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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Finanzkrise – einfach erklärt

Ein neuer Internet-Wurm krabbelt in verschiedenen Versionen über die Bildschirme:

FINANZKRISE EINFACH ERKLÄRT:

Heidi besitzt eine Bar in der Innenstadt. Um den Umsatz zu steigern beschliesst sie, die Getränke der treuen Kundschaft – sämtlich Alkoholiker  – anzuschreiben, ihnen also Kredit zu gewähren.

Das spricht sich herum und dadurch drängen sich immer mehr Kunden in Heidis Bar.

Da die Kunden sich um die Bezahlung vorerst keine Sorgen machen müssen, erhöht Heidi die Preise für Wein und Bier, die meistkonsumierten Getränke, und steigert damit massiv ihren Umsatz.

Der junge und dynamische Kundenberater der lokalen Bank sieht in diesen Kundenschulden wertvolle künftige Guthaben; er erhöht Heidis Kreditlinie.

Er macht sich keine Sorgen, denn er hat ja die Schulden der Alkoholiker als Deckung.

Am Sitz der Bank transformieren top-ausgewiesene Banker diese Kundenguthaben in SUFFBONDs, ALKOBONDs und KOTZBONDs. Diese Papiere werden dann weltweit gehandelt.

Niemand versteht zwar, was die Abkürzungen bedeuten und wie die Papiere garantiert werden. Da die Kurse aber steigen, werden die Papiere ein Renner.

Eines Tages – und obwohl die Kurse immer noch steigen –  stellt ein Risk Manager (inzwischen selbstverständlich entlassen – Begründung: er war zu negativ) der Bank fest, dass man die Schulden der Alkoholiker von Heidis Bar langsam einfordern sollte.

Die können aber nicht zahlen.

Heidi kann ihren Kreditverpflichtungen nicht nachkommen und macht Konkurs.

SUFFBOND und ALKOBOND verlieren 95 %, KOTZBOND hält sich besser und stabilisiert sich nach einem Verlust von 80 %.

Die Lieferanten hatten Heidis Bar längere Zahlungsfristen gewährt und zudem selbst in die Papiere investiert: der Weinlieferant geht Konkurs, der Bierlieferant wird von einem Konkurrenten übernommen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden entlassen.

Die Bank-Manager haben ihre üppigen Boni-Zahlungen auf den Kaimaninseln längst in Sicherheit gebracht.

Die Bank wird durch die Regierung Merkel/Steinmeier in einer dramatischen, tage- und nächtelang andauernden Aktion gerettet.

Die hierfür notwendigen Milliarden-Summen werden in einer Umlage von allen Nichtalkoholikern eingezogen.

Ist doch ganz einfach, nicht wahr?

4 Kommentare zu “Finanzkrise – einfach erklärt”

  1. Udo
    21. Januar 2009 08:20
    1

    Hervorragend!
    —————

    Siehe auch:

    „Fast wie im richtigen Leben“

    Eine Glosse von Aki Schindler

    Eine Bande von versierten Bankräubern überfällt die größte Bank Deutschlands und raubt sie komplett aus.

    Anschließend melden sich die Bankräuber bei der Polizei und bieten an, mit ihrem Expertenwissen eine Kommission zu gründen, deren Ziel es ist, den Schaden wieder zu begleichen, sprich das Geld wieder aufzutreiben, indem alle Bürger im 10 km Umkreis der Bank mit einer einmaligen Zahlung von 1000 Euro belastet werden.

    Diese Kommission der Bankräuber wird von der Polizei zur Rettung der Bank dankbar eingesetzt. Auf Grund der angespannten Finanzsituation der Bank wird das Beraterhonorar eines jeden Bankräubers auf maximal 100.000 Euro begrenzt. Die Bankräuber erklären sich darüber hinaus auch bereit, Vorschläge zur Verhinderung weiterer Banküberfälle zu erarbeiten. Allerdings soll hier mit Augenmaß vorgegangen werden.

    Polizei, Bank, Presse und Bevölkerung zeigen sich außerordentlich erleichtert. Die Kunden der Bank haben wieder Vertrauen gefasst, die Geschäfte können normal weitergehen.

    Deutschland im Herbst 2008

    Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3531

  2. Ursula Günther
    5. Februar 2009 22:12
    2

    Das übersteigt (auf Denglisch: toppt) sogar Wilhelm Buschs Erkenntnis, und ich stelle erschüttert fest: So bringt ein einzig Mädchen oft zehn Männer in Gefahr!!

  3. Erhard Metz
    5. Februar 2009 22:30
    3

    Liebe Ursula Günther, manchmal reicht es schon, wenn ein einzig Mädchen
    e i n e n Mann in Gefahr bringt!

  4. Ursula Günther
    7. Februar 2009 19:07
    4

    Wie könnte das zugehen, lieber Herr Metz? Ihre Bemerkung regt zwangsläufig meine Phantasie an und versucht, das Unausgesprochene zu ergänzen, es gelingt mir leider nicht. Nun ja, vielleicht könnte man zur Entlastung des unbekannten Mädchens anführen: aus dem Schlaf der Sicherheit gerissen zu werden, ist auch nichts Schlechtes.