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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Manlio Onorato in der Frankfurter Westend Galerie

Manlio Onorato – Al modo delle stelle

Von Barbara Thurau
Frankfurter Westend Galerie

Der Titel der aktuellen Ausstellung von Manlio Onorato „Al modo delle stelle“ – nach Art der Sterne – ist von Ludwig Wittgenstein inspiriert. In seinen „Bemerkungen über die Farben“ beschreibt der österreichisch-englische Philosoph einen Farbbegriff, der „entweder durch kleine farbige Elemente des Gesichtsfeldes oder durch leuchtende Punkte nach Art der Sterne“ darzustellen ist. „Aus diesen Punktfarben oder kleinen Farbflecken setzen sich auch die grösseren farbigen Ausdehnungen zusammen.“

Tundra, 2011, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm

Der Doppelbegriff Licht / Farbe steht seit jeher im Zentrum der Malerei Onoratos – in seinen neuesten Werken flimmern Lichtpunkte auf der Leinwand. In einigen Bildern meint man tatsächlich, leuchtende Sterne zu entdecken; Sterne, die zwischen Wolken auftauchen, Sterne im Nebel oder als Reflex auf einer Wasseroberfläche.

Di colore in colore verso l’azzurro, 2011, Öl auf Leinwand, 40 x 30 cm

Trascolorando, 2011, Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm

Manlio Onorato, 1951 in Castel Morrone, Kampanien geboren, der sich nach einem naturwissenschaftlichen Studium der Kunst zugewandt hat, lebt und arbeitet in Lonigo (Vicenza). 2002 wurde er in der Ausstellung Nuove Tendenze gemeinsam mit Gianni Pellegrini und Franco Ruaro erstmals in der Frankfurter Westend Galerie vorgestellt, 2008 mit Albano Morandi in der Ausstellung Percorsi del colore.

Onorato zählt zu den Vertretern der sogenannten „Pittura aniconica“, also einer nicht-ikonischen, nicht bildhaften Malerei. Der Ausgangspunkt ist dabei die Malerei an sich, ihre wesentlichen Komponenten, die Farbe, das Licht, die Oberfläche und die Formen sowie ihre Materialien, ihre Werkzeuge, ihre Gestaltungs- und Ausdrucksmittel.

Obwohl sich die Arbeit von Onorato also in rein malerischen Kategorien bewegt, fern von allen bewussten äusseren Bezugnahmen oder naturalistischen Ansprüchen, eröffnen sich in den fertigen Werken immer neue und weitere Bedeutungsebenen und Assoziationen. Man denkt an Sterne, an Wolken, Nebel, Landschaften, aber auch an Mosaiksteine. Die kleinen Farbfelder ergeben eine Art immaterielles, fast gläsernes Mosaik.

Ohne Titel, 2011, Öl auf Papier auf Leinwand, 73 x 100 cm

Contrappunto, 2011, Öl auf Leinwand, 50 x 70 cm

Die meditative Betrachtung eines Bildes, mancher Farbtöne, mancher besonderer malerischer Ergebnisse – davon ist Onorato überzeugt – wirken still in unserem Geist weiter, in unserem Unbewussten, und kommen dann in bestimmten Harmonien und Variationen wieder zum Vorschein. Das gilt für den Betrachter, aber auch schon für den Künstler selbst. Vollkommen losgelöst von äusseren Erscheinungen und von Vorbildern kann auch der schöpferische Prozess nicht sein. Onorato lässt in seine Gemälde unter anderem die Liebe für die Landschaften und Wolkenhimmel Constables und für die leuchtende Malerei Turners einfliessen.

Der englische Maler John Constable (1776 bis 1837) hatte Einflüsse auf die gesamte realistische Landschaftsmalerei und auf den Impressionismus. In einem Artikel über die Ausstellung „John Constable – Maler der Natur“ in der Staatsgalerie Stuttgart (2011) schrieb Hans-Peter Schwanke (kunstmarkt.com): „Am radikalsten sind seine [Constables] kleinen, reinen Wolkenstudien … Neben intensiver Farbigkeit fand die Anwendung flimmernder Glanzpunkte hier ihren Höhepunkt … Immer stärker gewann bei ihm das ‚Tüpfeln‘ an Bedeutung. ‚Einem kurzen, der fliessenden Zeit entrissenen Augenblick bleibendes, schlichtes Dasein verleihen‘, so beschrieb der Maler seine wegweisenden, ihm eigenen Intentionen, die erst lange nach seinem Tod die Welt der Malerei erobern sollten“.

Diese Worte scheinen auch auf die aktuelle Ausstellung Manlio Onoratos zu verweisen.

Constable malte jedoch realistische Landschaftsbilder – Onorato arbeitet frei und schafft Bildräume aus Farben. Er mildert die Kontraste der Farbwerte ab oder hebt sie auf. Er lässt jede Fläche vom Widerschein der benachbarten Farben durchdringen, er nimmt den verschiedenen auftauchenden Farbarten ihre Kraft und verleiht ihnen eine eigene neue, fast magische. Er meidet die Gegenüberstellung von Licht und Schatten. Dadurch entstehen eine Vielzahl von Farbmodulationen, eine diffuse und dennoch beständige Intensität, teils dichte, teils eher lockere und ausgedehnte Texturen, kaum wahrnehmbare Gitternetze. Die Bildebene scheint empor zu tauchen, aus der Oberfläche hervor zu treten und mit ihrem schwerelosen Leuchten den Raum zwischen dem Bildträger und dem Betrachter zu erfüllen.

Nei fondi cieli, 2011, Öl auf Leinwand, 70 x 100 cm

Der italienische Kunstkritiker Dino Marangon schreibt im Katalog „Al modo delle stelle“, der 2011 anlässlich der gleichnamigen Einzelausstellung in der Casa Gallo in Vicenza erschien: „Der Künstler weicht die Ränder jeder tache, jedes einzelnen Farbflecks auf, mildert jeden Kontrast in den Farbwerten benachbarter Flächen ab, bettet die einzelnen Farbakzente in möglichst elementare, aber sehr sensitive, duftige und intensiv leuchtende Flächen ein und spielt andererseits mit der fortwährenden und manchmal unmerklichen Variation von Dimensionen und Intensitäten, vermeidet aber plötzliche Dissonanzen. Dieses Vorgehen erlaubt es dem Betrachter, mit dem Blick auf immer neuen und strukturierten Pfaden umherzuwandern und immer neuen Harmonien zu lauschen, indem er fast eintaucht in diese sanften Seelenlandschaften und sich einhüllen lässt vom zarten Strom eines neuen sonnigen Romantizismus.“

In einer für die Malerei schwierigen Zeit ist Manlio Onorato ein Künstler, der die Malerei am Leben hält.

Vernissage: Manlio Onorato, Salvatore A. Sanna (Leiter der Galerie), Barbara Thurau (Foto: Erhard Metz)

Frankfurter Westend Galerie, bis 16. Mai 2012

Werke © Manlio Onorato, Fotos: © Alessandro und Gino Lazzarin

 

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