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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Weihnachten 2011 mit Guercino

Guercino (Giovanni Francesco Barbieri, 1591–1666), Madonna mit Kind, 1621/22, Leinwand, 64 × 50 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Foto: Städel Museum – ARTOTHEK

Nun hat die FAZ in ihrer Heiligabend-Ausgabe diesen Städel-Neuerwerb bereits „verbraten“, was uns aber nicht daran hindern soll, wie geplant diese wiederum kleinformatige Madonnendarstellung von Guercino den beiden vorangegangenen von Fra Angelico und Perugino folgen zu lassen und gegenüberzustellen. Machen wir also von Perugino einen grossen Sprung um rund 120 Jahre – das sind rund vier Generationen – in das Barock-Zeitalter. Was sofort auffällt, ist die bei Guercino hier zu beobachtende Individualität und Intimität der Darstellung von Maria und Jesusknabe, verdichtet zu einer Darstellung von „Mutter und Kind“ schlechthin. Der Blick des Betrachters geht gleichsam wie durch das Teleobjektiv einer Kamera auf eine Szene, die aus solcher Nähe zu sehen er sich vielleicht gar nicht anzuschicken wagt. Der Maler erreicht diese so sehr intime Nähe des Betrachters durch einen ungewöhnlichen, auf die ferne Fotografie verweisenden Bildschnitt (Marias Hand, der Kopf des Knaben). Faszinierend die Innerlichkeit, der Blick Marias voll Liebe und zugleich Sorge auf das Kind, in ihren Augen auch ein Hauch von die Passion erahnendem Schmerz – weit jenseits aller pathetischen Wucht und verherrlichenden Prachtentfaltung, mit der wir so oft barocke Malerei verbinden.

Guercino (der „Schieler“, so wegen eines Augenleidens genannt), eigentlich Giovanni Francesco Barbieri, lebte von 1591 bis 1666. Er gilt als weitgehender Autodidakt, zog nach Bologna (wo er später auch verstarb), gründete in seiner Geburtsstadt Cento eine eigene Mal- und Zeichenakademie und lebte zwischenzeitlich zwei Jahre in Rom. Zunächst dem Naturalismus verpflichtet, zählte er später neben Guido Reni und Caravaggio (Michelangelo Merisi da Caravaggio) zu den Meistern des italienischen Chiaroscuro, der Hell-Dunkel-Malerei. Guercino war ein ausserordentlich produktiver und erfolgreicher Maler, der es zu einem ansehnlichen Vermögen brachte.

Guercinos Madonna mit Kind kam Ende 2010 durch eine Schenkung des Ehepaares Barbara und Eduard Beaucamp in die Sammlung Alter Meister des Städel Museums.

 

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