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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Frankfurter Ateliertage 2012: Stipendium „Heimvorteil“ an Atelier Klöfkorn / Lehmann

Von Erhard Metz

Grund zur Freude: Michel Klöfkorn und Jens Lehmann sind Preisträger des Atelierstipendiums „Heimvorteil“ 2012/2013, das am vergangenen Samstag zur Eröffnung der Frankfurter Ateliertage erstmals vergeben wurde.

76 einzelne Künstlerinnen und Künstler sowie Ateliergemeinschaften hatten sich um das Stipendium beworben, fünf von ihnen kamen in die Endauswahl: neben dem Preisträger-Duo Michel Klöfkorn und Jens Lehmann, einer privaten Ateliergemeinschaft in der Moselstrasse im Frankfurter Bahnhofsviertel, waren dies Nicolaj Dudek, Dirk Krecker, Saskia Schüler und Suzanne Wild.

Die Jury (Elke Gruhn, Leiterin Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, Ursula Grzechca-Mohr, Direktorin Gotisches Haus Bad Homburg und der freie FAZ-Journalist Christoph Schütte) liess sich bei ihrer einstimmigen Entscheidung von vier Kriterien leiten: Stringenz der bisherigen künstlerischen Entwicklung; innovativer Umgang mit den künstlerischen Medien; Entwicklungspotential; Erwartung, dass der Stipendiat seinem Werk mit Hilfe des Stipendiums verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit verschaffen kann.

Die Jury sieht „in beiden Künstlern ein hohes Mass experimenteller Energie für eine weitere innovative Entwicklung. Beide beschäftigen sich mit gesellschaftspolitischen Fragen, dem Alltag im Hier und Jetzt und unserer Wahrnehmung von Lebenswirklichkeit. Häufig wird der Stadtraum, die unmittelbare Umgebung für Anregungen genutzt. Eine finanzielle Entlastung in Form des Atelierstipendiums kann bei beiden Künstlern experimentelle Alleingänge befördern.

Für Jens Lehmann könnte das bedeuten, dass er ermuntert wird, auf dem eingeschlagenen Weg neue Wagnisse einzugehen. Bei dem Filmemacher Michel Klöfkorn könnten das hohe Niveau und der aktuelle Schwung, der in seinen Arbeiten zu erkennen ist, weitergetragen werden, wobei er sich im kommenden Jahr zudem stärker entfalten und auf seine eigenen Kunst-Film-Produktionen konzentrieren kann. Obwohl beide Künstler in unterschiedlichen Medien zuhause sind und verschiedene Absichten in ihrem schöpferischen Tun verfolgen, befassen sie sich mit ähnlichen gesellschaftlichen Fragestellungen, die den Humus der Kulturszene einer Grossstadt darstellen“.

Das Stipendium ist mit einem einjährigen Zuschuss zur Ateliermiete in Höhe von maximal 7000 Euro verbunden, ferner einer Präsentation in der Frankfurter Ausstellungshalle 1 A sowie Fördermitteln für einen Katalog.

Jens Lehmann und Michel Klöfkorn (Fotos: Erhard Metz)

Der Filmemacher Michel Klöfkorn wird im Branchenmagazin „filmportal“ unter den Rubriken Darsteller, Regie, Drehbuch, Kamera, Bauten, Schnitt, Ton, Musik und Produzent geführt – ein Allrounder seines Metiers also. Seine Filmografie umfasst derzeit rund 50 Werke, davon vor allem in den letzteren Jahren zahlreiche Trick- und Animationsfilme.

1967 in Cuxhaven geboren, studierte Klöfkorn von 1990 bis 1997 Malerei, Zeichnung und Film an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach bei den Professoren Helmut Herbst und Adam Jankowski. Für seine Arbeiten – überwiegend Kurzfilme – erhielt er bereits eine Anzahl an Preisen und Auszeichnungen, unter anderem den Deutschen Musikvideopreis Oberhausen 1999, den Hessischen Filmpreis 2002, in 2009 für „n.n.“ den Preis für den besten Beitrag des Deutschen Wettbewerbs der Kurzfilmtage Oberhausen und in diesem Jahr für seine Arbeit „Ich fahre mit dem Fahrrad in einer halben Stunde bis an den Rand der Atmoshäre“ den Deutschen Kurzfilmpreis 2012 in Gold für den besten Experimentalfilm.

Zu „n.n.“ bescheinigt die Jury dem Künstler – wir dürfen zitieren – : „n.n. nimmt Elemente einer technoiden Kulturlandschaft und animiert sie als belustigend-beängstigendes Bewegungsschauspiel – als anschwellenden Schwarm ameisenhafter Wesen, der die Versatzstücke der Zivilisation lustvoll zerschreddert. Ruhe findet die Welt erst im menschenleeren ewigen Eis.“

Trotz aller Erfolge mag es an dem von ihm gewählten künstlerischen Medium liegen, dass Klöfkorns überaus sehenswerte Arbeiten oft erst noch der Entdeckung durch ein breiteres Publikum harren. Wir beobachten es immer wieder bei Ausstellungen: Dieses sogenannte „breitere“ Publikum beschäftigt sich eher mit Bild, Skulptur oder Installation als mit einem Video oder Film, denen es eine gewisse Zeitspanne an kontinuierlicher Aufmerksamkeit und Konzentration zuzuwenden gilt.

Aufmarsch, © Michel Klöfkorn

Termite Gallina, © Michel Klöfkorn

Jens Lehmann wurde 1968 in Frankfurt am Main geboren. Er studierte von 1991 bis 1997 an der Städelschule und graduierte sich dort als Meisterschüler von Professor Per Kirkeby. Lehmann stellte bislang über Frankfurt am Main hinaus in Berlin, Hannover, Izmir und Mannheim aus.

„Er selbst bezeichnet seine Arbeit“, so formuliert das Frankfurter Kulturamt, „als ‚Collagenmalerei‘. Wie Klöfkorn setzt er sich mit strukturellen Problemen unserer Zeit auseinander. Bei Lehmann sind es vorrangig die Strukturen des Stadtraums und das Wechselverhältnis zwischen unserer Gesellschaft und der sie umgebenden Medienwirklichkeit“.

Lehmanns Arbeiten umfassen Bilder, Collagen und Installationen. In seinen Bildern verarbeitet er Farben und diverse Materialien auf Nessel, Leinwand oder auf Fotografien. Ebenso setzt er in seinen Collagen oft Farben ein. Einen lesenswerten Beitrag von Mark Gisbourne über die Collagenarbeiten des Künstlers „Transkription, Erinnerung und der urbane Raum – die Collagenmalerei von Jens Lehmann“ finden wir bei der Berliner Galerie Morgan Contemporary.

Ausgangspunkt der beiden folgenden Collagen waren die beiden Begriffe „neo“ und „monolook“, die auch die Titel der Arbeiten sind, die als Schrift malerisch aufgelöst wurden.

neo, 2012, Collage auf Dibond, 100 x 150 cm, © Jens Lehmann

monolook, 2012, Collage auf Dibond, 100 x 150 cm, © Jens Lehmann

 →  Aus “Open Doors” werden “Frankfurter Ateliertage”

 

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