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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für März, 2010

„Teufelswerk Tango“ – Hommage an Astor Piazzolla

2010, März 31.

„Teufelswerk Tango“ – Hommage an Astor Piazzolla

Das Ensemble „Mi Loco Tango“ –
die Frankfurter Erben

von Renate Feyerbacher

„Immer nur Tango, Tango“, so hat Astor Piazzolla (1921 bis 1992) gestöhnt. Sein Vater hörte diese Musik immer wieder im wirtschaftlichen Exil – das war in New York Mitte der zwanziger Jahre. Der Vater hatte Heimweh nach Argentinien. Der junge Astor mochte den Tango nicht, viel lieber den Jazz und die Musik von Johann Sebastian Bach. Aber er lernte dem Vater zuliebe Bandoneon spielen. Dieses um 1846 erstmals gebaute Harmonikainstrument mit bis zu 200 Tönen wurde um 1900 zum Soloinstrument bei den klassischen Tangoensembles Argentiniens. Als der junge Piazzolla 18 Jahre alt war, kehrte die Familie nach Buenos Aires zurück. Da hörte er zum ersten Mal eine neuartige Tangomusik. Dieses Ereignis wurde zu einem Schlüsselerlebnis. Damals hatte der Tango allerdings keinen guten Ruf. Es war die Musik der einfachen Leute, die Upper Class mied sie. Tango wurde in Kaschemmen, Kneipen und Bordellen gespielt. Das tat auch Astor Piazzolla.

Dann lernte er den Komponisten klassischer Musik Alberto Ginastera (1916 bis 1983) kennen und studierte ab1940 bei ihm. Er orientierte sich neu. 1954 bekam er ein Stipendium in Paris und lernte bei der Komponistin, Dirigentin und Musikpädagogin Nadia Boulanger (1887 bis 1979), zu deren Schülerkreis Aaron Copland, Philip Glass oder Igor Markevitch gehörten. Piazzolla schämte sich, ihr zu sagen, dass er Tango – und vor allem wo er ihn – gespielt hatte. Beim Durchblättern von Piazzollas ersten Kompositionen findet Nadia Boulanger zwar Einflüsse grosser moderner Komponisten, aber keine eigene Handschrift. Er spielt schliesslich einen Tango und die Lehrmeisterin schnauzt ihn an: „Du Idiot! Merkst Du nicht, dass dies der echte Piazzolla ist, nicht jener andere? … Dein Tango ist die neue Musik und sie ist ehrlich“ (zitiert nach Eckhard Weber: „Astor Piazzolla – der Schöpfer des Tango Nuevo“).

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Das Ensemble „Mi Loco Tango“; Foto: Markus Herrmann Weiterlesen

FRANKFURT BAUT DAS NEUE STÄDEL – PACKEN WIR ALLE MIT AN!

2010, März 31.

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Ja, da packen wir gerne mit an!

Liebe Leserinnen und Leser dieses Magazins, packen auch Sie mit an: mit einer Spende für unser neues Städel.

Informieren Sie sich im Städel-Blog „Frankfurt baut das neue Städel“ über den aktuellen Stand dieses einzigartigen Vorhabens und auch darüber, wie Sie mit einer Spende Ihren persönlichen Beitrag dazu leisten können.

FRANKFURT BAUT DAS NEUE STÄDEL.
BAUEN SIE MIT!


„Das Wesen im Ding“ im Frankfurter Kunstverein (2): Florian Haas

2010, März 28.

„Das Wesen im Ding“ – Wer oder was erwartet uns dieses Mal im Frankfurter Kunstverein?

Merkwürdige Gesellen haben sich dort eingefunden, soviel sei schon zu Beginn verraten, als da wären Rübling und  Schwindling, Porling und Saftling, Becherling, Ritterling und Täubling und sogar der legendäre Hallimasch.

Und was für Beinamen tragen diese Gesellen! „Am Ast gehen“, „Ganz alleine“, „Ein Herz und eine Seele“, „Erzieherin“ und „Alleinerzieherin“, „Carmen“ und „Lourdes“,  „Langes Gespräch“ und „Husten“, „Gouvernante“ und „Schneewittchen“, „Drei Kameraden“ …

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Florian Haas vor 66 Pilzbildern, 2002 bis 2009, jeweils Öl auf Hartfaser, 17,5 x 25 cm, Courtesy Künstler und Galerie Heike Strelow Weiterlesen

Ölbaum

2010, März 23.

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Oliven von wilden Ölbäumen sammelten die frühen Menschen schon vor rund 9000 Jahren. Nachweislich kultiviert wurde die Olive  etwa um 4000 v. Chr. auf Kreta und in Syrien. Ölbäume können weit über 1000 Jahre alt werden. Öl, Wein und Getreide stehen in den alten Kulturen und in den Religionen für Nahrung und Leben. Der Salbung mit Öl kommt im Alten Testament ein besonderer symbolisch-sakraler Charakter zu. Weiterlesen

Renate Sautermeister: All die Jahre

2010, März 21.

Renate Sautermeister: All die Jahre. Malerei – Zeichnungen – Radierungen

Von Brigitta Amalia Gonser
Kunstwissenschaftlerin

Renate Sautermeister, die renommierte Künstlerin, ist 1937 in Hamburg geboren und in Freiburg im Breisgau aufgewachsen. Seit 1972 lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie in der heissen Phase der Bauspekulationen und der Hausbesetzungen, in einer Zeit des generellen Zweifels an gesellschaftlichen Normen, einer Zeit des Abrisses und des Aufbruchs, ab Mitte der 1970er Jahre politische Position für die immer bedeutsamer werdende Frauenbewegung ergreift.

Im Künstlerischen und Stilistischen machen die von ihr bis Mitte der 1980er Jahre verfolgten surrealistischen Gestaltungsprinzipien unmittelbar Erlebtes in ihrer Malerei offenbar – so entstehen ihre Tatorte apokalyptischen Endzeitgeschehens, ihre melancholischen Vanitasbilder.

Weltanschaulich und ästhetisch besteht eine Affinität der Künstlerin zu der Malerei von Pablo Picasso, Francis Bacon und Emil Schumacher, sowie zu der Literatur von Samuel Beckett, Franz Kafka, Bertolt Brecht und der Philosophie des rumänischen Existenzialisten Emil Cioran.

Dennoch ist es nicht diese figurative Phase, die Karin Beuslein für die Ausstellung „All die Jahre“ in der Frankfurter Galerie Das Bilderhaus ausgewählt hat, sondern es ist ein kleiner, feiner Überblick über die Zeugnisse des kontinuierlich über die Jahre gewachsenen, abstrakten Schaffens Renate Sautermeisters.

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Radierung IX, 1995, 50 x 40 cm Weiterlesen

Rilke-Couplet 2: Eingang

2010, März 19.

Eingang

Wer du auch seist:
am Abend tritt hinaus
aus deiner Stube, drin du alles weißt;
als letztes vor der Ferne liegt dein Haus
wer du auch seist.
Mit deinen Augen, welche müde kaum
von der verbrauchten Schwelle sich befrein,
hebst du ganz langsam einen schwarzen Baum
und stellst ihn vor den Himmel: schlank, allein.
Und hast die Welt gemacht. Und sie ist groß
und wie ein Wort, das noch im Schweigen reift.
Und wie dein Wille ihren Sinn begreift,
lassen sie deine Augen zärtlich los …

Rainer Maria Rilke

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(Bildnachweis: Peter Schmenger /Dokape; wikimedia commons GFDL)

Rilke-Couplet 1: Torso

2010, März 18.

Archaischer Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,
darin die Augenäpfel reiften. Aber
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz
unter der Schultern durchsichtigem Sturz
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.

Rainer Maria Rilke

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Apollonios von Athen: Torso vom Belvedere (Torso des Herakles), 1. Jhd. v. Chr., Vatikanische Museen (Foto: F. Bucher, wikimedia commons GFDL)

„Das Wesen im Ding“ im Frankfurter Kunstverein (1): Nina Canell

2010, März 17.

Dunkel ist es in diesem Raum des Frankfurter Kunstvereins. Aber es ist nicht die Faust’sche Hexenküche, und es geht auch nicht ganz so knallend und zischend zu wie im Giessener Liebig-Museum, wenn der legendäre Professor Wolfgang Laqua dort vor staunendem Publikum seine chemischen Experimente zum Besten gibt. Aber es begegnet uns schon etwas Geheimnisvolles, es faucht und blubbert leise schäumend aus der Schüssel, und klackernde Töne, wie wir sie von einem Geigerzähler her kennen, verbreiten sich im Raum.

„Das Wesen im Ding“ ist die neue Ausstellung im Frankfurter Kunstverein betitelt. Sieben künstlerische Postionen werden dazu präsentiert. Es geht darum, wie Künstler die Natur- und Dingwelt durch deren Repräsentation und Imitation ergründen, um tiefere Erkenntnisse über das Wesen der Welt zu gewinnen. „Die Repräsentation der für wirklich gehaltenen Welt“, so der Frankfurter Kunstverein, „ist kaum noch ohne eine Reflexion der damit verbundenen Parameter möglich. Mit den unterschiedlichsten künstlerischen Strategien wie Serialität, Fragmentierung, Skalierung oder Auflösung entstehen nunmehr Abbildungen der Natur- und Dingwelt, die ihren Wirklichkeitsbezug in Frage stellen“.

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Jahr der Stille 2010: März

2010, März 15.

Der Winter

Wenn bleicher Schnee verschönert die Gefilde,
Und hoher Glanz auf weiter Ebne blinkt,
So reizt der Sommer fern, und milde
Naht sich der Frühling oft, indes die Stunde sinkt,

Die prächtige Erscheinung ist, die Luft ist feiner,
Der Wald ist hell, es geht der Menschen keiner
Auf Straßen, die zu sehr entlegen sind, die Stille machet
Erhabenheit, wie dennoch alles lachet.

Der Frühling scheint nicht mit der Blüten Schimmer
Dem Menschen so gefallend, aber Sterne
Sind an dem Himmel hell, man siehet gerne
Den Himmel fern, der ändert fast sich nimmer.

Die Ströme sind, wie Ebnen, die Gebilde
Sind, auch zerstreut, erscheinender, die Milde
Des Lebens dauert fort, der Städte Breite
Erscheint besonders gut auf ungemeßner Weite.

Friedrich Hölderlin (1770 bis 1843)

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Hölderlin-Grabstätte auf dem Tübinger Stadtfriedhof (Bildnachweis: Goesseln / wikimedia commons cc) Weiterlesen

Carlo Pizzichini „Bilder und Keramiken“ in der Frankfurter Westend Galerie

2010, März 13.

Von Erhard Metz

Kunstliebhaber in Frankfurt am Main kennen ihn bereits – als Freunde der Frankfurter Westend Galerie sowieso – den vielseitigen Künstler Carlo Pizzichini. Im Jahre 2005 stellte die Galerie im Haus der Deutsch-Italienischen Vereinigung in der Arndtstrasse Pizzichinis Arbeiten erstmals aus, übrigens als seinerzeit erste Einzelausstellung in Deutschland überhaupt.

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Macrocosmo, 2010, Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 100 cm

Damals liess sich der Maler gleichsam von der Farbe führen, von einem „Aufstand der Farben“ sprach er. Die derzeitige Ausstellung zeigt, wie sich der Künstler inzwischen weiterentwickelt hat. Weiterlesen