungsweise die – neue „Artist in Residence“ in der Saison 2013/2014 wird Christiane Karg.

Die Sopranistin gehörte bis vor kurzem zum Ensemble der Frankfurter Oper. Zuletzt begeisterte sie als Mélisande in Claude Debussys Oper „Pelléas et Mélisande“ und ein Jahr zuvor als Calisto in der gleichnamigen Oper von Fransesco Cavalli.

Zuletzt erlebte ich sie als Susanna in Mozarts „Figaros Hochzeit“ zusammen mit dem jungen Koreaner Kihwan Sim, der auf dem Weg zur Weltkarriere ist – ein Traumpaar.

Im Dezember, als ich Christiane Kargs Weggang bedauerte, sagte sie salomonisch lächelnd: „Ich werde wiederkommen“. Sie bleibt also Frankfurt erhalten.

Sie verfügt über ein grosses Repertoire, sie ist vielseitig: witzig, keck, ernst, erotisch. Sie ist auch eine bedeutende Liedsängerin. Die in Feuchtwangen geborene Sängerin war „Nachwuchskünstlerin“ der Zeitschrift Opernwelt, und für ihre CD „Verwandlung – Lieder des Jahres“ verlieh ihr die Deutsche Phono-Akademie den Musikpreis „Echo Klassik“.

Sie singt an den Opernhäusern in München, Berlin, Wien, Lille, Glyndebourne und bei den Salzburger Festspielen, wo sie 2006 ihr Debüt gab.

Die sympathische, charismatische Christiane Karg, deren Natürlichkeit fasziniert, die nichts von einem Star demonstriert, der sie nun bereits ist, wird vier Projekte in der Konzertsaison 2013/2014 mit dem hr-Sinfonieorchester realisieren. Das erste findet im September statt.

Eine dritte wichtige Veränderung: Andrea Zietzschmann, seit zehn Jahren hr-Musikchefin, verlässt den Hessischen Rundfunk am 31. Mai 2013. Ihr Weggang sei ein Verlust für den Sender, sagte Hörfunkdirektor Heinz Sommer. Ihr Nachfolger Michael Traub kommt vom NDR.

Andrea Zietzschmann begleitete intensiv die Zeit von Paavo Järvi. Bei der Pressekonferenz, in der Järvi und sie sich quasi verabschiedeten, konnte man etwas von dieser engen, begeisterten Zusammenarbeit spüren.

Andrea Zietzschmann beim Georg Solti-Dirigentenwettbewerb am 23. September 2012 mit dem 1. Preisträger Daye Lin

Andrea Zietzschmann wechselt zum NDR, wo sie Leiterin der NDR-Klangkörper und -Konzertreihen wird.

Paavo Järvi wird noch bis zum 1. Juli 2013 mit mehreren Konzerten in Hessen sein. An diesem Tag wird er zum Jubiläum „1100 Jahre Stadt Kassel“ – Gustav-Mahler-Festtage – dessen 6. Sinfonie dirigieren, mit der er zwei Tage zuvor das Rheingau Musik Festival eröffnet. Solistin der Wesendock-Lieder von Richard Wagner ist dann die schwedische Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter.

Wieder wird es das Music Discovery Project in der Jahrhunderthalle geben. Neu ist die Biennale für Moderne Musik, Bernd Alois Zimmermann gewidmet, neu die Konzertreihe „Kammerflimmern“, neu das Engagement bei der Ruhrtriennale, die Heiner Goebbels verantwortet. „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ des Gegenwartskomponisten Helmut Lachenmann wird in Bochum gespielt. Neu ist auch ein Tanzprojekt mit der hr-Bigband. Die Reihen „Barock+“, „Debut“, Kammerkonzerte, Neue Musik, die Kinder- und Jugendkonzerte, all das wird es wieder geben, und „Musik und Film“: „Matrix Live“ – der Science-Fiction-Klassiker mit der Originalmusik von Don Davis unter Leitung von Frank Strobel.

Es wird eine spannende Konzertsaison.

Wer mehr erfahren will, besorge sich die neue Konzertbroschüre von hr2 kultur.

 

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