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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Frankfurter Ateliertage 2012: Nashun Nashunbatu

Seit gestern Abend sind die „Frankfurter Ateliertage“, bei denen etwa 330 Künstlerinnen und Künstler im Stadtgebiet ihre Arbeitsräume einem breiten Publikum öffneten, Geschichte; die nächsten folgen erst wieder im Jahr 2014. Der Zwei-Jahres-Rhythmus erscheint vernünftig, gewährt er doch den Kunstschaffenden die notwendige Zeitspanne und vielleicht auch „Atempause“, um hernach mit frischen und innovativen künstlerischen Ideen aufzuwarten.

FeuilletonFrankfurt besuchte, in den nur vier halben Wochenendtagen, die die Veranstaltungsreihe letztlich „netto“ ausmachte, eine Vielzahl von Ateliers und möchte einige wenige von ihnen den Leserinnen und Lesern auch nachträglich vorstellen (wie stets ist die Auswahl subjektiv und aus Sicht all derer, die nicht erwähnt werden können, verstehbarer Weise ungerecht). Selbstverständlich sind viele Künstlerinnen und Künstler bereit, auch ausserhalb solcher institutioneller Schau-Zeiten Interessenten in ihren Ateliers zu empfangen – und natürlich auch Kunstwerke zu verkaufen!

Er fiel uns im basis-Haus Gutleutstrasse auf, besser gesagt er und seine Malerei: Nashun Nashunbatu.

Beginnen wir mit der Vita: 1969 in Ordos, Innere Mongolei, China geboren. Von 1987 bis 1989 studierte er an der Fakultät für Bildende Künste der University Inner Mongolia Hohhot, China.

Seine hier verfügbare Vita beginnt erst wieder im Jahr 1993; bis 1999 lebte und arbeitete er, wie es heisst, in Peking. Im  Jahr 2000 begann er das Studium an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig bei den Professoren Norbert Tadeusz und John M. Armleder, dessen Meisterschüler er wurde. 2006 erhielt er das Meisterschüler-Stipendium der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.

Seit 2007 stellt Nashun Nashunbatu aus, in Deutschland wie weltweit, auch in China. Dort im Convention and Exhibition Centre Ordos und im Ordos Art Museum China, in der Exhibition Hall IMNU & IMU Hohhot sowie in Peking im C5 Art Beijing und in der Gallery Pekin fine arts Beijing. In Frankfurt am Main waren seine Arbeiten wiederholt in der Galerie Hübner & Hübner zu sehen, in Deutschland ferner in Braunschweig, Corvey, Düsseldorf und Regensburg.

Die jetzt in seinem Atelier im basis-Haus Gutleutstrasse ausgestellten drei grossformatigen Gemälde haben uns fasziniert. Sie bewegen sich in einem Bereich zwischen Abstraktion und Figuration. Dem Betrachter geben sie einiges an Rätseln auf, auch sind wir aufgefordert, uns in einem Raum zwischen westlicher und fernöstlicher Tradition zu orientieren.

Zwei der abgebildeten Arbeiten sind der Landschaftsmalerei zuzurechnen, sie enthalten Elemente der Romantik wie des Surrealismus. Eine scheinbar mit abgestorbenem Wurzel- oder Astwerk bedeckte Fläche liesse sich als Boden begreifen, sie verwebt sich mit einer unbestimmten nebel- oder wolkenhaften Sphäre. Ebenso jedoch könnte die Dynamik der Fläche auf ein wogendes verschmutztes Wasser schliessen lassen. Auch das zweite Landschaftsbild lässt den Betrachter über die Beschaffenheit der sich ausbreitenden Fläche im Unklaren, wir könnten einen Blick aus grösserer Höhe auf irdische Wolkenfelder annehmen. Und auch das aus der Tiefe aus dem kreisrunden schwarzen Loch emporragende Gebilde können wir mit der Vorstellung eines abgestorbenen Baumes verbinden. Alptraumhafte Visionen einer durch Verschmutzung und Verseuchung untergegangenen Welt? Derzeit versuchen Vertreter von 193 Staaten auf der UN-Klimakonferenz in Doha – es ist die 18. Konferenz dieser Art! – zu einem irgendwie gearteten Etwas zu gelangen, das die drohende Klimakatastrophe vielleicht noch aufhalten könnte. China räumt dabei seine unrühmliche Rolle als weltgrösster CO 2-Emittent durchaus ein. Lösungen sind jedoch nicht in Sicht. Das weiss auch der Künstler.

Das dritte Bild zeigt eine Gruppe von Menschen in einer von Menschen geschaffenen und doch wiederum surrealistischen wie alptraumhaften Situation: Sie kauern am Boden vor einer Wand hochaufragender Betonplatten, die Tür eines schäbigen, abbruchreifen Gebäudes hängt schief in den Angeln, dahinter öffnet sich ein immer schwärzer werdender Raum; einen Schuppen zur Rechten überziehen Freileitungsdrähte, dienen sie der Versorgung mit Energie oder sichern sie eine gefängnishafte Einrichtung? Es scheinen junge Menschen zu sein, die am Boden liegen und hocken, ein wie ausgestopft anmutendes Reh in ihrer Mitte. Auf der unerreichbar hohen Mauerkrone schleppt ein weissbärtiger Mann einen riesigen Fisch auf seinen Schultern – es ist ein Hai!

„In ihrer Bedeutungsvielfalt spiegeln Nashunbatus Bilder psychische Zustände, die von den Ambiguitäten zwischen Beklemmung und Weite, Isolation und Befreiung geleitet sind“ schreibt die Frankfurter Kunstwissenschaftlerin Denise Koch auf der Website des Künstlers.

Abbildungen © Nashun Nashunbatu; Fotos: FeuilletonFrankfurt

 →  Aus “Open Doors” werden “Frankfurter Ateliertage”

 

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