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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Das Traumpaar des Jahres 2009

Wo finden Sie das wirkliche Traumpaar des Jahres 2009?

In der Bild-Zeitung? Glauben Sie das im Ernst, liebe Leserinnen und Leser? Na dann im Fernsehen, möglichst im kommerziellen. Ist auch das etwa Ihr Ernst? Kann ja wohl nicht sein.

Also kommen Sie nach Frankfurt am Main. In das Städel Museum. In die Botticelli-Ausstellung. Dort finden Sie es, das Traumpaar 2009. Trägt es nicht die schönsten denkbaren Namen, schöner vielleicht noch als Romeo und Julia:

Simonetta und Giuliano !

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Sandro Botticelli (1444/45 bis 1510), Weibliches Idealbildnis (Bildnis der Simonetta Vespucci als Nymphe), Pappelholz, 81,8 x 54 cm; Frankfurt, Städel Museum, Foto: Ursula Edelmann – Artothek

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Sandro Botticelli (1444/45 bis 1510), Bildnis des Giuliano de‘ Medici, Pappel- oder Lindenholz, 75,5 x 52,5 cm; Washington, National Gallery of Art, Samuel H. Kress Collection, Foto: Lyle Peterzell

Miteinander verheiratet waren die beiden nicht. Die Städel-Forschung gibt sich zurückhaltend und weist Simonetta Vespucci lediglich als „Königin der Schönheit“ und als eine von zwei Turnierdamen von Giuliano de‘ Medici aus. Wir dürfen etwas mutiger sein und anderen Deutungen Gehör verschaffen:

1453 geboren, verstarb Simonetta bereits 1476 im Alter von nur 23 Jahren an Tuberkulose. Sie galt als die schönste Frau von Florenz und war daher begehrtes Vorbild mancher Maler, allen voran von Sandro Botticelli, einem der Meister der italienischen Frührenaissance.

Simonettas kurzes Leben war alles andere als harmonisch: Im Alter von 16 Jahren wurde sie mit Marco Vespucci (einem Cousin des Seefahrers und Entdeckers Amerigo Vespucci) verheiratet. Die unglückliche Ehe misslang – schon früh fand sie, wie es heisst, Zugang zu den Kreisen um die reiche und mächtige Familie der Medici. Giuliano I. de‘ Medici, der Bruder des berühmten Lorenzo “Il Magnifico”, erlag, was niemanden verwundern kann, ihrer Schönheit: Simonetta soll, wie (von allerlei Lebenserfahrungen nicht Fernstehenden) überliefert, seine Geliebte geworden sein.

Simonetta verstarb am 26. April 1476; sie ist in der Familienkapelle der Vespucci in der Kirche Ognissanti in Florenz beigesetzt. Auch Giuliano dem I. war kein glückliches Leben beschieden: Er wurde auf den Tag zwei Jahre nach Simonettas Tod, am 26. April 1478, im Alter von 25 Jahren während der Ostermesse im Dom Santa Maria del Fiore im Zuge einer politischen Revolte der mit den Medici verfeindeten Familie Pazzi ermordet.

Was für eine überwältigende Geschichte! Ob sie historisch belegt ist oder nicht: Ist sie nicht so traurig-schön, dass sie es verdient hätte, wahr zu sein?

Sie werden das Paar vermutlich nie wieder beisammen sehen: Simonetta residiert zwar im Frankfurter Städel Museum, aber Giuliano kam eigens, wohl zum ersten und zugleich letzten Mal, aus dem fernen Washington nach Frankfurt am Main angereist.

→  Botticelli-Weihnacht im Städel Museum (1)
→  Rätsel um eine schöne Frau: Simonetta Vespucci

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