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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Stiftung „CITOYEN – aktiv für Bürgersinn“

Die Stiftung CITOYEN und ihr neuer Preis CITOYENNE

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

Die Bürgerstiftung hat kürzlich zum ersten Mal den neu geschaffenen Preis „CITOYENNE für Bürgersinn“ verliehen und wird ihn in zwei Jahren wieder vergeben. 250 Gäste feierten in der Jugend-Kultur-Kirche Sankt Peter in Frankfurt am Main die Preisträger.

Die französischen Begriffe Citoyen und Citoyenne sind Programm für die Stiftung. Sie bedeuten Bürger und Bürgerin beziehungsweise Staatsbürger in dem Sinne, dass sie am Gemeinwesen aktiv und gestaltend teilnehmen. Die Ideale der Französischen Revolution basieren in dem Wort.

Citoyen ist nicht zu verwechseln mit Bourgeois. Mit dem Begriff werden häufig reaktionäre Wohlhabende sowie Spiesser betitelt.

Helga Dierichs am 12. März 2012 nach der Preisverleihung

Die Journalistin Helga Dierichs hat im Jahr 2004 die Stiftung „CITOYEN – aktiv für Bürgersinn“ ins Leben gerufen. Sie ist heute Vorsitzende des Kuratoriums.

Es werden Projekte im Rhein-Main-Gebiet gefördert, die den Dialog und die Toleranz im gesellschaftlichen Miteinander engagiert fördern und vorantreiben. Im Blick sind Jugend- und Altenhilfe, Wissenschaft und Bildung, Forschung und Erziehung, Kunst und Kultur, Umwelt-und Naturschutz.

Nun wurde zum ersten Mal die „CITOYENNE für Bürgersinn“ verliehen, der Preis stand unter dem Motto „Über den Tellerrand hinaus – kulturelle Vielfalt bereichert!“ Es sollten Menschen ausgezeichnet werden, „die sich tatkräftig, aber oft wenig bemerkt von der Öffentlichkeit, für andere einsetzen“, so Helga Dierichs.

Sechundsechzig Teilnehmer aus dem Rhein-Main-Gebiet hatten sich um den Preis beworben. Ihre Arbeiten dokumentieren die grosse kulturelle Vielfalt dieser Region. Es begeistert zu erfahren, wie unbürokratisch und engagiert ehrenamtlich Menschen anderen Menschen helfen.

Zehn Finalisten waren eingeladen, davon erhielten sieben einen Anerkennungspreis von jeweils 250 Euro und eine Urkunde. Drei  erste Preise gab es, deren Empfänger erst bei der Feier bekannt gegeben wurden.

Aktive des Vereins TUN – Toleranz unter Nationen, Raunheim

Sieger wurde der Verein TUN – Toleranz unter Nationen aus Raunheim. Er wurde mit 5000 Euro belohnt.

Fast die Hälfte der etwa 15.000 Raunheimer Bürger hat einen sogenannten Migrationshintergrund. Der offenen oder unterschwelligen Fremdenfeindlichkeit, den mangelnden Sprachkenntnissen setzen die Mitglieder des Vereins ein vielfältiges, grossartiges Programm entgegen.

Menschen der verschiedenen Nationen wohnen Tür an Tür, aber kennen sich nicht. Das war Anlass, im März 1998 den Verein zu gründen. Die Spanierin Julia Alcocer Maestre hatte die anregende Idee. An der Gründung hatten sich sowohl deutsche als auch ausländische Mitbürger beteiligt. Zur Zeit gehören fast 100 Mitglieder aus vielen Nationen dem Verein an. Die ehrenamtliche Vereinsarbeit teilen sich fünfzehn Mitglieder.

Geboten werden Dialogabende, Sprachförderung, Kino für Kinder und Jugendliche, Tanz- und Bewegungsworkshops, Salsa-Kurse für Erwachsene und Workshops „Kreativ in jedem Alter“. Einmal in der Woche findet ein fünfstündiger Unterricht im Rahmen des Sprachförderprojektes „Mutter und Kind“ statt. Er verhilft Müttern zu mehr sprachlicher Selbstständigkeit und ermöglicht die aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. Kommunikation fördert friedliches Zusammenleben.

Olcay Acet, Künstlerin, mit der Preisskulptur „Citoyenne“, die von der Offenbacher Hochschule für Gestaltung entwickelt wurde

Die in Frankfurt lebende Künstlerin Olcay Acet wurde für ihre Projektskizze „Generation Einskommafünf“ mit 3000 Euro ausgezeichnet. In dieser Videoinstallation  kommen Menschen aus der sogenannten Zwischengeneration zu Wort. Kinder von Einwanderern, die bei Familienmitgliedern zurückgelassen wurden, als die Eltern sich nach Deutschland aufmachten, um zu arbeiten. Die Türken waren besonders davon betroffen, denn nur das Abkommen mit der Türkei sah keinen Familiennachzug vor. Der Name „Einskommafünf“ beruht auf dieser Entwicklung, denn es gibt die „erste“, „zweite“ und „dritte“ Generation der Migranten.

Die Künstlerin, die selbst zu dieser Zwischengeneration gehört, will damit die psychologische Dimension, die Auswirkungen der Trennung erforschen. Diesen nun Erwachsenen möchte sie in einer Ausstellung auf fünfzehn Bildschirmen eine Stimme geben.

Preisträgerinnen des Jugendkunstschulmobils Offenbach

Seit 2010 ist das „JuKuMo“ der Offenbacher Jugendkunstschule unterwegs. Der Bus, eine bewegliche Kunstwerkstatt, fährt regelmässig Haltestellen im Stadtgebiet an. Künstler und Kunststudenten regen einen Schaffensprozess der Kinder und Jugendlichen an, der hauptsächlich im Freien stattfindet. Die Kinder kommen aus unterschiedlichen kulturellen und sozialen Schichten. Mit 1500 Euro Preisgeld wurde dieser Ort der Begegnung und des interkulturellen Erfahrungsaustauschs unterstützt.

Asli Bayram, Schauspielerin

Patin des Stiftungspreises war Asli Bayram, die Laudatorin des Abends. Die international agierende Filmschauspielerin, die 2005 die erste türkischstämmige Miss Deutschland wurde, ist sozial sehr engagiert. In Darmstadt geboren, ist sie heute Botschafterin des Landespräventionsrates Hessen und aktiv als Schulpatin bei der deutschen „Stiftung Lesen“ tätig.

Ihr Credo: „Ich träume von einer Welt, die alle Kulturen, die auf dem Willen zum Frieden aufgebaut sind, gleich gelten lässt. Besser als gegeneinander zu kämpfen ist, miteinander zu leben.“

 

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