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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Kachelmann Kachelmanmerkungen

Von Hans-Burkhardt Steck
Rechtsanwalt, Dipl.-Soziologe

Der Fall Kachelmann ist der Justiz so richtig aus dem Ruder gelaufen. Zwar halten sich die Zahl der Verhandlungstage und der Zeugen durchaus in Grenzen (es gab schon mehr als hundert Verhandlungstage um eine einzige Vergewaltigung mit wesentlich umfangreicherer Beweisaufnahme), aber selten ein Gericht, das mit solcher Hingabe abwechselnd jeder Partei eins aufs Dach gab wie das Mannheimer.

Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Römerberg zu Frankfurt am Main (Detail; Bildnachweis: Mylius/wikimedia commons GFDL)

Den Angeklagten hielt die Kammer trotz dünner Beweislage eisern in Haft, bis das Oberlandesgericht ihn befreite. Die Öffentlichkeit durfte die Gerichtsflure bevölkern, die im Landgericht Mannheim besonders anheimeln, die Verteidigung bekam bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihr Fett weg, die Medien erst recht, am Übelsten aber erging es der Nebenklägerin. Sie liess es sich gefallen, bei ihrer Aussage in der Hauptverhandlung abgefilmt zu werden und fünf Sachverständige in ihrem Rücken wispern und gickeln zu hören, die ihr Gesicht auf dem Monitor beobachten konnten und sollten. Wenn jemals die altbewährte Formulierung des Bundesverfassungsgerichts von der Herabwürdigung des Bürgers zum blossen Objekt staatlichen Handelns sichtbare Realität geworden ist, dann bei dieser an Tierversuche erinnernden Anordnung, deren sachliche Notwendigkeit niemand wird erklären können.

(Bildnachweis: René Mettke / wikimedia commons GFDL)

In jedem anderen Gerichtssaal sitzen die Prozessbeteiligen so, dass sie sich ins Gesicht sehen können. Und zwar jeder jedem. Das macht gerade die besondere Bedeutung und auch die Wirkung der mündlichen Hauptverhandlung aus. Die nonverbale Kommunikation zwischen der Zeugin und den Sachverständigen zur Einbahnstrasse zu pervertieren, auf die Idee muss man erst mal kommen! Nicht minder originell: Leumundszeugen, von denen kein gutes Wort für den Angeklagten zu erwarten ist, in noch nie dagewesener Zahl vorladen und auf das Peinlichste befragen, und zwar vor und nicht etwa nach der Beweisaufnahme zum Fall selbst. So hat man die Damen durch den Kugelhagel einer Vernehmung durch fünf Richter, drei Staatsanwälte und eine Riege von Verteidigern gejagt, ohne zu wissen, ob die daraus gewonnenen brandheissen, topaktuellen und ungeheuer relevanten Informationen jemals irgendeine Bedeutung haben würden.

Prompt ist es auch so gekommen: Nach Schluss der Beweisaufnahme war man genauso klug wie zuvor. Nichts genaues weiss man nicht. Aber man hat die Damen aus der wohlverdienten Intimität ihres privaten Lebens vor die Scheinwerfer der Öffentlichkeit gezerrt, ob man sie nun brauchen würde oder nicht. Aber was haben sie sich zu beschweren – einige sind durch diese bizarre Ladungstechnik auch noch zu Geld gekommen.

In jedem normalen Verfahren hätte man sich zuerst über die Tat unterhalten und die zugehörigen Beweise erhoben, dann hätte man gemerkt, dass es nicht reicht, und auf alle weiteren Zeugen verzichtet. Aber dann hätte man natürlich auch das Liebesleben des Angeklagten nicht so gründlich erforschen können.

Der Ideenreichtum der Mannheimer Strafkammer steckt offenbar an. Während der Hauptverhandlung und nach der Urteilsverkündung entstanden seltsame Thesen, die von zahlreichen Mitrednern immer weiter verbreitet wurden. Zum Beispiel: Es habe Aussage gegen Aussage gestanden. Es komme darauf an, ob man Kachelmann oder der Nebenklägerin glaubt. Es handele sich um einen Freispruch zweiter Klasse. Das Urteil werde noch mehr Frauen davon abhalten, Anzeige zu erstatten.

Maarten van Heemskerck, De Gerechtigheid, 1556, Städel Museum Frankfurt am Main

Schon die Formulierung „Aussage gegen Aussage“ ist blödsinnig. Nicht ohne Grund sind die Angaben eines Angeklagten zur Sache keine Aussage, sondern eine Einlassung. Es steht also Einlassung gegen Aussage. Dabei spielt keine Rolle, wer glaubwürdiger ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Gericht dem Angeklagten oder dem Anzeigeerstatter glaubt. Entscheidend ist allein die Antwort auf eine ganz einfache Frage: Ist die Einlassung des Angeklagten, soweit sie ihm günstig ist, zur vollen Überzeugung des Gerichts widerlegt oder nicht? (Kachelmann schwieg während der gesamten Hauptverhandlung. Seine Einlassung zur Sache musste man den polizeilichen Protokollen entnehmen.)

Aus dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ folgt die Verpflichtung des Gerichts, seinem Urteil das zugrunde zu legen, was der Angeklagte erzählt. Nur dann nicht, wenn

– seine Geschichte nicht möglich ist, also etwa den Naturgesetzen, den geografischen Gegebenheiten und sonstigen unwandelbaren Umständen widerspricht,
– seine Geschichte gerade noch ungünstig für ihn ist (das kommt selten vor, aber manchmal eben doch) oder wenn
– seine Geschichte durch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung zur vollen Überzeugung des Gerichts widerlegt ist.

Auf die Glaubwürdigkeit des Angeklagten kommt es dagegen in keiner Weise an. Nur wenn er offensichtlichen Unsinn erzählt, zum Beispiel dass er zum Mars geflogen sei oder gleichzeitig in New York und Berlin gewesen sei, muss das Gericht nicht von seiner Einlassung ausgehen. Ansonsten darf das Gericht durchaus seine Zweifel an der Einlassung des Angeklagten haben, es schadet dem Angeklagten auch gar nichts, wenn das Gericht ihm kein Wort glaubt. Es kommt nur darauf an, ob seine Einlassung widerlegt ist. Davon allerdings muss das Gericht vollständig überzeugt sein, sonst darf es ihn nicht verurteilen.

Wenn es, wie im Fall Kachelmann, keine Sachbeweise gibt und nur ausgesprochen schwächliche Indizien, rückt die Glaubwürdigkeit der Anzeigeerstatterin und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage in den Mittelpunkt der Beweiswürdigung. Diese Beurteilung ist eine der Kernaufgaben des Gerichts. Die obstruktive Gutachteritis, die die deutschen Gerichte kollektiv befallen hat, ist eine grandiose Fehlentwicklung. Denn alle Tests und Untersuchungsmethoden zur Frage der Wahrheitsliebe und Glaubwürdigkeit von Zeugen kranken daran, dass die Wahrheit zumindest dem Leiter des Experiments bekannt ist. Im streitigen Strafprozess ist sie aber gerade nur dem Angeklagten und dem Anzeigeerstatter bekannt. Die Glaubwürdigkeitsgutachten übertreffen die Qualität von Kaffeesatzleserei deshalb nur in glücklichen Ausnahmefällen. Es ist auch ganz und gar kein Zufall, dass auf der ganzen Welt Strafurteile von Juristen und nicht von Psychologen gefällt werden. Und dass daran niemand etwas ändern will. Das Gericht soll seine Arbeit tun und die Glaubwürdigkeit zumindest Erwachsener, nicht psychisch kranker Zeugen gefälligst selbst beurteilen. Dafür wird es bezahlt, dafür wird es vom Volk beauftragt.

Die Kammer in Mannheim musste sich entscheiden: Ist die Aussage der Nebenklägerin dermassen glaubhaft und ist die Nebenklägerin als Person so uneingeschränkt glaubwürdig, dass ohne jeglichen Sachbeweis und ohne belastende Indizien die Einlassung des angeklagten Wetterfroschs nicht nur als erschüttert, sondern zur vollen Überzeugung des Gerichts als widerlegt angesehen werden kann. Das sind höchste Massstäbe, denen eine solche Anzeigeerstatterin genügen muss. Und da gibt es auch für das Publikum, das den Prozess nicht im Saal bzw. auf den düsteren Fluren das Mannheimer Landgericht erleben durfte, einen entscheidenden Knackpunkt: Die Nebenklägerin hatte zugegeben, dass wesentliche Bestandteile ihrer Aussage vor der Polizei schlichtweg erfunden waren. Das Interessante daran: Beide Vernehmungsbeamte erklärten übereinstimmend, die Nebenklägerin habe einen uneingeschränkt zuverlässigen Eindruck gemacht, man habe ihr jedes Wort geglaubt. Später stellte sich dann heraus, dass diese uneingeschränkt zuverlässige, glaubwürdige Zeugin einen guten Teil ihrer Aussage von A bis Z erlogen hatte.

Was folgt daraus? Vor allen Dingen eine Erkenntnis:

Die Nebenklägerin im Fall Kachelmann kann so überzeugend lügen, dass sie erfahrene Kripo-Beamte damit hinters Licht führen kann. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Also fragt sich doch der normale Mensch: Wenn ein Zeuge nachweislich die Fähigkeit hat, auch vernehmungsgeübte und fachkundige Polizeibeamte erfolgreich anzulügen, wer sagt uns dann, dass er nicht auch im Gericht von dieser seltenen Fähigkeit Gebrauch macht? Niemand sagt uns das. Aber der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass man auf einen solchen Zeugen keine Verurteilung stützen kann. Denn selbst wenn man ihm glaubt, werden doch bei einem Menschen, der so genial lügen kann, immer Zweifel daran verbleiben, ob er in dem Punkt, in dem man ihm folgen möchte und auf den es ankommt, auch wirklich die Wahrheit sagt. Die Fähigkeit, selbst Fachleute erfolgreich anlügen zu können, verbunden mit der unbestrittenen Tatsache, dies schon einmal getan zu haben, machen einen Menschen eigentlich zum Zeugen ungeeignet. Auf seine Worte könnte man allenfalls dann etwas stützen, wenn sie von einer Fülle von Beweisen und Indizien gestützt würden. Daran fehlt es hier aber völlig.

Solche Argumente werden allerdings oft vom Tisch gewischt, wenn ein Gericht einen Zeugen glauben möchte. Dann heisst es, der Grundsatz „Wer einmal lügt …“ gelte am Gericht nicht. Ausserdem habe der Zeuge ja nur in einem unwichtigen Detail die Unwahrheit gesagt. Oder, was auch vorkommt, in einer ganz anderen Angelegenheit. Kurz: Auch wer einmal oder zweimal gelogen hat, kann immer noch ein brauchbarer Zeuge sein. Jedenfalls vor einem deutschen Gericht.

Im Fall Kachelmann wäre das aber ganz schön schwer zu begründen gewesen. Immerhin hat die Nebenklägerin einen ganz wesentlichen Teil des Kerngeschehens absichtlich und gezielt falsch dargestellt. Sie hat sich von langer Hand auf die Konfliktsituation vorbereitet. Sie hat sogar, wie der Verteidiger nach der Urteilsverkündung bei Markus Lanz schilderte, die fragliche E-Mail nicht mit einem eigenen Drucker, sondern woanders ausgedruckt. Daraus schloss er, vermutlich zu Recht, dass sie mit einer Untersuchung dieser Mail rechnete. Und warum um Himmels willen sollte sie untersucht werden, wenn nicht aufgrund einer Strafanzeige?

Die Nebenklägerin produzierte folglich Wochen vor der angeblichen Vergewaltigung mit einiger Umsicht ein gefälschtes Beweismittel. Sie muss also die anzuzeigende Tat zumindest in ihren Grundzügen schon lange vor dem Treffen mit Herrn Kachelmann im Kopf gehabt haben.

Wir haben hier also eine Anzeigeerstatterin, die die Unwahrheit eines wesentlichen Teils ihrer Aussage selbst einräumt. Die lange vor der Tat ein Beweismittel vorbereitet hat, das ihr später als Argument dienen sollte. Es ist ihr gelungen, erfahrene Polizeibeamte hinters Licht zu führen. Das gesamte Ergebnis der Beweisaufnahme mit Ausnahme der Aussage der Nebenklägerin ist mit der Einlassung des Herrn Kachelmann vereinbar. Ebenso ist das gesamte Ergebnis der Beweisaufnahme mit Ausnahme der Aussage der Nebenklägerin mit der Annahme, sie habe ihn wohlvorbereitet und gezielt falsch belastet, vereinbar. Das ist der klassische Fall eines unvermeidlichen Freispruchs:

Die Einlassung des Angeklagten ist möglich, d. h. sie ist mit Naturgesetzen und offenkundigen Tatsachen vereinbar.

Die Einlassung des Angeklagten ist ihm günstig, denn nach ihr hat er sich nicht strafbar gemacht.

Und die Einlassung des Angeklagten ist nicht durch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung widerlegt, denn das gesamte Beweisergebnis ist mit ihr vereinbar. Allerdings mit Ausnahme der Aussage der Nebenklägerin. Die müsste aber von überragender Glaubwürdigkeit sein, um in dieser Situation noch für eine Verurteilung – also für die volle Überzeugung von der Schuld des Angeklagten – auszureichen. So glaubwürdig ist die Nebenklägerin allerdings gewiss nicht, wenn sie

– erstens grundsätzlich in der Lage ist, selbst in einer so intimen, eignen und zerstörenden Angelegenheit erfahrener Vernehmungsbeamten gezielt und absichtlich zu täuschen, und

– zweitens diese Fähigkeit auch nutzt, um ihre Aussage plausibel zu machen.

Justitia (oberhalb der Rathauslaube des Kölner Rathauses; Bildnachweis: © Raimond Spekking/via wikimedia commons GFDL)

Und das ist kein Freispruch zweiter Klasse. Erstens gibt es den schon lange nicht mehr. Die Fragestellung ist ähnlich wie bei der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens. „Geben die Ermittlungen ausreichend Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage?“ Wenn nein, wird das Verfahren eingestellt. „Ist das Gericht voll von der Schuld des Angeklagten überzeugt? Andernfalls wird er freigesprochen.

Das Gericht ist in keiner Weise verpflichtet, von einem anderen Sachverhalt, bei dem der Angeklagte unschuldig wegkommt, überzeugt zu sein. Einstellung im Ermittlungsverfahren und Freispruch im Hauptverfahren setzen einzig und allein voraus: Es reicht nicht. Ob die Ermittlungen bzw. die Hauptverhandlung zum Nachweis der Unschuld des Angeklagten geführt haben oder nicht, ist für den Strafprozess ohne Bedeutung.

Für den Angeklagten allerdings schon! Im Fall Kachelmann macht es einen enormen Unterschied, ob die Kammer erklärt, der Verdacht bleibe bestehen, habe nur nicht bewiesen werden können, oder ob sie erklärt, es könne gut sein, dass die Nebenklägerin Kachelmann zu Unrecht belastet habe, nur habe man ihr das nicht nachweisen können.

Die Kammer hat sich für die erste Variante entschieden und damit ihrer durch und durch negativen Haltung Kachelmann gegenüber die Krone aufgesetzt. Für das, was jetzt kommt, können die Urteilsgründe von erheblicher Bedeutung sein. Wenn das schriftliche Urteil im wesentlichen der mündlichen Urteilsbegründung entspricht und die Revision erfolglos bleibt, muss Kachelmann mit den vom Landgericht in die Welt gesetzten oder geschriebenen Verdächtigungen leben. Das wird ihm weder beruflich helfen noch bei einem Schadensersatzverfahren gegen die Nebenklägerin.

Dann soll er doch auch Revision einlegen! Könnte man meinen. Das geht aber leider nicht, weil man Rechtsmittel nur einlegen kann, wenn man durch den Tenor der angegriffenen Entscheidung benachteiligt wird. Die Juristen nennen das „Beschwer“.

Der Tenor des Urteils lautet: „Der Angeklagte wird freigesprochen.“ Dazu kommen die Aussprüche zu den Kosten und zur Haftentschädigung. Nichts davon ist für Kachelmann nachteilig, also ist er durch den Urteilsenor nicht „beschwert“. Den höchst seltenen Fall, dass die Begründung eines an sich günstigen Beschlusses oder Urteils eine „neue, eigene Beschwer“ enthält, wird die Mannheimer Strafkammer zu vermeiden wissen. Das wäre Kachelmanns einzige Chance, an der Urteilsbegründung etwas zu ändern. Praktisch funktioniert das nicht. Es ginge nur, wenn beispielsweise der Angeklagte in der Urteilsbegründung beleidigt wird oder ein Gericht etwa schreibt, es sei davon überzeugt, dass der Angeklagte diesen und jenen bislang ungeahndeten Mord begangen habe, nur sei der eben nicht Gegenstand der Anklage gewesen. So etwas wird man vermutlich nicht schliessen, so dass die Urteilsbegründung für Herrn Kachelmann unangreifbar bleibt. Sie kann sich nur ändern, wenn das Urteil zu seinem Nachteil vom Bundesgerichtshof aufgehoben wird, und das wird er nicht hoffen.

Was wird noch verbreitet? Ach ja – das Urteil hält vergewaltigte Frauen von der Anzeigeerstattung ab.

Naja – zunächst mal könnte es nicht vergewaltigte Frauen von falschen Anzeigen abhalten, was man ihm nicht vorwerfen könnte. Richtig ist natürlich trotzdem, dass es sich so manche vergewaltigte Frau dreimal überlegen wird, was sie tun soll, vor allem wegen der Behandlung der Nebenklägerin durch das Gericht. Aber soll man den Herrn Kachelmann ohne jeglichen Beweis seiner Schuld nur deshalb verurteilen, damit mehr Frauen Vergewaltigungen anzeigen? Zumindest ein origineller Gedanke …

Skulptur der Gerechtigkeit (nach Max Baumann, Berliner Dom, Ostseite; Foto: VollwertBIT/wikimedia commons cc)

Und ruiniert soll er sein, der Herr Kachelmann. Vermögen und Ruf dahin. Aber ob das stimmt?

Man muss wohl einen Unterschied machen zwischen Leuten, an deren Leistungen und Werken die Menschen interessiert sind und sogar etwas bezahlen, um sie zu sehen oder zu hören, und Quotenbringern, auf die die Menschen einfach nur neugierig sind. Kein Mensch verlangt, am wenigsten die Fernsehzuschauer, dass diese Quotenbringer so was wie ein vorbildliches Leben führen sollen. Im Gegenteil – je verruchter, desto interessanter. Ja, wenn der Herr Kachelmann klassischer Sänger oder Theaterschauspieler wäre, vielleicht würde dann der eine oder andere Fan ein wenig Abstand halten. Obwohl mir schon das äusserst zweifelhaft erscheint. Aber das blosse Einschalten, noch dazu kostenloses Free-TV, das vollzieht sich doch nach ganz anderen Gesetzen. Jedenfalls jetzt dürfte  Kachelmann ein gewaltiger Quotenbinger sein, falls er sich entschliesst, im Fernsehen irgendtwas zu seinem Problem zu sagen. Wahrscheinlich genügt schon die blosse Ankündigung seines Erscheinens, um die Quoten ordentlich zu befeuern.

Und warum soll er nicht wieder als Wetterfrosch arbeiten? Peinliche und hochnotpeinliche Enthüllungen hat es auch schon über so manchen anderen gegeben. Letzten Endes ist es sein Bier, ob es ihm was ausmacht, dass seine Zuschauer dank tätiger Mithilfe der Mannheimer Justiz und der Medien jetzt mit seinen intimen Vorlieben vertraut sind. Vielleicht macht ihm das gar nichts? Vielleicht schämt er sich seiner Vorlieben nicht, sondern findet sie ganz toll? Wer weiss das schon? Das Publikum jedenfalls ist tolerant. Kein Mensch schaltet weiter oder ab, nur weil jemand wie Michael Jackson, Berlusconi, Clinton, Westerwelle oder Fünffachheirater Joschka Fischer auf der Glotze erscheint? Nicht mal ein Promille tut so fein. Die restlichen 999 rufen:

Komma schnell, Kachelmann is im Fernseh!

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