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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für September, 2011

Bröckelt der Mythos?

2011, September 23.

Nachlese zu den 100. Bayreuther Festspielen

von Renate Feyerbacher

Pausenbläser auf dem Balkon des Festspielhauses, Foto: Andreas Praefcke/wikimedia commons GFDL

Die 100. Bayreuther Festspiele (25. Juli bis 28. August 2011) haben heftige Diskussionen ausgelöst. 30 Vorstellungen gab es auf dem sogenannten Grünen Hügel. Vor der offiziellen Eröffnung begeisterte zum dritten Mal das Projekt „Wagner für Kinder“ mit dem „Ring“ – 15 Stunden in 90 Minuten. Das muss ein Ereignis gewesen sein. Weitere Höhepunkte waren das Public Viewing mit „Lohengrin“ und die erste Live-Übertragung dieser Oper in ARTE. Weiterlesen

Fotografie? Fotografie! Anette Babl im Frankfurter 1822-Forum

2011, September 21.

Was sehen wir?

Impliziert diese Frage nicht sogleich die nächsten: Wie sehen wir? Wo befinden wir uns, wenn wir sehen (aber bitte nicht räumlich zu verstehen)? Was geht, wenn wir sehen, in uns vor? Was passiert mit uns selbst, wenn wir die Arbeiten der Künstlerin Anette Babl betrachten?

„Direction“ aus der Serie „Mental Landscapes“, 2008 – 2011, Pigment Print, 60 x 80 cm

Was wir sehen, sind Fotografien, ob wir es dem allerersten Anschein nach glauben wollen oder nicht. Es sind grossenteils Fotografien in analoger Technik. Zu sehen sind sie im Frankfurter 1822-Forum, der Fördergalerie für junge Kunst in der Fahrgasse, ein qualitätsorientierten Kunstinteressenten wohlbekannter Ort. Weiterlesen

20 JAHRE MUSEUM FÜR MODERNE KUNST FRANKFURT AM MAIN (6)

2011, September 19.

Andreas Slominski, Fallensteller

„Zitronenpresse“, 1995, Herrenrad, halbierte und ausgepresste Zitronen, Masse variabel, Fahrrad 115 x 170 x 55 cm, © Andreas Slominski Weiterlesen

Biennale Arte Venedig 2011 (6): Foto-Splitter zur Halbzeit

2011, September 16.

Man muss ja mit allem rechnen, wenn man sich auf die Kunstreise begibt. Haben wir also ein Kunstwerk vor uns, stationiert im venezianischen Bahnhof Santa Lucia, oder gar ein durch die Lande rollendes mobiles? Wir wissen es nicht so ganz genau, nehmen aber einfach mal an, dass es sich um die üblichen „Verschönerungen“ von Eisenbahnwaggons durch Sprayer handelt. Immerhin kannten diese den Munch’schen „Schrei“, was man ihnen durchaus zugute schreiben kann, und Atomkraft-Gegner waren sie überdies auch. Tutto bene.

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Wo Katzen über die Toten wachen …

2011, September 15.

… auf dem römischen Friedhof „Acattolico“ neben der Cestius-Pyramide

Von Erhard Metz

Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später, Cestius‘ Mal vorbei, leise zum Orkus hinab.

Johann Wolfgang Goethe, Römische Elegien, VII

Johann Wolfgang Goethe war von jenem Ort ergriffen, den er in seiner Siebten Römischen Elegie verewigte. Von jenem Friedhof, auf dem sein Sohn August, der 1830 noch zu Lebzeiten des Vaters während einer Italienreise in Rom verstarb, von Künstlerfreunden beigesetzt wurde. Weiterlesen

Der Christus-Pavillon in Volkenroda

2011, September 12.

Er ist ein besonderes Bauwerk an einem besonderen Ort: der Christus-Pavillon in Volkenroda.

Volkenroda? Klingt irgendwie nach Thüringen. Richtig. Ein kleines Nest, wie man so sagt, nordöstlich von Mühlhausen im Thüringer Unstrut-Hainich-Kreis, gerade mal um die 180 Einwohner, doch mit einer grossen Vergangenheit und einer faszinierenden Gegenwart. Auf den Resten einer alten Reichsburg entstand im 12. Jahrhundert das Zisterzienserkloster Volkenroda. Das Kloster wurde aufgegeben und verfiel, nur die Klosterkirche blieb bis in die 1970er Jahre Dorfkirche, bis auch sie geschlossen wurde. In DDR-Zeiten sollte das Dorf  sogar „abgesiedelt“ werden.

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Brief vom Amt

2011, September 10.

Eine bissige Betrachtung

von Hans-Burkhardt Steck
Rechtsanwalt – Dipl.-Soziologe

Die Amts- und Gerichtssprache ist deutsch. Die geht ungefähr so:

Die Klage gegen den Landkreis Kummersdorf als untere Bauaufsichtsbehörde – Beklagter zu 1) -, mit der der Kläger begehrt festzustellen, dass den Nachbarn, Gewerbeoberlehrerin Greta Gründlich, Frau Bergassessor Bollmann und Herrn Berengar Bläulich – Beklagte zu 3) bis 5) -, die Baugenehmigungen vom 13. März 1976 und vom 28. Mai 1977 zur Errichtung und Änderung eines Wohngebäudes auf dem Grundstück Am Geierberglein 8 (Flurstück 18) in Grantlerschwaige im Schnakinger Moos illegal erteilt worden seien, kann keinen Erfolg haben.

Was ist los?

Quatschsätze erfinden kann jeder.

Nur ist das ein völlig ernstgemeinter, durch und durch typischer Satz Weiterlesen

Pisa von innen II (5, Schluss)

2011, September 8.

von © Salias I.

Abitur-Ball

Dieses Jahr veranstalten unsere Abiturienten einen Abiball zusammen mit einem benachbarten Gymnasium, sagen wir: der Schillerschule, die zirka zehnmal so viele AbiturientInnen hat wie unser BG. Das ist bequem für unsere Schüler, die sich nur an die Organisation dranzuhängen brauchen, und noch bequemer für uns KollegInnen: Wir brauchen dafür nichts zu tun ausser 27 Euro Eintritt zu berappen. Aber die Eltern tun mir leid, die zusammen 54 Euro bezahlen müssen; die Getränke kosten sogar noch extra. Dabei jammern unsere Schüler sonst immer, wenn sie einmal im Schuljahr 5 Euro Materialgebühr aufbringen sollen (für Kopien u. a.). Aber da gibt‘s natürlich einen Riesenunterschied: ob man fürs tote Papier bezahlt oder für die schöne, heile Welt.

Als Etappe hin zur brave new world gestaltet sich nämlich ebendieser Abi-Ball 2011.

Jede Abiturientin zeigt, was sie wert ist: Ihre Körperformen werden im minikurzen Abendkleid und kräftigen, aber nicht gewagten Schminkfarben zum Leuchten gebracht, dazu kommen klassisch feminine Frisuren, makellos rasierte Beine und Achselhöhlen sowie der Habitus von angenommener Vornehmheit, von Höflichkeit und Selbstsicherheit, wie brüchig sie auch sein mag. All diese hübschen jungen Figuren Weiterlesen

25 Jahre Artothek Frankfurt am Main

2011, September 6.

Das Haus der Artothek Frankfurt in der Sachsenhäuser Klappergasse (mit Geschäftsführerin Barbara Fuentes-Jelinek), in direkter Nachbarschaft des bekannten Frau Rauscher-Brunnens

Kunst zum Ausleihen – eine Idee, die viele Städte aufgreifen und realisieren, so auch Frankfurt am Main Weiterlesen

Hausgeister bei „Home Abroad“

2011, September 4.

Hausgeister sind selten geworden in unserer lärmenden und materialistischen Welt. In alten Zeiten schützten sie Haus und Hof, wachten sorgsam über Mensch und Tier. Dann vertrieben die Menschen die guten Geister. Aber es gibt sie auch heute hie und da, dort, wo Menschen noch Gutes tun. Im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen zum Beispiel, in dem wunderschönen, spätklassizistischen, unter Denkmalschutz stehenden Haus Schifferstrasse 66. Der Verein zur Förderung des künstlerischen und kulturellen Austausches in Europa „Home Abroad“ hegt und pflegt sie dort seit dem Jahr 2005, und die Geister zeigen sich erkenntlich und wachen, genauso sorgsam wie früher, über die Werke, die Künstlerinnen und Künstler dort ausstellen. Heuer sind es Roberto Annecchini, Edwina Ashton, Urs Breitenstein, Wolfgang Klee und Christiana Protto, die Initiatorin des Vereins.

Eigenwillige, mitunter etwas zerschlissene Tapeten im Stil der 1950er bis 1970er Jahre bilden einen einzigartigen Kontrast, auf geheimnisvolle Weise jedoch auch eine einzigartige Harmonie mit den Exponaten zeitgenössischer Kunstschaffender aus ganz Europa.

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