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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Artists in Residence 2009: Ausstellung im ATELIERFRANKFURT

Seit 19 Jahren bereits bietet die Stadt Frankfurt am Main im Rahmen ihres Programms „Artists in Residence“ Künstlerinnen und Künstlern aus den internationalen Partnerstädten Aufenthalte in ihren Gastateliers an, allein zehn an der Zahl in 2009. Zum dritten Mal nun werden deren Arbeiten in einer Jahresausstellung dem Publikum vorgestellt,   aktuell wieder im ATELIERFRANKFURT. Diese sehenswerte Ausstellung läuft noch bis zum 21. Januar 2010. Zwei künstlerische Positionen haben wir ausgewählt.

Màrta Czene hielt sich im Mai und Juni 2009 als Gastkünstlerin in Frankfurt am Main auf. Wir bilden exemplarisch zwei ihrer Gemälde ab, die sie in Aclyl und Öl auf Spanplatte ausführte. Die Künstlerin arbeitet hier in einem fast schon hyperrealistisch zu nennenden Stil und in altmeisterlich anmutender Maltechnik. Als Betrachter ist man geneigt, nahe vor diese Arbeiten zu treten, um sich zu vergewissern, dass es sich um Malerei handelt. Eine Malerei, die die fotografische Technik und das fotografische Abbild konterkariert. Schien einst die Fotografie die Malkunst überflüssig zu machen, so verhält es sich bei Màrta Czene umgekehrt – mit was für einem maltechnischen „Aufwand“!

„Ich versuche“, schreibt Màrta Czene, „den Eindruck einer Erzählung zu vermitteln, indem ich statische, voneinander unabhängige und isolierte Bilder auf den Bildgrund setze, eins neben das andere, ohne mich damit auf ein bestimmtes Ereignis zu beziehen. Die Idee dazu entstand beim Filmemachen. Ich stellte fest, dass selbst kleine Änderungen des Blickwinkels eine neue Aussage oder story evozieren können. Ich möchte so malen, dass das Bild wie ein Schnappschuss wirkt, den man aufnimmt, wenn man ein Zimmer betritt. Die Basis dieser malerischen Erzählungen sind zum Teil persönliche Geschichten, aber ich möchte nicht, dass die Betrachter herauszufinden versuchen, was daran meine Geschichte ist, sondern ich möchte, dass sie ihre eigenen Geschichten zu den Bildern erfinden“.

Die 1982 in Budapest geborene Künstlerin besuchte zunächst die Secondary School of Fine and Applied Arts, Budapest. Von 2001 bis 2007 studierte sie an der Hungarian Academy of Fine Arts, Painting Department und (2004 bis 2008) Intermedia Department. Im Rahmen des Erasmus scholarship besuchte sie ausserdem die renommierte Mailänder Accademia di Belle Arti di Brera. Über Budapest hinaus stellte sie unter anderem in Kaposvár sowie in Zürich aus.

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Elisabeth Grübl wurde 1961 in Tamsweg / Salzburg geboren. Sie studierte von 1990 bis 1996 an der Akademie der Bildenden Künste, Wien, und von 1998 bis 1999 an der Akademie der Bildenden Künste, Helsinki, 1994 zusätzlich an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Der Schwerpunkt ihrer Arbeiten liegt auf Fotografie und Installationen sowie auf Video-, Laser- und Soundkunst. Sie stellte unter anderem in Innsbruck und Wien sowie in Nanjing, China aus.

Im März und April 2009 war sie Gastkünstlerin in Frankfurt, wo sie sich weiter ihrem Projekt „Atelier #“ widmete: In entsprechend ausgewählten Künstlerateliers packt sie sämtliche vorgefundenen Gegenstände, also das gesamte Inventar samt Werken und künstlerischem Handwerkszeug, zu sauber errichteten Stapeln zusammen. Die auf diese Weise neu geschaffenen räumlichen Situationen hält sie in grossformatigen Lambda-Fotografien fest. Ihre „Opfer“ während ihres Frankfurter Aufenthalts waren die Ateliers von Birgit Brinkmann (Hanauer Landstrasse) und Thomas Roth (Ostparkstrasse). Ferner räumte sie in den beiden Gastateliers (neben ihrem eigenen in demjenigen von Kim Lux) entsprechend auf. Dass die betreffenden Künstlerinnen und Künstler mit Elisabeth Grübl kooperierten, versteht sich von selbst.

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Wir erachten gerade dieses künstlerische Projekt als ausserordentlich interessant und intelligent. Was für eine Reflexion des Künstlers über sich und seine Kunst! Und es eröffnet zugleich im Betrachter der Arbeiten ungeahnte, überraschende Prozesse. Wie leben denn wir in unseren „vier Wänden“, mit was umgeben wir uns, was brauchen wir, auf was könnten, sollten wir verzichten? Welche Chancen und Möglichkeiten könnten uns „geräumte Räumlichkeiten“ eröffnen? Sollten wir uns doch einmal näher mit Feng Shui befassen, der Lehre von der Harmonisierung des Menschen mit seiner – auch gerade häuslichen – Umgebung?

Doch können wir uns diesen Hinweis nicht versagen: Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, Bedarf  nach einer Neuordnung Ihrer Büro- oder Wohnverhältnisse verspüren, so wenden Sie sich am besten vertrauensvoll an die Künstlerin (vorherige Rücksprache mit Ihrem Arbeitgeber wäre in ersterem Falle sicherlich empfehlenswert, in letzterem, so könnten wir uns durchaus vorstellen, mit Ihrem Lebenspartner).

(Abgebildete Werke © Màrta Czene bzw. Elisabeth Grübl; Fotos: FeuilletonFrankfurt)

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