home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Weihnachten 2010

Jesus Christus als Guter Hirte, Wandmalerei, um etwa 250, Domitilla-Katakomben, Rom; Bildnachweis: wikimedia commons/campus.belmont.edu/honors/catacombs/catacombs.htm

Rund 1000 Jahre älter als die älteste Darstellung in unserem Frankfurter Adventskalender mit Meisterwerken des Städel Museums ist diese Wandmalerei im Coemeterium der Domitilla-Katakomben, Rom, genauer gesagt in der dortigen sogenannten Krypta der Bäcker. Zu den ältesten frühchristlichen Darstellungen zählt das Motiv des Jesus als Guter Hirte, inmitten einer Schafherde, ein Lamm um den Hals über die Schultern gelegt, dessen Beine er mit der Rechten umklammert, in der Linken hält er den Hirtenstab, hier in der vorliegenden Malerei auf einer leichten Anhöhe stehend, so dass die Schafe zu ihm aufblicken, umgeben von Symbolen der vier Jahreszeiten.

Wir hatten vor einigen Jahren Gelegenheit, unter Führung eines leitenden Archäologen der vatikanischen Pontificia Commissione di Archeologia Sacra die Domitilla-Katakomben, und zwar auch deren jedenfalls damals nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Abschnitte zu besichtigen. Im Schein heller Batterieleuchten sahen wir die immer noch recht gut erhaltenen, jedoch äusserst empfindlichen Wand- und Deckenmalereien aus der Zeit um etwa 25o. Es war ein Anblick, den wir niemals vergessen werden.

Unter den über 60 antiken Katakomben-Systemen in Rom sind die Domitilla-Katakomben, südlich des Stadtzentrums an der alten Via Ardeatina gelegen, mit ihren über 15 Kilometer langen unterirdischen Galeriegängen die grössten ihrer Art. Über 80 zum Teil noch recht gut erhaltene Wand- und Deckenfresken aus heidnischer wie aus frühchristlicher Zeit stellen einen einzigartigen Kunstschatz dar. Im 4. Jahrhundert wurde in dem Tuffstein der Domitilla-Katakomben unter dem Pontifikat des Damasus durch den Umbau einer älteren Kirche die Basilika Santi Nereo e Achilleo errichtet (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Kirche nahe den Caracalla-Thermen), die heute den Ausgangspunkt eines Gangs durch die „Unterwelt“ bildet. Ihre Säulen und Kapitelle stammen, wie in manchen Kirchen Roms, aus heidnisch-römischen Tempelanlagen. Vermutlich bei einem Erdbeben im Jahr 897 stürzte die Decke der Basilika ein. Die im Zuge der Ausgrabungen erfolgte Rekonstruktion vermittelt einen lebendigen Eindruck dieser frühchristlichen Anlage. Rund 75.000 Menschen haben allein in diesen Katakomben ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Bis ins 8. Jahrhundert hinein besuchten Pilger die Katakomben, bis sie anschliessend in Vergessenheit gerieten. Erst im 16. Jahrhundert begann ihre archäologische und geschichtliche Erschliessung, die bis heute andauert.

Wir zwängten uns damals, oft gebückt, durch die mitunter nur wenig mehr als einen halben Meter an Breite messenden, nur mit dem Schein einiger mitgeführter Taschenlampen beleuchteten Galerien, der schlafwandlerisch anmutenden Ortskenntnis unseres unter pontifikalem Schutz handelnden Führers vertrauend. Und dachten mit „weichen Knien“ und Anflügen von Klaustrophobie und Panik an das Erdbeben des Jahres 897 und all die darauf folgenden. Der „Lohn der Angst“ indes war überwältigend.



FeuilletonFrankfurt wünscht allen Leserinnen und Lesern ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest!

Comments are closed.